OGH 9ObA31/15x

OGH9ObA31/15x29.4.2015

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Ziegelbauer, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Dehn sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Josef Schleinzer und Mag. Regina Albrecht als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei W***** H*****, vertreten durch Freimüller/Obereder/Pilz Rechtsanwält_Innen GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei F***** AG, *****, vertreten durch Cerha Hempel Spiegelfeld Hlawati Partnerschaft von Rechtsanwälten in Wien, wegen Feststellung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen vom 22. Dezember 2014, GZ 8 Ra 121/14v‑19, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:009OBA00031.15X.0429.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Das Vorliegen der Voraussetzungen für eine gerechtfertigte vorzeitige Auflösung eines Dienstverhältnisses kann immer nur aufgrund der Umstände des Einzelfalls beurteilt werden (RIS‑Justiz RS0106298) und stellt daher regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO dar (RIS‑Justiz RS0106298 [T5]). Dies gilt insbesondere für die Frage, ob eine Dienstverweigerung von derart schwerwiegender Art ist, dass auf die Nachhaltigkeit der Willenshaltung des Dienstnehmers geschlossen werden kann (s RIS‑Justiz RS0029746 [T27], RS0105987 [T3]).

Im vorliegenden Fall verließ der Kläger nicht nur ohne Einwilligung seinen ihm zugewiesenen Arbeitsplatz, sondern widersetzte sich auch mehrfach den Anordnungen des Vorarbeiters, den Dienst dort wieder fortzusetzen. Selbst als der Vorarbeiter eine Meldung an seinen Vorgesetzten ankündigte, der Vorgesetzte seinen eigenen Vorgesetzten verständigte und dieser dem Kläger die Möglichkeit zur Stellungnahme einräumte, rückte der Kläger nicht von seinem Standpunkt ab. Nach den Interventionen der Vorgesetzten aus den verschiedenen Hierarchieebenen konnte für den Kläger auch der Ernst der Lage und die Tatsache, dass dienstrechtliche Konsequenzen im Raum standen, nicht zweifelhaft sein.

Richtig ist, dass im Zusammenhang mit der Gesamtwürdigung des Verhaltens eines Dienstnehmers auch die erhebliche Dauer seiner Dienstzeit zu berücksichtigen ist (vgl RIS‑Justiz RS0029790 [T3] mwN). Dies schließt aber nicht aus, dass ein beharrlicher Pflichtenverstoß trotz der langen und unbeanstanden Beschäftigungsdauer die Weiterbeschäftigung eines Dienstnehmers unzumutbar machen kann. Wenn das Berufungsgericht selbst unter Berücksichtigung der unbeanstandeten Dienstzeit des Klägers in seiner wiederholten Weigerung, seinen Dienst wieder ordnungsgemäß an dem ihm zugewiesenen Dienstort zu versehen, eine beharrliche Dienstpflichtverletzung iSd § 82 lit f zweiter Fall GewO 1859 sah, die keine weitere Verwarnung des Klägers mehr erforderte, so ist dies hier vertretbar.

Der Prüfung des Entlassungsgrundes des § 82 lit f erster Fall GewO 1859 bedarf es daneben nicht.

Mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO ist die außerordentliche Revision der Beklagten zurückzuweisen.

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