OGH 5Ob194/14m

OGH5Ob194/14m24.3.2015

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Höllwerth, Dr. Grohmann, Mag. Wurzer und Mag. Painsi als weitere Richter in der wohnrechtlichen Außerstreitsache des Antragstellers Christoph O*****, vertreten durch Mag. Marion Lindinger, Rechtsanwältin in Wien, gegen die Antragsgegnerin Flora S*****, vertreten durch Mag. Franz Podovsovnik, Rechtsanwalt in Wien, wegen § 16 Abs 9 MRG, § 37 Abs 1 Z 8 MRG, über den Revisionsrekurs der Antragsgegnerin gegen den Sachbeschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 2. Juli 2014, GZ 39 R 131/14z‑11, mit dem der Sachbeschluss des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 21. Februar 2014, GZ 42 MSch 45/12z‑7, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0050OB00194.14M.0324.000

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin ist schuldig, dem Antragsteller binnen 14 Tagen die mit 373,68 EUR (darin enthalten 62,28 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung zu ersetzen.

 

Begründung:

Der Antragsteller ist Mieter einer Wohnung, die im Jahr 1983 um einen frei vereinbarten und wertgesicherten Hauptmietzins in der Höhe von 7.000 ATS vermietet wurde. Nach der zum Zeitpunkt der Anmietung geltenden Rechtslage wäre nur die Vereinbarung eines Mietzinses der Kategorie A zulässig gewesen. Die Mietzinsvereinbarung wurde jedoch nicht wirksam innerhalb der dreijährigen Präklusivfrist des § 16 Abs 8 Satz 2 MRG bekämpft. Die Antragsgegnerin (Vermieterin) hob ab Mai 2011 sowie ab Juli 2012 den Mietzins aufgrund der Wertsicherungsvereinbarung an.

Die Parteien bezweifeln nicht, dass diese Anhebung auf ihre Zulässigkeit überprüft werden darf, obwohl die dreijährige Präklusivfrist für die Überprüfung der ursprünglichen Hauptmietzinsvereinbarung bereits abgelaufen ist (5 Ob 7/01t; 5 Ob 101/03v; RIS‑Justiz RS0070096 [T6]). Streitpunkt ist ausschließlich die Obergrenze für die Anhebung zum Zeitpunkt ihrer Wirksamkeit. Der Antragsteller begrenzt die Erhöhung mit dem valorisierten Mietzins der Kategorie A, die Antragsgegnerin hingegen mit dem zulässigen angemessenen Hauptmietzins (§ 16 Abs 1 MRG), zumindest aber mit dem Richtwertmietzins (§ 16 Abs 2 ‑ 5 MRG).

Die Vorinstanzen folgten dem Standpunkt des Antragstellers. Das Rekursgericht ließ den ordentlichen Revisionrekurs zu.

Der Revisionsrekurs der Antragsgegnerin ist entgegen dem nach § 71 Abs 1 AußStrG iVm § 37 Abs 3 MRG nicht bindenden Ausspruch des Rekursgerichts nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

1. Der Oberste Gerichtshof hat bereits zu vor Inkrafttreten des dritten WÄG am 1. 3. 1994 geschlossenen „Altverträgen“ klargestellt, dass die Anhebung eines (zulässig vereinbarten) Mietzinses aufgrund einer Wertsicherungsvereinbarung nicht nach § 16 Abs 9 Satz 1 MRG idF des dritten WÄG, sondern weiterhin nach der Vorgängerbestimmung des § 16 Abs 6 aF MRG zu beurteilen ist (5 Ob 81/99v; RIS‑Justiz RS0069701 [T2]; RS0083788 [T2]; zust Vonkilch , Die Überprüfung der Wertsicherung und die Mietrechtsentwicklung ‑ Zugleich eine Besprechung der E 5 Ob 81/99v, wobl 2000, 212 [215 f]). Begründungsansatz ist die Übergangsregelung des Art II Abschnitt II Z 5 Satz 1 des dritten WÄG: Danach behalten wirksam vereinbarte Wertsicherungsvereinbarungen ihre Rechtswirksamkeit (vgl RIS‑Justiz RS0083788). Für die Prüfung der Anwendung der Wertsicherungsvereinbarung ist iSd § 16 Abs 6 MRG idF vor dem dritten WÄG die Valorisierung der Kategoriesätze maßgeblich, wenn nach der Rechtslage vor dem dritten WÄG nur der Kategoriemietzins, nunmehr aber der Richtwertmietzins vereinbart werden könnte ( Vonkilch aaO 215).

2. Hier handelt es sich um die Vereinbarung eines wertgesicherten Mietzinses, die nach der maßgeblichen Rechtslage zum Zeitpunkt ihres Abschlusses (RIS‑Justiz RS0070096; vgl RS0070132; Vonkilch in Hausmann/Vonkilch , Österreichisches Wohnrecht³ § 43 MRG Rz 40) unzulässig war, aber nicht fristgerecht angefochten wurde und dadurch saniert ist. Daraus folgert die Antragsgegnerin, maßgebliche Obergrenze sei der angemessene Mietzins oder zumindest der Richtwertmietzins. Wäre allerdings in ihrem Sinn von einer zulässigen Mietzins‑ und Wertsicherungsvereinbarung auszugehen, ist nach bereits zitierter Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ‑ mit der sie sich überhaupt nicht auseinandersetzt ‑ für die Begrenzung der zulässigen Anhebung § 16 Abs 6 MRG aF maßgeblich. Eine Orientierung am Richtwertmietzins scheidet demnach jedenfalls aus, weil dieser erst mit dem dritten WÄG eingeführt wurde und den Kategoriemietzins ablöste. Die gewünschte Erhöhung auf den zum Zeitpunkt der jeweiligen Anhebung in den Jahren 2011 und 2012 angemessenen Hauptmietzins (§ 16 Abs 1 MRG) steht im Widerspruch zu der in der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs bejahten Möglichkeit der Überprüfung der Anwendung der Wertsicherungsvereinbarung trotz Heilung einer ursprünglich unzulässigen Mietzinsvereinbarung. Die Voraussetzungen für die Vereinbarung eines Mietzinses nach § 16 Abs 1 MRG sind weder nach der alten Rechtslage noch nach jener zum Zeitpunkt der Anhebung verwirklicht, was die Antragsgegnerin gar nicht bestreitet. Sie stützt ihren Standpunkt auch mit keinem einzigen Zitat aus Lehre und Rechtsprechung. Insgesamt vermag sie keine erhebliche Rechtsfrage aufzuzeigen.

3. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 37 Abs 3 Z 17 MRG. Der Antragsteller hat in der Revisionsrekursbeantwortung auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen (RIS‑Justiz RS0122294 [T1]).

Stichworte