European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0120OS00103.15M.0827.000
Spruch:
Die Grundrechtsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe:
Mit Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengericht vom 13. Februar 2015, GZ 23 Hv 145/14a‑37, wurde Vera S***** des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 „zweiter“ Fall und Abs 2 Z 2 und 3 SMG (A./1./ bis 3./), der Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall und Abs 2 Z 2 SMG (B./) sowie der Vergehen der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs 1 SMG (C./) schuldig erkannt und zu einer zweijährigen Freiheitsstrafe verurteilt.
Danach hat sie von Anfang August 2014 bis 27. September 2014 in G***** sowie in I***** in einverständlichem Zusammenwirken mit den gesondert verfolgten Youssef K***** und Abderrazzak F***** und als Mitglied einer kriminellen Vereinigung (§ 278 StGB) vorschriftswidrig Suchtgift in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge, und zwar Cannabisharz mit einem Reinsubstanzgehalt von 13,6 % Delta‑9‑THC und Kokain mit einem Reinsubstanzgehalt von 15,2 % Kokain,
A./ am 8. (1./), 20. (2./) und 27. (3./) September 2014 in drei Angriffen jeweils 973,3 Gramm Cannabisharz (132,36 Gramm Delta‑9‑THC) und jeweils 23,6 Gramm Kokain (3,58 Gramm reines Kokain) von Italien nach Österreich eingeführt, wobei sie die Taten in Bezug auf eine das Fünfzehnfache der Grenzmenge übersteigenden Suchtgiftmenge (das 20,54‑fache der Grenzmenge) beging;
B./ einem anderen überlassen, nämlich die am 8. September 2014 eingeführte Suchtgiftmenge (A./1./) dem Youssef K*****;
C./ mit dem Vorsatz besessen und befördert, dass es in Verkehr gesetzt werde, und zwar die am 27. September 2014 eingeführte Suchtgiftmenge (A./3./).
Mit dem angefochtenen Beschluss setzte das Oberlandesgericht Innsbruck als Beschwerdegericht die am 28. September 2014 verhängte (ON 7) und durch den Vorsitzenden des Schöffengerichts zuletzt am 7. Juli 2015 (ON 56) fortgesetzte Untersuchungshaft aus dem Haftgrund der Tatbegehungsgefahr nach § 173 Abs 2 Z 3 lit a, b und c StPO fort.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen ergriffene Grundrechtsbeschwerde richtet sich gegen die Annahme des genannten Haftgrundes sowie (erkennbar) gegen die Verneinung der Substituierbarkeit der Haft gegen gelindere Mittel und der Voraussetzungen elektronisch überwachten Hausarrests. Sie schlägt fehl.
Die rechtliche Annahme der in § 173 Abs 2 StPO genannten Gefahr (Prognoseentscheidung) prüft der Oberste Gerichtshof im Rahmen des Grundrechtsbeschwerdeverfahrens darauf, ob sie sich angesichts der zugrunde gelegten bestimmten Tatsachen als unvertretbar („willkürlich“) darstellt (RIS‑Justiz RS0117806).
Derartiges zeigt die Beschwerdeführerin schon deshalb nicht auf, weil sie die Erwägungen des Oberlandesgerichts zum Vorliegen zweier einschlägiger Vorstrafen in Österreich und in der Schweiz sowie eines dringenden Tatverdachts betreffend dreier Suchtgiftschmuggelfahrten (BS 4) ignoriert und bloß neuerlich die Argumentation der Haftbeschwerde zum Vorliegen einer Therapieplatzzusage, der Aussicht auf Arbeit und Wohnung, zur Haftdauer sowie einer „haftbedingt erschwerten Bekämpfbarkeit ihrer Aburteilung“ hervorkehrt.
Der weiteren Beschwerde ist zunächst voranzustellen, dass in der (zum angefochtenen Beschluss führenden) Haftbeschwerde vom 13. Juli 2015 lediglich die Annahme der Tatbegehungsgefahr und die Abstandnahme von der Fortsetzung der Haft in einem ‑ mittels „Therapieweisung“ flankierten ‑ elektronisch überwachten Hausarrest nach § 173a StPO bekämpft wurde.
Soweit die (undifferenzierte) Grundrechtsbeschwerde auch dahin verstanden werden kann, dass sie die Nichtannahme gelinderer Mittel im Sinn des § 173 Abs 2 und 5 StPO kritisiert, scheitert sie demnach an der Zulässigkeitsvoraussetzung der Erschöpfung des Instanzenzugs (§ 1 Abs 1 GRBG; vgl RIS‑Justiz RS0114487).
Was den ‑ gerade kein gelinderes Mittel darstellenden ( Kirchbacher, WK-StPO § 173a Rz 1) ‑ elektronisch überwachten Hausarrest nach § 173a StPO betrifft, wird übersehen, dass es sich insoweit um eine besondere Form des Vollzugs der Untersuchungshaft, somit nicht um eine Alternative zu jener handelt. Demgemäß kann zwar eine Fortsetzung der Untersuchungshaft als
Hausarrest mit Grundrechtsbeschwerde beim Obersten Gerichtshof bekämpft werden, nicht jedoch die Ablehnung des Begehrens, die Untersuchungshaft in Form des
Hausarrests fortzusetzen. Hinsichtlich der Bedingungen des Vollzugs von Freiheitsentzug ist nämlich ein Grundrechtsschutz durch den Obersten Gerichtshof nicht vorgesehen (RIS‑Justiz RS0126401).
Die Grundrechtsbeschwerde war somit ohne Kostenzuspruch (§ 8 GRBG) zurückzuweisen.
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