OGH 1Ob34/15d

OGH1Ob34/15d19.3.2015

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski, Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger und die Hofrätin Dr. Hofer‑Zeni‑Rennhofer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M***** Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt), *****, Deutschland, vertreten durch Viehböck Breiter Schenk & Nau, Rechtsanwälte OG, Wien und Mödling, gegen die beklagte Partei A***** Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Dr. Georg Lehner, Rechtsanwalt in Wels, wegen Rechnungslegung (Streitwert 35.000 EUR) über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 14. Jänner 2015, GZ 2 R 202/14k‑11, mit dem das Teilurteil des Landesgerichts Linz vom 9. Oktober 2014, GZ 38 Cg 23/14s‑7, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0010OB00034.15D.0319.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Soweit die Revisionswerberin wiederum geltend macht, das Erstgericht habe der Klägerin etwas anderes zugesprochen, als diese beantragt hatte, und der Spruch des Ersturteils sei in sich widersprüchlich, weshalb Verfahrensmängel bzw Nichtigkeitsgründe vorlägen, übersieht sie offenbar, dass vom Berufungsgericht verneinte Nichtigkeitsgründe (RIS‑Justiz RS0042981; RS0043405) und Verfahrensmängel (RIS‑Justiz RS0042963), in einer Revision nicht neuerlich geltend gemacht werden können.

2. Dass einem Handelsvertreter oder sonstigen provisionsberechtigten Vermittler ein Anspruch auf Vorlage einer Abrechnung durch Mitteilung eines Buchauszugs zusteht, ist anerkannt (vgl nur RIS‑Justiz RS0035140). Inhalt und Umfang der Rechnungslegung richten sich dabei nach dem Verkehrsüblichen bzw nach der im Einzelfall getroffenen Vereinbarung, wobei der Inhalt des Auskunftsanspruchs jeweils unter Rückgriff auf das geltend gemachte materielle Aufklärungsrecht im Einzelfall zu ermitteln ist (vgl nur Konecny in Fasching/Konecny ³ Art XLII EGZPO Rz 4, 37, 26 f). Ausgangspunkt für den Rechnungslegungsanspruch ist jeweils die im Einzelfall begründete materiell‑rechtliche Verpflichtung (1 Ob 239/05m; Konecny aaO Rz 21 mwN). Grundsätzlich sind dem Auskunftsberechtigten ‑ hier im Wege der Erteilung von Buchauszügen ‑ (in möglichst übersichtlicher Form) alle Informationen zugänglich zu machen, die erforderlich sind, um sämtliche ihm zustehende Provisionsansprüche ermitteln zu können.

In der vom Berufungsgericht im vorliegenden Fall vertretene Auffassung, durch die der Klägerin übermittelten Unterlagen sei keine vollständige Auskunft erteilt worden, ist keine erhebliche Fehlbeurteilung zu erkennen, die vom Obersten Gerichtshof aus Gründen der Rechtssicherheit bzw Einzelfallgerechtigkeit korrigiert werden müsste. Das Berufungsgericht hat insbesondere betont, die übergebenen Urkunden wiesen bloß nach Kunden aufgegliederte Gesamtsummen an Zahlungseingängen und daraus errechnete Provisionen aus, ohne dass ersichtlich wäre, auf welche konkreten Geschäfte sich diese Summen beziehen sowie ob und aus welchen Gründen eventuell im Einzelfall Divergenzen zwischen Bestellung, Lieferung, Fakturierung und Zahlung aufgetreten sind; es sei nicht möglich, diese Gesamtsummen in eine Relation zu den in einer bestimmten Abrechnung aufgelisteten Geschäftsfällen zu bringen. Dem hält die Revision nichts Überzeugendes entgegen. Die Behauptung, vier bestimmte Urkunden ‑ wobei aus der dort unter anderem genannten Beilage ./C überhaupt nichts zu gewinnen ist ‑ bildeten in ihrer Gesamtheit einen vollständigen Buchauszug, der die Klägerin in die Lage versetze, ihre Provisionsansprüche umfassend und abschließend zu berechnen, ist mangels jeglicher Konkretisierung nicht geeignet, die Beurteilung des Berufungsgerichts zu widerlegen, die der Klägerin übergebenen Unterlagen enthielten die maßgeblichen Informationen nicht vollständig und nachvollziehbar und es sei nicht Sache des Handelsvertreters die Daten mühsam aus verschiedenen Urkunden zusammenzusuchen und in eine geschäftsfallbezogene Ordnung zu bringen.

Ebenso einzelfallabhängig ist die Frage, ob der provisionspflichtige Unternehmer im Falle der Übermittlung unvollständiger Buchauszüge lediglich fehlende Teile nachzureichen hat oder aber verpflichtet ist, insgesamt nachvollziehbare Auszüge in einem „Gesamtpaket“ zur Verfügung zu stellen. Ob eine bloße Ergänzung ausreicht, kann regelmäßig erst beurteilt werden, wenn feststeht, welchen Inhalt diese ergänzenden Unterlagen haben und ob diese in Verbindung mit den bereits vorliegenden eine einfache und klare Nachvollziehbarkeit gewährleisten. Dem Berufungsgericht kann daher auch insoweit kein Vorwurf unvertretbarer Fehlbeurteilung gemacht werden, wenn es der Auffassung war, die Beklagte sei (nach wie vor) zur Übergabe vollständiger Buchauszüge für den klagegegenständlichen Zeitraum verpflichtet. Sollte die Beklagte nun lediglich weitere Buchhaltungsunterlagen übergeben und im Übrigen auf die bereits übermittelten verweisen, wird gegebenenfalls im Exekutionsverfahren zu klären sein, ob sie damit ihrer Rechnungslegungsverpflichtung vollständig nachgekommen ist.

3. Schwer nachvollziehbar sind die Revisionsausführungen im Zusammenhang mit der Vereinbarung vom 15. 8. 2013, deren Inhalt im Übrigen nicht strittig ist, womit formelle Tatsachenfeststellungen der Vorinstanzen nicht erforderlich waren. Warum sich daraus ergeben sollte, dass auch „alle Zahlungseingänge betreffend die Saison 2012/2013 zahlungsmäßig bereits miterfasst“ gewesen seien, ist nicht nachvollziehbar, liegt es doch nahe, dass der über „Ansprüche zum Stichtag“ 30. 6. [richtig] 2013 abgeschlossene Vergleich nur jene Geschäftsfälle erfassen konnte, die zu diesem Termin schon vollständig abgewickelt und verprovisioniert waren. Warum es auszuschließen sein sollte, dass es provisionspflichtige Geschäfte gegeben haben könnte, die noch vor diesem Stichtag abgeschlossen wurden, bei denen jedoch die Auslieferung der Waren erst danach stattfand, ist unverständlich. Gerade bei Geschäftsabschlüssen kurz vor diesem Stichtag liegt es vielmehr nahe, dass Auslieferung und Zahlung erst danach erfolgt sind; derartige Geschäftsfälle wären damit von dem Vergleich schon deshalb nicht erfasst, weil nach der getroffenen Vereinbarung erst der Zahlungseingang beim Geschäftsherrn den Provisionsanspruch des Handelsvertreters begründet (s auch § 9 Abs 1 Z 3 HVertrG 1993). Damit bestehen keine Bedenken dagegen, dass der Beklagten die Verpflichtung auferlegt wurde, einen Buchauszug für alle Geschäfte zu übergeben, „die im Zeitraum 1. 7. 2013 bis 18. 2. 2014 geschlossen wurden oder aufgrund derer in diesem Zeitraum Auslieferungen stattfanden“.

Ebensowenig liegt eine unvertretbare Fehlbeurteilung im Erfassen von Geschäftsfällen, die „provisionspflichtig sein könnten“, ist es doch gerade Sinn des Auskunftsanspruchs des Handelsvertreters auch über jene Geschäftsfälle ausreichende Informationen zu erlangen, in denen ‑ auf tatsächlicher oder rechtlicher Ebene ‑ Streit darüber bestehen könnte, ob sie zu jenen gehören, für die eine Provision gebührt. Aus der detaillierten Aufzählung des von der Beklagten geschuldeten Inhalts der Buchauszüge ‑ insbesondere dem einleitenden Verweis auf die Beilagen ./E und ./2 ‑ ergibt sich im Übrigen ohnehin mit ausreichender Deutlichkeit, dass es sich nur um Geschäfte der Beklagten mit jenen Kunden und über jene Produkte handeln kann, die in den für den betreffenden Zeitraum maßgeblichen Anlagen zum Handelsvertretervertrag genannt sind.

4. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

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