OGH 6Ob90/15a

OGH6Ob90/15a31.8.2015

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.‑Prof. Dr. G. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. H***** S*****, vertreten durch Benedikt Wallner Rechtsanwalt GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei E***** AG, *****, vertreten durch Brandl & Talos Rechtsanwälte GmbH in Wien, und deren Nebenintervenientin C***** GmbH in Liqu., *****, vertreten durch Dr. Georg Eckert, Rechtsanwalt in Wien, wegen 110.968,38 EUR sA und Feststellung (Streitwert 1.000 EUR) über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 2. März 2015, GZ 34 R 159/14y‑21, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Der Kläger investierte im Jahr 2007 in Schiffsfonds, indem er eine Beitrittserklärung zur „Zweite Beteiligungsgesellschaft R***** KG“ unterfertigte; er erwarb dadurch über die T***** V***** GmbH eine Kommanditbeteiligung. Grund für seinen Investitionsentschluss war die im Vergleich zum Sparbuch (rund 3 %) deutlich höhere Rendite von 8 %, wobei er davon ausging, in den ersten Jahren fix 8 % aus Ausschüttungen zu erhalten. Die näheren Hintergründe interessierten den Kläger nicht, er sah das Geschäftsmodell und damit seine Einlage als unsinkbar an. Die prognostizierten Ausschüttungen laut dem dem Kläger vorliegenden Prospekt betrugen 8 % über acht Jahre, die nachfolgend bis 24 % steigen sollten; bei einer Auflösung im Jahr 2018 wurde ein prognostiziertes Gesamtergebnis von 178 % ausgewiesen. Dennoch erhielt der Kläger am 14. 7. 2008 für 2007 eine Ausschüttung in Höhe von 7 % seiner Kommanditeinlage, am 30. 6. 2009 für 2008 eine solche in Höhe von 3 %.

Die Vorinstanzen wiesen die seit 26. 6. 2013 gerichtsanhängige Klage wegen Verjährung ab.

Rechtliche Beurteilung

1. Für den Beginn der Verjährungsfrist ist entscheidend, zu welchem Zeitpunkt der Anleger erkannte, dass ‑ entgegen der Zusage ‑ die gewählte Anlageform nicht risikolos war. Ein nach Erkennen der Risikoträchtigkeit der gewählten Anlageform eingetretener weiterer Schaden ist als bloßer Folgeschaden zu qualifizieren, dessen Verjährung gleichfalls mit der Kenntnis vom Eintritt des Erstschadens beginnt. Die Verjährungszeit wird mit der positiven Kenntnis der Rechtsgutverletzung auch dann in Lauf gesetzt, wenn der geschädigte Anleger die Höhe seines Schadens noch nicht beziffern kann, ihm also noch nicht alle Schadensfolgen bekannt sind beziehungweise diese auch noch nicht zur Gänze eingetreten sind. Der drohenden Verjährung muss der geschädigte Anleger mit Feststellungsklage begegnen (stRsp, statt vieler 10 Ob 18/13i).

Wünschte der Anleger eine risikolose Veranlagung, so tritt der relevante Moment ein, wenn sich herausstellt, dass die erworbenen Papiere tatsächlich risikobehaftet sind, also die gewünschte Eigenschaft nicht erfüllt ist. Dieser Zeitpunkt ist unabhängig davon, ob nach einer Zukunftsprognose aus damaliger Sicht auf eine positivere Kursentwicklung zu hoffen war oder nicht, als maßgebender Termin für den Schadenseintritt anzusehen. Erhält der Anleger Kenntnis von Kursverlusten, so muss ihm zugleich auch klar sein, dass er sein Geld anstatt für ein von ihm gewünschtes risikoloses Wertpapier für ein Kursschwankungen unterworfenes Wertpapier ausgegeben hatte (7 Ob 18/13t).

In dem der Entscheidung 7 Ob 18/13t zugrunde liegenden Fall wurde der Anlegerin später mitgeteilt, dass mit einer Nettorendite von (bloß) 5 bis 5,5 % zu rechnen sei, welche deutlich unter der Rendite von 6,5 % lag, die sich aus den der Anlegerin vor der Veranlagung übermittelten Beispielsrechnungen ergeben hatte. Der Oberste Gerichtshof wies darauf hin, dass der Anlegerin jedenfalls durch diese spätere Mitteilung klar sein habe müssen, dass die zugesagten Eigenschaften des Anlageprodukts nicht zutreffen; er setzte den Beginn der Verjährungsfrist mit dieser Mitteilung fest.

2. Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung haben die Vorinstanzen im vorliegenden Verfahren in durchaus vertretbarer Weise die Verjährung der Ansprüche des Klägers angenommen. Dem Kläger musste spätestens Ende Juni 2009 klar sein, dass die von ihm erworbene Beteiligung die ihm dargelegten und von ihm als fix angesehenen Ausschüttungen nicht erbringen konnte (Erläuterungen zur Ausschüttung vom 12. 6. 2009, Beilage ./14; tatsächlich bezogene Ausschüttung in Höhe von lediglich 3 %). Dass es sich dabei „lediglich“ ‑ wie der Kläger meint ‑ um Prognoserechnungen gehandelt habe, vermag daran nichts zu ändern; in dem der Entscheidung 7 Ob 18/13t zugrunde liegenden Fall waren der Anlegerin überhaupt nur Beispielsrechnungen vorgelegt worden. Damit kommt es aber auf die in Beilage ./14 enthaltenen und ‑ wie der Kläger meint ‑ positiven Zukunftsprognosen ebenfalls nicht an (7 Ob 18/13t).

Im Ergebnis sind die Vorinstanzen in vertretbarer Weise davon ausgegangen, dass die erforderliche Kenntnis des Klägers vom eingetretenen Primärschaden bereits 2009 vorlag und daher die erst im Juni 2013 eingebrachte Schadenersatzklage verfristet (§ 1489 ABGB) ist.

Stichworte