OGH 13Os31/15f

OGH13Os31/15f30.6.2015

Der Oberste Gerichtshof hat am 30. Juni 2015 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig, Mag. Michel, Dr. Oberressl und Dr. Brenner in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Leisser als Schriftführerin in der Strafsache gegen Walter T***** wegen des Verbrechens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Wr. Neustadt als Schöffengericht vom 18. November 2014, GZ 38 Hv 34/13h‑37, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0130OS00031.15F.0630.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Walter T***** des Vergehens der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 und 2 erster Fall StGB (I) und des Verbrechens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB (II) schuldig erkannt.

Danach hat er in W*****

(I) vom 1. Juni 2009 bis zum 20. Juli 2011 als Geschäftsführer (und Alleingesellschafter) der K***** GmbH ein Gut, das ihm anvertraut worden war, sich oder einem Dritten mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz zugeeignet, indem er Einnahmen aus Vermietung in der Höhe von insgesamt rund 44.800 Euro nicht an die jeweiligen Vermieter abführte, und

(II) vom 29. Mai 2009 bis zum 13. Dezember 2009 als Geschäftsführer der K***** GmbH mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz Verfügungsberechtigte der R***** GmbH durch die Vorspiegelung seiner Zahlungswilligkeit sowie der Zahlungsfähigkeit der K***** GmbH zur Lieferung von Einrichtungsgegenständen im Wert von etwa 200.000 Euro verleitet, was die R***** GmbH mit diesem Betrag am Vermögen schädigte.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus Z 5, 5a, 9 (richtig) lit a, 9 lit b und 10a des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten geht fehl.

Bezugspunkt der Mängelrüge (Z 5) ist der Ausspruch des Schöffengerichts über entscheidende Tatsachen, also ‑ soweit hier von Interesse (Sanktionsfragen werden von der Beschwerde nicht angesprochen) ‑ über schuld‑ oder subsumtionsrelevante Tatumstände (RIS‑Justiz RS0106268). Hievon ausgehend nennt das Gesetz fünf Kategorien von Begründungsfehlern, die Nichtigkeit aus Z 5 nach sich ziehen:

Undeutlichkeit im Sinn der Z 5 erster Fall ist gegeben, wenn ‑ nach Beurteilung durch den Obersten Gerichtshof, also aus objektiver Sicht ‑ nicht für sämtliche unter dem Gesichtspunkt der Nichtigkeitsgründe relevanten Urteilsadressaten, also für den Beschwerdeführer und das Rechtsmittelgericht, unzweifelhaft erkennbar ist, ob eine entscheidende Tatsache in den Entscheidungsgründen festgestellt worden oder aus welchen Gründen die Feststellung entscheidender Tatsachen erfolgt ist (RIS‑Justiz RS0117995 [insbesondere T3 und T4]).

Unvollständig (Z 5 zweiter Fall) ist ein Urteil dann, wenn das Gericht bei der für die Feststellung entscheidender Tatsachen angestellten Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO) erhebliche, in der Hauptverhandlung vorgekommene (§ 258 Abs 1 StPO) Verfahrensergebnisse unberücksichtigt ließ (13 Os 138/03, SSt 2003/93; RIS‑Justiz RS0118316).

Widersprüchlich sind zwei Urteilsaussagen, wenn sie nach den Denkgesetzen oder der allgemeinen Lebenserfahrung nicht nebeneinander bestehen können (13 Os 113/14p). Im Sinn der Z 5 dritter Fall können die Feststellungen über entscheidende Tatsachen in den Entscheidungsgründen (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) und deren Referat im Erkenntnis (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO), die Feststellungen über entscheidende Tatsachen in den Urteilsgründen, die zu den getroffenen Feststellungen über entscheidende Tatsachen angestellten Erwägungen sowie die Feststellungen über entscheidende Tatsachen in den Urteilsgründen und die dazu angestellten Erwägungen zueinander in Widerspruch stehen (15 Os 51/04, SSt 2004/43; RIS‑Justiz RS0119089).

Offenbar unzureichend (Z 5 vierter Fall) ist eine Begründung, die den Gesetzen folgerichtigen Denkens oder grundlegenden Erfahrungssätzen widerspricht (14 Os 72/02, SSt 64/29; RIS‑Justiz RS0116732 und RS0118317).

Aktenwidrig im Sinn der Z 5 fünfter Fall ist ein Urteil, wenn es den eine entscheidende Tatsache betreffenden Inhalt einer Aussage oder Urkunde in seinen wesentlichen Teilen unrichtig oder unvollständig wiedergibt (11 Os 122/00, SSt 63/112; RIS‑Justiz RS0099431).

Wo das Gesetz auf einen Vergleich der angefochtenen Entscheidung mit Verfahrensergebnissen abstellt (Z 5 zweiter Fall und Z 5 fünfter Fall), ist überdies der entsprechende Aktenbezug herzustellen (RIS‑Justiz RS0124172).

An den dargestellten Kriterien prozessordnungskonformer Ausführung der Mängelrüge orientiert sich die Beschwerde nicht.

Indem die Tatsachenrüge (Z 5a) eine Verletzung der Verpflichtung zu amtswegiger Wahrheitsforschung (§ 2 Abs 2 StPO) einwendet, ohne darzulegen, weshalb der Beschwerdeführer an einer entsprechenden Antragstellung im Rahmen der Hauptverhandlung gehindert gewesen sein soll, verkennt sie die unter dem Aspekt der Sachverhaltsermittlung bestehende Subsidiarität des Nichtigkeitsgrundes der Z 5a gegenüber jenem der Z 4 des § 281 Abs 1 StPO (RIS‑Justiz RS0114036 und RS0115823).

Im Hinblick darauf, dass der insoweit von der Beschwerde vermisste Akt AZ 15 Hv 35/13b des Landesgerichts Klagenfurt den Verfahrensakten nach der Aktenlage im Zeitpunkt der Hauptverhandlung ohnedies angeschlossen war, kann das Vorbringen der Tatsachenrüge insgesamt nicht nachvollzogen werden.

Der Einwand der Rechtsrüge (Z 9 lit a), die Feststellungen zur subjektiven Tatseite würden den Schuldspruch wegen des Vergehens der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 und 2 erster Fall StGB (I) nicht tragen, argumentiert nicht auf der Basis des Urteilssachverhalts (US 4) und verfehlt solcherart den Bezugspunkt materieller Nichtigkeit (RIS‑Justiz RS0099810).

Entsprechendes gilt für das Vorbringen zum Schuldspruch wegen des Verbrechens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB (II), das sich in der Bestreitung der diesbezüglichen Konstatierungen zur subjektiven Tatseite (US 6) erschöpft.

Die weitere Rechtsrüge (Z 9 lit b) reklamiert hinsichtlich des Schuldspruchs I den Strafaufhebungsgrund der tätigen Reue (§ 167 StGB). Dieser kommt dem Täter gemäß § 167 Abs 2 StGB dann zustatten, wenn er, bevor die Behörde (§ 151 Abs 3 StGB) von seinem Verschulden erfahren hat, wenngleich auf Andringen des Verletzten, so doch ohne hiezu gezwungen zu sein, den ganzen aus seiner Tat entstandenen Schaden gutmacht oder sich vertraglich verpflichtet, dem Verletzten binnen einer bestimmten Zeit solche Schadensgutmachung zu leisten. Da sich die Beschwerde mit diesen gesetzlichen Voraussetzungen des angesprochenen Strafaufhebungsgrundes in keiner Weise auseinandersetzt, unterlässt sie die aus dem Blickwinkel des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes unerlässliche methodische Ableitung der angestrebten rechtlichen Konsequenz aus dem Gesetz (12 Os 52/02, SSt 64/31; RIS‑Justiz RS0116565 und RS0116569).

Die Diversionsrüge (Z 10a) lässt nicht erkennen, warum der Ausschlussgrund des § 198 Abs 2 Z 1 StPO hier nicht Platz greifen soll, und entzieht sich damit ebenfalls einer inhaltlichen Erwiderung.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war somit gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Berufung kommt daher dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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