OGH 12Os14/15y

OGH12Os14/15y5.3.2015

Der Oberste Gerichtshof hat am 5. März 2015 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé und Dr. Oshidari sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel‑Kwapinski und Dr. Brenner als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Kaltenbrunner als Schriftführerin in der Strafsache gegen Michael W***** wegen des Verbrechens der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 und 2 zweiter Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Schöffengericht vom 12. Dezember 2014, GZ 37 Hv 50/14f‑39, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0120OS00014.15Y.0305.000

 

Spruch:

 

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben. Das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, wird im Schuldspruch und demzufolge auch im Strafausspruch aufgehoben und die Sache an das Landesgericht Wiener Neustadt mit dem Auftrag verwiesen, nach den Bestimmungen des 11. Hauptstücks der StPO vorzugehen.

Im Übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

 

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch rechtskräftige Freisprüche enthält, wurde Michael W***** des Vergehens der Urkundenfälschung nach § 223 Abs 2 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er zwischen Anfang und Mitte 2012 in Wien eine verfälschte Urkunde zum Beweis „eines Rechtsverhältnisses“ gebraucht, indem er die auf einem Formular befindliche Originalunterschrift des Otto P***** ausschnitt, auf eine Anzeige betreffend den Verlust einer Versicherungspolizze aufklebte (zu ergänzen:) und eine Kopie (US 4) der Wiener Städtischen Versicherungs AG faxte.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus Z 9 lit a und 10a des § 281 Abs 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist teilweise im Recht.

Soweit die Rechtsrüge (Z 9 lit a) dem vom Angeklagten hergestellten Schriftstück die Urkundeneigenschaft im Sinn des § 74 Abs 1 Z 7 StGB abspricht, geht sie an den Feststellungen vorbei, wonach das Dokument (Verpflichtungs‑)Erklärungen des Versicherungsnehmers betreffend den Verlust der Originalpolizze und die bedingungslose Zurückstellung bei Wiederauffinden, weiters die Nichtverpfändung und -übertragung an Dritte sowie die Schad- und Klagloshaltung des Versicherers beinhaltete (US 4). Solcherart macht die Beschwerde aber nicht deutlich, aus welchem Grund der Verlustanzeige keine Rechtserheblichkeit und Beweisfunktion im Sinn des § 74 Abs 1 Z 7 StGB zukommen soll.

Da der Angeklagte nach den Konstatierungen Kopien oder Telefaxe gar nicht fälschte (sondern das Falsifikat kopierte ‑ vgl US 4), verfehlt die unter einer solchen Prämisse stehende Rechtsbehauptung, dass derartigen Schriftstücken keine Urkundeneigenschaft zukomme, gleichfalls den im Sachverhalt gelegenen Bezugspunkt.

Dass es sich bei der Faxübermittlung der Kopie des Falsifikats um eine taugliche Tathandlung im Sinn des § 223 Abs 2 StGB handelt, wird vom Angeklagten im Übrigen (zu Recht) nicht bestritten (zu den tatbilderfüllenden Sonderformen des Gebrauchs vgl Kienapfel/Schroll in WK 2 StGB § 223 Rz 219 f).

In diesem Umfang war die Nichtigkeitsbeschwerde bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.

Aus Z 10a des § 281 Abs 1 StPO bringt der Beschwerdeführer hingegen zutreffend vor, dass die im Urteil enthaltenen Feststellungen die Nichtanwendung der Diversion nicht zu tragen vermögen.

Unter Schuldgesichtspunkten (§ 198 Abs 2 Z 1 StPO) verweist die Beschwerde zu Recht darauf, dass schon mit Blick auf die Strafdrohung des § 223 Abs 2 StGB ein diversionsausschließender Schuldgehalt nur in einem (hier nicht vorliegenden) besonderen Ausnahmefall anzunehmen wäre (RIS‑Justiz RS0122090; vgl auch Schroll, WK‑StPO § 198 Rz 38). Insoweit kommt dem Angeklagten noch zusätzlich zugute, dass er seinen Berufspflichten bislang tadellos nachkam (US 5) und er das ihm angelastete Verhalten erst auf Drängen der Lebensgefährtin des Otto P***** setzte (US 4, 7).

Der vom Erstgericht gegen die diversionelle Erledigung ins Spiel gebrachte Präventionsaspekt der Erschütterung des in den Berufsstand des Versicherungskaufmanns gesetzten besonderen Vertrauens (US 10) geht schon deshalb ins Leere, weil dem Gesetz nicht zu entnehmen ist, dass einzelne Berufsgruppen hinsichtlich bestimmter Kriminalitätsbereiche generell aus dem Anwendungsbereich der Diversion ausgeschlossen sind.

Da auch sonstige Diversionshindernisse nicht vorliegen, war das angefochtene Urteil ‑ in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur ‑ bereits bei nichtöffentlicher Beratung im bezeichneten Umfang aufzuheben (§ 285e StPO), worauf der Angeklagte mit seiner Berufung zu verweisen war.

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