OGH 15Os31/15w

OGH15Os31/15w25.3.2015

Der Oberste Gerichtshof hat am 25. März 2015 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel‑Kwapinski als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Romig als Schriftführerin im Verfahren zur Übergabe des Eduart B***** zur Strafverfolgung an Italien, AZ 404 HR 233/14t des Landesgerichts Korneuburg, über die Grundrechtsbeschwerde des Betroffenen gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien vom 17. November 2014, AZ 22 Bs 334/14z (ON 21 des HR‑Akts), nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0150OS00031.15W.0325.000

 

Spruch:

Eduart B***** wurde im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.

Die Grundrechtsbeschwerde wird abgewiesen.

Text

Gründe:

Mit Beschluss vom 5. Oktober 2014 (ON 6) verhängte das Landesgericht Korneuburg über Eduart B***** die Übergabehaft wegen des sich aus dem Europäischen Haftbefehl des Gerichts Florenz ‑ Untersuchungsrichteramt vom 18. September 2014, AZ N.3931/10 R.G.N.R.‑4821/13 R.G.G.I.P., ergebenden Verdachts der Mitgliedschaft in einer grenzüberschreitenden kriminellen Vereinigung zum Handel mit Betäubungsmitteln und der sich über einen längeren Tatzeitraum erstreckenden Verstrickung in Suchtgifthandel mit sehr großen Mengen Kokain nach Artikel 81 italienisches Strafgesetzbuch, Artikel 73, 74, 80 D.P.R. Nr. 309/90, Artikel 4 des Gesetzes Nr. 146/06, mit einer Höchststrafdrohung von bis zu dreißig Jahren Freiheitsstrafe. Konkret wird B***** angelastet, er habe sich zwischen August 2009 und Mai 2011 in Italien als Mitglied an einer grenzüberschreitenden kriminellen Vereinigung zum Handel mit Betäubungsmitteln dadurch beteiligt, dass er in mehreren Angriffen als Kurier insgesamt mehr als zehn Kilogramm Kokain an andere Mitglieder der Vereinigung übergeben habe.

Am 20. Oktober 2014 (ON 13) setzte der Einzelrichter des Landesgerichts die Haft aus den Haftgründen der Flucht‑ und Tatbegehungsgefahr gemäß § 173 Abs 2 Z 1 und 3 lit b StPO fort. Der dagegen gerichteten, ausschließlich den Haftgrund der Tatbegehungsgefahr bekämpfenden Beschwerde (ON 18) gab das Oberlandesgericht Wien mit Beschluss vom 17. November 2014 (ON 21) nicht Folge und setzte die Übergabehaft gleichfalls aus den Haftgründen der Flucht‑ und Tatbegehungsgefahr gemäß § 173 Abs 2 Z 1 und 3 lit b StPO iVm § 18 EU‑JZG und § 29 ARHG fort.

Rechtliche Beurteilung

Gegen diesen Beschluss wendet sich die Grundrechtsbeschwerde des Eduart B*****, der keine Berechtigung zukommt.

Soweit sich das Vorbringen der Grundrechtsbeschwerde gegen die Annahme des dringenden Tatverdachts sowie die Verhältnismäßigkeit der Haft wendet, scheitert sie schon mangels (horizontaler) Erschöpfung des Instanzenzugs (RIS‑Justiz RS0114487 [insb T3, T9, T10, T13]).

Die rechtliche Annahme einer der von § 173 Abs 2 StPO genannten Gefahren wird vom Obersten Gerichtshof im Grundrechtsbeschwerdeverfahren nur dahin überprüft, ob sie aus den in der angefochtenen Entscheidung angeführten bestimmten Tatsachen abgeleitet werden durfte, ohne dass die darin liegende Ermessensentscheidung als willkürlich angesehen werden müsste (RIS‑Justiz http://www.ris.bka.gv.at/Ergebnis.wxe?Abfrage=Justiz&Rechtssatznummer=RS0118185&SkipToDocumentPage=True&SucheNachRechtssatz=True&SucheNachText=False , http://www.ris.bka.gv.at/Ergebnis.wxe?Abfrage=Justiz&Rechtssatznummer=RS0117806&SkipToDocumentPage=True&SucheNachRechtssatz=True&SucheNachText=False ).

Dem daraus resultierenden Begründungserfordernis wird die angefochtene Entscheidung - der Beschwerde zuwider ‑ gerecht, indem sie die Tatbegehungsgefahr unter Verneinung einer die Delinquenz hemmenden Wirkung der sozialen Integration auf die Tatbegehung aus Gewinnstreben sowie die Einbindung des Betroffenen in mutmaßlich seit längerem bestehenden Suchtgifthandel im Rahmen einer kriminellen Vereinigung stützte, wobei das Oberlandesgericht auch das vom Betroffenen später behauptete regelmäßige Jahreseinkommen in Höhe von 30.000 Euro in die Erwägungen miteinbezog. Ungeachtet der Frage, ob der zu Übergebende zusätzlich eine einschlägige Vorstrafe in Großbritannien aufweist (vgl seine Angaben ON 5), wurden schon mit den oben genannten Umständen jene bestimmten Tatsachen angeführt, aus denen das Oberlandesgericht die rechtliche Annahme der in § 173 Abs 2 Z 3 lit b StPO genannten Gefahr willkürfrei ableiten konnte. Dass bei dieser Prognose einzelne aus Sicht des Beschwerdeführers allenfalls erörterungsbedürftige Umstände nicht in der von ihm gewünschten Weise gewichtet wurden, kann nicht als Grundrechtsverletzung vorgeworfen werden (RIS‑Justiz RS0117806 [T11]).

Ein Eingehen auf die kritisierte Nichtanwendung eines gelinderen Mittels im Sinn des § 173 Abs 5 StPO, insbesondere der Leistung einer Haftkaution (§ 173 Abs 5 Z 8 StPO) zur Substituierung der Fluchtgefahr, erübrigt sich sohin.

Eduart B***** wurde daher im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt. Die Grundrechtsbeschwerde war demnach ohne Kostenzuspruch (§ 8 GRBG) abzuweisen.

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