European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0080NC00032.15W.0730.000
Spruch:
Der Ablehnungsantrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Die Klägerin begehrt im Verfahren zu 35 Cg 45/11y des Handelsgerichts Wien von der Beklagten (im Wesentlichen) Schadenersatz für die Folgen aus einer angeblichen anwaltlichen Fehlleistung. Gegen einen Beschluss des Erstgerichts vom 7. Jänner 2015 erhob die Klägerin Rekurs. Das Oberlandesgericht Wien unterbrach das Rekursverfahren mit Beschluss vom 18. Februar 2015 zu 4 R 12/15m bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Ablehnung des zuständigen Richters des Handelsgerichts Wien und bis zur Mitteilung des Pflegschaftsgerichts darüber, ob für die Klägerin ein (einstweiliger) Sachwalter bestellt oder sonst eine entsprechende Maßnahme getroffen wird.
Gegen diesen Beschluss richtet sich der Revisionsrekurs der Klägerin vom 22. 4. 2015, über den nach der Geschäftsverteilung des Obersten Gerichtshofs der 2. Senat zu entscheiden hat. In diesem Rechtsmittel erklärt die Klägerin, „präventiv“ den Senat 6 des Obersten Gerichtshofs, „konkret“ auch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. G*****, abzulehen. Zur Begründung verweist sie darauf, dass der Senat 6 ihren Revisionsrekurs gegen eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Wien als „jedenfalls unzulässig“ beurteilt habe, wodurch letztlich ein effektiver Menschenrechtsschutz verweigert worden sei.
Da der Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. G***** auch dem Senat 2 des Obersten Gerichtshofs angehört, wurde die gegen ihn gerichtete Ablehnung dem erkennenden Senat zur Entscheidung vorgelegt.
Rechtliche Beurteilung
Der Ablehnungsantrag ist unzulässig.
Gemäß Art 92 Abs 1 B-VG ist der Oberste Gerichtshof die oberste Instanz in Zivil- und Strafsachen. Er wird in Ausübung der Gerichtsbarkeit zufolge § 5 OGHG in Senaten tätig. Hat ein solcher Senat in einer bestimmten Rechtssache entschieden, so ist dessen Entscheidung, die eine solche des Obersten Gerichtshofs als der höchsten Instanz ist, im innerstaatlichen Instanzenzug nicht mehr überprüfbar, sondern sie klärt die Rechtslage im entschiedenen Einzelfall endgültig.
Daraus folgt zwingend, dass der Senat des Obersten Gerichtshofs, der nach dessen Geschäftsverteilung über Ablehnungsanträge gegen bestimmte seiner Mitglieder abzusprechen hat, nicht befugt ist, die Entscheidung eines Senats des Obersten Gerichtshofs als Voraussetzung der Bejahung oder Verneinung einer allfälligen Befangenheit inhaltlich nachzuprüfen. Andernfalls wäre derjenige Senat des Obersten Gerichtshofs, der über Ablehnungsanträge gegen bestimmte seiner Mitglieder zu erkennen hat, ein „Übersenat“, der Entscheidungen anderer Senate dieses Gerichtshofs nachprüfend zu beurteilen hätte. Für eine solche Funktion besteht jedoch keinerlei Rechtsgrundlage. Es ist daher unzulässig, dieses Nachprüfungsverbot unter Berufung auf das Ablehnungsrecht zu umgehen.
Stützt daher ein Ablehnungswerber ‑ wie hier ‑ seine Behauptung, Mitglieder des Obersten Gerichtshofs seien befangen, ausschließlich darauf, sie hätten als Mitglied eines Spruchkörpers des Obersten Gerichtshofs in einer anderen ihn betreffenden Rechtssache unrichtig entschieden, so ist ein solcher Ablehnungsantrag gemäß § 24 JN als unzulässig zurückzuweisen, ohne dass eine vorherige inhaltliche Äußerung der abgelehnten Richter zu solchen Ablehnungsgründen zulässig wäre, weil sich eine solche nur mit Erläuterungen zur gefällten Vorentscheidung befassen könnte. Solche Erläuterungen verbietet schon die Endgültigkeit der Urteile und Beschlüsse des Obersten Gerichtshofs. Wegen des erörterten Nachprüfungsverbots können derartige Erläuterungen bei der Entscheidung über einen Ablehnungsantrag auch gar nicht berücksichtigt werden (RIS-Justiz RS0111658).
Die Ablehnungswerberin begründet ihre Ablehnung allein damit, dass die von ihr erwähnte Vorentscheidung unrichtig gewesen sei. Andere Gründe werden nicht geltend gemacht.
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