European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0120OS00054.15F.0611.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.
Zur Erledigung der Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Gertraud K***** und Franz K***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen ‑ auch rechtskräftige Freisprüche von einem Brandstiftungsvorwurf enthaltenden ‑ Urteil wurden Gertraud K***** und Franz K***** jeweils des Verbrechens des schweren Betrugs nach §§ 15 Abs 1, 146, 147 Abs 3 StGB schuldig erkannt.
Danach haben sie „ab 12. März 2013 und während der folgenden Monate“ in F***** und an anderen Orten im einverständlichen Zusammenwirken mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz Verfügungsberechtigte der N***** AG durch Täuschung über Tatsachen, indem sie nachts zum 13. März 2013 einen Brand in dem im Eigentum der Gertraud K***** stehenden Gasthaus „Ki*****“ legten, eine andere, vom Versicherungsschutz umfasste Brandursache vorgaben und 250.000 Euro an Versicherungsleistungen forderten, zu Handlungen zu verleiten versucht, die die N***** AG in einem 50.000 Euro übersteigenden Betrag am Vermögen schädigen hätte sollen.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen von den Angeklagten gemeinsam aus Z 5, 9 lit a und 11 des § 281 Abs 1 StPO ergriffenen Nichtigkeitsbeschwerden schlagen fehl.
Die Kritik der Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) an offenbar unzureichender Begründung der Konstatierungen zur Frage, auf welche Weise die Angeklagten den Brand im Gasthaus verursacht haben, bezieht sich nicht auf entscheidende Tatsachen.
Soweit die Beschwerde den dem Urteil zugrunde gelegten Ausführungen des Brandsachverständigen (wonach Diesel als Brandmittel ausscheide) die Tauglichkeit abspricht, damit die Einlassungen der Angeklagten, eine andere Person habe den Brand gelegt, zu widerlegen, bekämpft sie bloß die Beweiswürdigung des Schöffengerichts nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung.
Der Einwand eines Widerspruchs (Z 5 dritter Fall) zwischen den Urteilsannahmen, wonach das Mobiltelefon des Franz K***** schon wieder um 0:01 Uhr des Tattags in einem wenige Fahrminuten vom Tatort entfernten Sendebereich (in welchem der Angeklagte wohnte) eingeloggt war, während der Brand frühestens um 0:30 Uhr gelegt wurde (US 22), berücksichtigt nicht die Gesamtheit der Entscheidungsgründe (vgl RIS-Justiz RS0119370). Denn das Erstgericht bezog die letzterwähnte Zeitannahme auf das frühest mögliche Einsetzen eines Abbrandes der Möbel im großen Speisesaal des Gasthauses und ging davon aus, dass der Brand an anderer Stelle schon gegen Mitternacht gelegt worden sein konnte (US 22 f).
Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) geht mit der Behauptung fehlender Feststellungen zu einer Täuschungshandlung des Franz K***** an den genau dazu getroffenen Konstatierungen (US 6, 8, 24) vorbei, wonach sich dieser „aktiv in alle geführten Gespräche einbrachte, um das gemeinsame Anliegen, möglichst rasch eine Versicherungsleistung zu lukrieren, voranzutreiben“, und er dabei für Gertraud K***** auftrat, „als wäre er selbst leistungsberechtigt“ (US 8). Solcherart verfehlt die Beschwerde den im festgestellten Sachverhalt gelegenen Bezugspunkt materieller Nichtigkeit (RIS-Justiz RS0099724).
Bleibt der Vollständigkeit halber anzumerken, dass das Unterbleiben der gebotenen „Aufklärung über das Vorliegen einer anderen, vom Versicherungsschutz umfassten Brandursache“ Teil einer (nach dem Gesamtverhalten) durch aktives Tun bewirkten konkludenten Täuschung (vgl Kienapfel/Schmoller SB BT II § 146 Rz 52 ff, 85 f) ist. Betrug durch Unterlassen (§ 2 StGB) haben die Tatrichter demnach (zu Recht) gar nicht angenommen.
Der Sanktionsrüge (Z 11 zweiter Fall) zuwider bestimmt der in der Strafzumessung als negativ bewertete Umstand der „besonders rücksichtslosen, eine massive Gefahrenlage bewirkenden Handlungsweise“ nicht die Strafdrohung der §§ 146 ff StGB und verstößt daher nicht gegen das Doppelverwertungsverbot (§ 32 Abs 2 StGB).
Beim Argument, der erwähnte Erschwerungsgrund liege aufgrund des Freispruchs vom Brandstiftungsvorwurf nicht vor, handelt es sich um ein Berufungsvorbringen.
Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen (§ 285i StPO).
Dieses wird zu berücksichtigen haben, dass das Erstgericht bei der Sanktionsfindung die „völlige Uneinsichtigkeit der Angeklagten“ (US 28) zu Unrecht in Anschlag gebracht hat (Z 11 dritter Fall; vgl RIS-Justiz RS0090897).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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