OGH 13Os64/15h

OGH13Os64/15h30.6.2015

Der Oberste Gerichtshof hat am 30. Juni 2015 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig, Mag. Michel, Dr. Oberressl und Dr. Brenner in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Leisser als Schriftführerin in der Strafsache gegen Darko P***** wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 16. April 2015, GZ 83 Hv 25/15a‑30, sowie seine Beschwerde gegen den zugleich gefassten Beschluss auf Verlängerung einer Probezeit nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0130OS00064.15H.0630.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Darko P***** des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB (A), mehrerer Vergehen der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB (B) sowie des Vergehens der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel nach § 241e Abs 3 StGB (C) schuldig erkannt.

Danach hat er am 12. November 2014 in Wien

(A) Constanze S***** mit Gewalt und durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89 StGB) teils unter Verwendung einer Waffe fremde bewegliche Sachen mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz abgenötigt, indem er in ihre Wohnung eindrang und sie teils unter Vorhalten eines Küchenmessers und Versetzen eines Stoßes zur Herausgabe ihrer Barschaft, ihres Mobiltelefons und ihrer Geldtasche samt Inhalt aufforderte;

(B) durch die vom Schuldspruch A erfasste Tat den Führerschein, die E‑Card und den Studentenausweis der Genannten, sohin Urkunden, über die er nicht verfügen durfte, mit dem Vorsatz unterdrückt, zu verhindern, dass sie im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechts, eines Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache gebraucht werden;

(C) durch die vom Schuldspruch A erfasste Tat die Bankomatkarte der Genannten, somit ein unbares Zahlungsmittel, über das er nicht verfügen durfte, mit dem Vorsatz unterdrückt, dessen Verwendung im Rechtsverkehr zu verhindern.

Dagegen richtet sich die aus Z 4, 5 und 10 des § 281 Abs 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.

Durch die Abweisung seiner in der Hauptverhandlung gestellten Beweisanträge (ON 29 S 33) wurden ‑ der Verfahrensrüge (Z 4) zuwider ‑ Verteidigungs-rechte nicht geschmälert:

Der beantragten Einholung eines „forensisch-psychiatrischen Sachverständigen-Gutachtens zur Feststellung, dass bei Einnahme der vom Angeklagten angegebenen Suchtgiftart und -menge zum Tatzeitpunkt die Diskretions‑ und Dispositionsfähigkeit aufgehoben war“, fehlt es an Erheblichkeit (§ 55 Abs 2 Z 2 StPO). Diese hätte nämlich die Richtigkeit der ‑ vom Schöffensenat als unglaubhaft abgelehnten (US 9 f) ‑ diesbezüglichen Einlassung des Angeklagten in der Hauptverhandlung (ON 29 S 19) vorausgesetzt (RIS‑Justiz RS0099721; Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 342).

Auch der Antrag auf zeugenschaftliche Vernehmung dreier namentlich genannter Personen zum Beweis dafür, „dass der Angeklagte im Zeitraum Oktober, November, Dezember 2014 hohe Mengen an Suchtgift konsumierte und nahezu durchgehend diskretions‑ und dispositionsunfähig war“, verfiel zu Recht der Ablehnung. Denn er legte weder dar, warum die beantragte Beweisaufnahme das behauptete Ergebnis erwarten lasse (Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 330), noch, inwieweit der unter Beweis zu stellende Umstand („nahezu durchgehend [...]“) überhaupt in der Lage gewesen wäre, die zur Feststellung entscheidender Tatsachen anzustellende Beweiswürdigung maßgeblich zu beeinflussen (RIS‑Justiz RS0116987, RS0107445).

Das die Anträge ergänzende Beschwerdevorbringen ist prozessual verspätet und daher unbeachtlich (RIS‑Justiz RS0099618, RS0099117).

Entgegen dem Vorwurf der Mängelrüge (Z 5) blieb die Annahme, der Angeklagte habe sich zur Tatzeit „nicht in einem die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Rauschzustand“ befunden (US 5), keineswegs unbegründet (Z 5 vierter Fall). Die Tatrichter leiteten sie vielmehr ‑ frei von Verstößen gegen Gesetze der Logik oder grundlegende Erfahrungswerte ‑ aus seiner detaillierten, keine Beeinträchtigung durch Suchtmittel behauptenden Schilderung des Tatablaufs in der polizeilichen Vernehmung, der zielgerichteten, den Umständen angepassten Tatausführung sowie aus der Bekundung der Zeugin S***** ab, keine Anzeichen dafür wahrgenommen zu haben, dass er dabei unter dem Einfluss berauschender Substanzen gestanden sei (US 10).

Kein Widerspruch (Z 5 dritter Fall) besteht zwischen jener und der weiteren Feststellung, der (an Suchtgift gewöhnte) Beschwerdeführer habe im Laufe des 11. November 2014 „zehn Tabletten Praxiten à 50 mg“ eingenommen (US 5).

Die Verantwortung des Angeklagten hinwieder, darüber hinaus noch „zwei Gramm Heroin, zwei Gramm Gras“ und „ein Substi“ konsumiert zu haben, hat das Schöffengericht nicht übergangen (Z 5 zweiter Fall), sondern ausdrücklich als unglaubwürdig verworfen (US 9 f).

Die Subsumtionsrüge (Z 10) strebt die rechtliche Unterstellung des dem Angeklagten zur Last liegenden Verhaltens als Vergehen der Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung im Zustand voller Berauschung nach § 287 Abs 1 StGB an. Ihre Behauptung, trotz darauf hinweisender Einlassung des Rechtsmittelwerbers sei nicht durch Feststellungen geklärt, ob dieser „die Tat im Zustand voller Berauschung“ verübt habe, negiert nur die ‑ just gegenteilige ‑ Urteilskonstatierung (US 5). Damit gelangt der geltend gemachte (materielle) Nichtigkeitsgrund nicht zu prozessförmiger Darstellung (RIS‑Justiz RS0118580 [insbes T14]).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen, woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Erledigung der Berufung und der (implizit erhobenen) Beschwerde folgt (§§ 285i, 498 Abs 3 letzter Satz StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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