OGH 1Ob46/15v

OGH1Ob46/15v19.3.2015

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski, Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger und die Hofrätin Dr. Hofer‑Zeni‑Rennhofer als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj S***** S*****, geboren am 12. Dezember 1997, und des mj P***** S*****, geboren am 14. April 1999, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Vaters Dr. R***** H*****, vertreten durch Mag. Michaela Krankl, Rechtsanwältin in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts Krems an der Donau als Rekursgericht vom 3. Februar 2015, GZ 2 R 143/14p‑250, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Krems an der Donau vom 8. September 2014, GZ 19 Ps 220/12y‑246, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0010OB00046.15V.0319.000

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Begründung:

Das Rekursgericht bestätigte den Beschluss des Erstgerichts, mit dem dieses den neuerlichen Antrag des Vaters vom 14. 5. 2014, beide Elternteile vorläufig gemäß § 107 Abs 2 AußStrG mit der Obsorge für die Kinder zu betrauen und eine im Einzelnen dargelegte Kontaktrechtsregelung zu erlassen, zurückwies, weil dieser inhaltsgleich mit dessen bereits rechtskräftig erledigtem Antrag vom 15. 3. 2013 sei und eine Änderung der Verhältnisse nicht geltend gemacht werde.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs des Vaters, der keine Rechtsfragen von der Bedeutung gemäß § 62 Abs 1 AußStrG anspricht.

1. Der Revisionsrekurswerber zieht nicht in Zweifel, dass auch im Verfahren außer Streitsachen die materielle Rechtskraft einer Entscheidung in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu beachten ist (§ 43 AußStrG; RIS‑Justiz RS0007477; RS0007171) und dass die materielle Rechtskraft nur nachträglichen Tatbestandsänderungen nicht standhält (RIS-Justiz RS0007140; RS0007201). Dass dies auch für (abweisende) Entscheidungen über Provisorialanträge nach § 107 Abs 2 AußStrG gilt, hat der Oberste Gerichtshof bereits klargestellt (vgl 3 Ob 140/08x; 2 Ob 19/11z).

2. In dem der Vater auf die „täglich weiter fortschreitende Entfremdung der Kinder“ verweist, macht er keine nachträgliche Änderung des rechtserzeugenden Sachverhalts geltend. Abgesehen davon ignoriert er den Umstand, dass seine mündigen Kinder die Ausübung der persönlichen Kontakte zu ihm ausdrücklich ablehnen (§ 108 AußStrG). Da ein gegen den Willen mündiger Minderjähriger (hier der nahezu 16 bzw 17 Jahre alten Kinder) durchgesetzter persönlicher Kontakt jedenfalls dem Kindeswohl widerspräche (RIS‑Justiz RS0047981 [T2]), bestehen an der Verfassungskonformität des § 108 AußStrG auch keine Bedenken.

3. Es trifft zwar zu, dass die durch das mit 1. 2. 2013 in Kraft getretene KindNamRÄG 2013 herbeigeführten Änderungen im Recht der Obsorge (insbesondere über die Anordnung der Obsorge beider Eltern gegen den Willen eines Elternteils oder den Antrag auf Übertragung der Alleinobsorge ohne Kindeswohlgefährdung) als maßgebliche Umstandsänderung für eine Neuregelung angesehen werden (vgl Weitzenböck in Schwimann/Kodek, ABGB4 Ia § 180 Rz 44 mwN; RIS‑Justiz RS0128809). Daraus ist für den Revisionsrekurswerber aber schon deshalb nichts gewonnen, weil der Entscheidung über seinen Antrag vom 15. 3. 2013 ohnedies bereits die durch das KindNamRÄG 2013 geänderten Bestimmungen über die Obsorge zugrunde lagen, sodass er sich nicht auf eine nachträgliche Gesetzesänderung berufen kann.

4. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 71 Abs 3 AußStrG).

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