OGH 9ObA40/15w

OGH9ObA40/15w28.5.2015

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Mag. Ziegelbauer und Dr. Hargassner sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Johanna Biereder und Horst Nurschinger als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei W***** W*****, vertreten durch Dr. Gerhard Hiebler & Dr. Gerd Grebenjak, Rechtsanwälte in Leoben, gegen die beklagte Partei R***** E*****, vertreten durch Dr. Martin Holzer, Rechtsanwalt in Bruck an der Mur, wegen 12.340,03 EUR brutto sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen vom 12. Februar 2015, GZ 6 Ra 1/15m‑21, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:009OBA00040.15W.0528.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Der auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anwendbare Kollektivvertrag für Arbeiter im Hotel- und Gastgewerbe (kurz: KV) erklärt Entgeltansprüche für Überstunden für verfallen, wenn sie nicht innerhalb von vier Monaten nach Durchführung der Lohnabrechnung über deren Leistung schriftlich geltend gemacht werden. In Saisonbetrieben, in denen die Überstunden nach der Saison durchgerechnet werden, tritt dieser Verfall erst vier Monate nach Ende des Durchrechnungszeitraums ein (Punkt 5. b. und c. KV).

2. Die ab 2005 jeweils in der Sommersaison beim Beklagten beschäftigte Klägerin bestreitet nicht (mehr), dass sie die von ihr in den Jahren 2011 und 2012 geleisteten Überstunden erstmals nach der Sommersaison 2013 geltend gemacht hat. Ihrem Standpunkt, das Überstundenentgelt sei dennoch nicht verfallen, widerspricht die vorstehend genannte Verfallsregelung. Punkt 5. b. KV stellt hinsichtlich des Verfalls der Entgeltansprüche für Überstunden ‑ der ständigen Rechtsprechung folgend ‑ auf das Vorliegen einer ordnungsgemäßen Lohnabrechnung ab („nach Durchführung der Lohnabrechnung über deren Leistung“). Damit wird der Zweck verfolgt, dass dem Arbeitnehmer durch die Ausfolgung einer Lohnabrechnung Klarheit darüber verschafft werden soll, welche Leistungen der Arbeitgeber berücksichtigt hat (9 ObA 111/06y; RIS‑Justiz RS0064548 ua). Kann der Arbeitnehmer der Abrechnung entnehmen, dass bestimmte Positionen (etwa Überstundenentgelte) nicht ausgewiesen sind, weiß er, welche Ansprüche zwischen ihm und dem Arbeitgeber strittig sind (8 ObA 34/07v ua). Die offenbare Auffassung der Klägerin, dass nur jene Entgeltansprüche für Überstunden dem Verfall unterlägen, die in der Lohnabrechnung des Arbeitgebers enthalten seien, verkehrt den Zweck der Verfallsregelung ins Gegenteil, soll doch durch die außergerichtliche schriftliche Geltendmachung eine Klarstellung der strittigen Positionen erreicht werden (vgl 8 ObA 34/07v). Den Kollektivvertragsparteien darf jedoch grundsätzlich unterstellt werden, dass sie eine vernünftige, zweckentsprechende und praktisch durchführbare Regelung treffen wollten (RIS‑Justiz RS0008828 ua).

3. Auf eine Hemmung der Verfallsfristen gemäß § 26 Abs 8 AZG beruft sich die Klägerin erstmals im Revisionsverfahren. Mit ihrer nunmehrigen Behauptung, wegen Fehlens von Arbeitsaufzeichnungen sei ihr die Feststellung der tatsächlich geleisteten Arbeitszeit unzumutbar gewesen, verstößt sie gegen das Neuerungsverbot des § 504 ZPO (vgl RIS‑Justiz RS0034647).

Mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO ist die außerordentliche Revision der Klägerin zurückzuweisen.

Stichworte