OGH 11Os50/15k

OGH11Os50/15k11.8.2015

Der Oberste Gerichtshof hat am 11. August 2015 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner‑Foregger, Mag. Michel und Mag. Fürnkranz und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Zonsics als Schriftführer in der Strafsache gegen Dr. Bernd O***** und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1, Abs 2 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Genannten gegen das Urteil des Landesgerichts Eisenstadt als Schöffengericht vom 30. Juli 2014, GZ 8 Hv 7/13y‑104, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0110OS00050.15K.0811.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Gründe:

Soweit im Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde von Bedeutung wurde Dr. Bernd O***** mit dem angefochtenen Urteil des Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1, Abs 2 StGB (I) schuldig erkannt.

Danach hat er ab September 2005 in N***** Bestandteile seines Vermögens „verheimlicht“ sowie „beiseite geschafft“ und dadurch die Befriedigung seiner Gläubiger, nämlich der Renate O***** und der C***** AG *****, vereitelt, indem er die Höhe des aus dem Verkauf seines Anteils an einer Liegenschaft erzielten Erlöses von 1.345.000 Euro durch vorangehende zivilrechtliche Konstruktionen verschleierte und davon 400.000 Euro nicht zur Tilgung von Schulden verwendete (US 9 f), sondern „sukzessive ausgab“, wobei er durch die Tat einen 50.000 Euro übersteigenden Schaden herbeiführte.

Rechtliche Beurteilung

Ausdrücklich nur gegen diesen Schuldspruch wendet sich die aus § 281 Abs 1 Z 5, 9 lit a und 10 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.

Das Erstgericht ging davon aus, der durch das vom Schuldspruch erfasste Verhalten des Angeklagten verursachte Schaden habe (schon) aufgrund der Erfolglosigkeit von Versuchen der C***** AG *****, Forderungen entsprechender Höhe zwangsweise einzubringen, 50.000 Euro überstiegen (US 10, 15).

Entgegen dem Einwand, es gäbe dafür „überhaupt kein Beweisergebnis“ (Z 5 vierter Fall), konnte es diese Annahmen ‑ willkürfrei ‑ auf die Mitteilung des Rechtsvertreters der Genannten vom 19. Juli 2011 (US 15 oben) und auf die Einlassung des Angeklagten stützen, wonach der nicht zur Tilgung von Schulden, sondern überwiegend zur Aufwertung einer fremden Liegenschaft verwendete Teil des Verkaufserlöses rund 400.000 Euro betragen habe (US 14 f).

Ihre Feststellungen zur Willensausrichtung des Angeklagten hinwieder leiteten die Tatrichter ‑ ohne Verstoß gegen Gesetze der Logik oder grundlegende Erfahrungswerte (Z 5 vierter Fall) ‑ aus dem Inhalt dessen Korrespondenz mit Renate O***** sowie aus den äußeren Tatumständen ab (US 16 ff). Die (insoweit) leugnende Verantwortung des Angeklagten wurde dabei berücksichtigt (Z 5 zweiter Fall), jedoch als unglaubwürdig verworfen (US 13, 16 ff).

In welcher Hinsicht einzelne, im Rechtsmittel isoliert herausgegriffene Angaben seines Steuerberaters Kurt L***** diesen Konstatierungen aus welchem Grund erörterungsbedürftig (Z 5 zweiter Fall) entgegenstehen sollten, sagt der Beschwerdeführer nicht.

Ob er die zum Verkauf des Liegenschaftsanteils führende Vorgangsweise nur auf Anraten des Genannten wählte, welche Motive dem zugrunde lagen sowie, ob Renate O***** „in Kenntnis der Eigentumsverhältnisse“ war und (daher) schon in den Jahren vor deren Verkauf durch den Angeklagten „auf die Liegenschaft“ hätte „greifen“ können, ist weder entscheidend noch erheblich (zu den Begriffen Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 399, 409) und damit von vornherein kein Gegenstand der Mängelrüge.

Davon abgesehen stellt das hierzu erstattete Beschwerdevorbringen den tatrichterlichen Erwägungen ‑ überdies ohne an deren Gesamtheit Maß zu nehmen (siehe aber RIS‑Justiz RS0119370) ‑ bloß eigenständig entwickelte Auffassungen zur Intention des Angeklagten und zum angeblichen Fehlen eines durch den Verkauf bewirkten Schadens entgegen. Damit spricht sie keine der Anfechtungskategorien des herangezogenen (oder eines sonstigen) Nichtigkeitsgrundes an, sondern bekämpft bloß die Beweiswürdigung des Schöffengerichts nach Art einer ‑ im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen ‑ Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld.

Den ‑ insoweit hinreichend deutlichen (Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 19) ‑ Urteilsannahmen zufolge verkaufte der Angeklagte seinen Liegenschaftsanteil „offiziell“ (im September 2005) zum Preis von 802.843,30 Euro. Die Dispositionsbefugnis über diesen erhielt er sich jedoch durch einen mit dem Käufer (gesondert) geschlossenen Vertrag, aufgrund dessen er (im November 2007) den (Weiter‑)Verkauf dieses Anteils an einen Dritten zum Preis von 1.345.000 Euro veranlasste. Den dabei erzielten, infolge der getroffenen vertraglichen Vereinbarung ihm zukommenden Erlös ließ er auf ein Konto transferieren und verwendete den (nach Tilgung von auf dem Liegenschaftsanteil lastenden Schulden sowie der Nebenkosten verbliebenen) „Restbetrag“ von rund 400.000 Euro ‑ ohne damit eigene Verbindlichkeiten zu erfüllen und ohne dafür selbst ein wirtschaftliches Äquivalent zu erhalten ‑ großteils zur Finanzierung von Bauarbeiten auf einer fremden Liegenschaft (US 7 bis 10). Dadurch bewirkte er, dass Forderungen der C***** AG *****, die ab 29. August 2005, und der Renate O*****, die seit dem Jahr 2006 Exekutionen gegen den Angeklagten betrieb (US 15 bis 17), nicht berichtigt wurden (US 10).

Mit der ‑ diesem Feststellungssubstrat entgegengesetzten ‑ Behauptung, es habe weder eine Vermögensverringerung noch ein Befriedigungsausfall stattgefunden, verfehlt die Rechtsrüge (Z 9 lit a) den (im Urteilssachverhalt gelegenen) gesetzlichen Bezugspunkt materieller Nichtigkeit (Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 584, 593).

Weshalb es darüber hinaus der Feststellungen dazu bedurft haben soll, „welche exekutive[n] Maßnahmen“ die Genannten „überhaupt unternommen“ haben, welche „anderen Aktiva seinerzeit noch vorhanden“ waren, „mit welchem Betrag“ sie ‑ bei Unterbleiben des Verkaufs des betreffenden Liegenschaftsanteils ‑ im Fall ihres „exekutiven Zugriffs auf diese Wohnung“ „theoretisch hätten befriedigt werden können“ sowie, ob (just) im „März 2005“ „Forderungsinitiativen eines Gläubigers vorlagen“, macht sie nicht aus dem Gesetz abgeleitet klar (siehe aber RIS‑Justiz RS0116565).

Ob ein Gläubiger eine Forderungsinitiative ergriff und infolge eines (wirklich oder scheinbar) Vermögen verringernden Verhaltens des Angeklagten einen Befriedigungsausfall erlitt, ein Schaden also tatsächlich eintrat, ist im Übrigen bloß für die Abgrenzung zwischen dem Versuchs- und dem Vollendungsstadium (Kirchbacher in WK2 StGB § 156 Rz 19 f; RIS‑Justiz RS0122137 [T11]), demnach (erst) für die dem Subsumtionsvorgang nachgelagerte Strafbemessung bedeutsam (RIS‑Justiz RS0122138).

Die gegen die Qualifikation nach § 156 Abs 2 StGB gerichtete Subsumtionsrüge (Z 10) schließlich setzt sich ‑ abermals prozessordnungswidrig ‑ über die Feststellung eines (vom Willen des Angeklagten umfassten) 50.000 Euro übersteigenden Schadens (US 10, 15) hinweg.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen, woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Erledigung der Berufung folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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