OGH 14Os3/15w

OGH14Os3/15w3.3.2015

Der Oberste Gerichtshof hat am 3. März 2015 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Humer als Schriftführerin in der Strafsache gegen Johann P***** wegen des Verbrechens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über dessen Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Schöffengericht vom 24. Oktober 2014, GZ 51 Hv 22/14s‑452, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0140OS00003.15W.0303.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Johann P***** des Verbrechens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB (I./) und des Vergehens der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 und Abs 2 erster Fall StGB (II./) schuldig erkannt.

Danach hat er in W***** als Geschäftsführer der X***** GmbH (kurz: X*****)

I./ im Juni 2008 mit dem Vorsatz, die X***** durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, andere durch Täuschung über Tatsachen zu Handlungen verleitet, die diese in einem jeweils 50.000 Euro übersteigenden Betrag am Vermögen schädigten, nämlich

a./ Angestellte der C***** GmbH (kurz: C*****) durch die Behauptungen, das Druckersystem DC7000 ohne Zubehör habe einen Wert von 209.313 Euro netto und die X***** sei ein zahlungswilliger Vertragspartner, zur Auszahlung eines Finanzierungsvolumens von 290.000 Euro, wodurch die C***** einen Schaden von 158.714 Euro (darin nicht enthalten der Wert des Druckersystems von 50.599 Euro [US 7]) erlitt;

b./ Angestellte der Xe***** GmbH (kurz: Xe*****) durch die Vorspiegelung, die X***** sei ein zahlungswilliger Vertragspartner, zur Lieferung und Übergabe des Druckersystems DC7000 im Wert von zumindest 51.181 Euro netto, wodurch die Xe***** einen Schaden in dieser Höhe erlitt;

II./ ein ihm in dieser Eigenschaft anvertrautes Gut in einem 3.000 Euro, „im Zweifel jedoch nicht 50.000 Euro“ übersteigenden Wert, sich oder einem Dritten mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz zugeeignet, und zwar

a./ zu einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt vor dem 31. Dezember 2009 im Zusammenwirken mit unbekannten Mittätern das im Eigentum der C***** stehende Druckersystem DC7000, indem „er es an einen unbekannten Ort transportierte und schließlich verwertete“;

b./ am 23. März 2009 ein im Eigentum der Xe***** stehendes (geleastes) Druckgerät DC260 im Wert von 23.500 Euro netto, das er rechtswidrig an die V***** GmbH verkaufte und der X***** den Verkaufserlös zuwandte.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus § 281 Abs 1 Z 4, 5 und 9 lit a StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde geht fehl.

Entgegen der Verfahrensrüge (Z 4) zu I./b./ wurde der Nichtigkeitswerber durch die Abweisung des Antrags auf Vernehmung der Zeugin Martina Vr***** zum Beweis, dass der Kaufpreis des Druckersystems DC7000 gegenüber der Xe***** aufgrund einer „Saldenvereinbarung (...) nicht mehr offen war“ (ON 451 S 35 f), in seinen Verteidigungsrechten nicht verletzt. Der Angeklagte beantragte die Beweisaufnahme mit der Begründung, dass Martina Vr***** mit ihm „die Saldenvereinbarungen gemacht“ habe, die es „immer für die Bilanzerstellung (…) zwischen der Xe***** und der X***** gegeben“ habe, sodass die Zeugin „wesentliche Kenntnisse als Entscheidungsträgerin über die Vorgänge“ habe und „ihre Wahrnehmungen sehr wesentlich zur Entscheidungsfindung“ seien.

Eine ‑ mit Blick auf die behauptete Vereinbarung einer Saldierung frühestens im März 2009 ‑ allenfalls unter Beweis zu stellende Schadensbereinigung könnte zwar unter dem Aspekt der tätigen Reue (§ 167 StGB) für die Schuldfrage bedeutsam sein, weil der Beweisantrag aber - im Hinblick auf die im Zeitpunkt der Antragstellung vorliegenden Verfahrensergebnisse (RIS‑Justiz RS0116987), insbesondere die Angaben der Zeugin Eva Ci***** (ON 451 S 4 ff), die die Frage des Bestehens einer „einverständlichen Schlussvereinbarung“ verneinte und das Aushaften des Kaufpreises unter Verweis auf einen Kontoauszug vom 20. November 2009 behauptete ‑ nicht erkennen ließ, warum sich eine für die Bilanzerstellung allenfalls getroffene „Saldierungsvereinbarung“ zwischen dem Angeklagten und Martina Vr***** nach den Vorstellungen beider Vertragsparteien gerade auf die Kaufpreisforderung der Xe***** in Höhe von 61.417,20 Euro brutto beziehen und inwiefern eine solche den Vorgaben des § 167 Abs 2 Z 1 oder Z 2 StGB entsprechen hätte sollen, zielte der Beweisantrag auf eine unzulässige Erkundungsbeweisführung ab (RIS‑Justiz RS0118123,

RS0118444; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 330).

Mit der zu I./a./ vorgebrachten Kritik, das Erstgericht habe in Bezug auf die Täuschung über die Zahlungswilligkeit und den Wert des Druckersystems jeweils „nur das Ergebnis einer Handlung (Täuschung), nicht jedoch die konkrete Täuschungshandlung“ festgestellt, wird die behauptete Undeutlichkeit (hier: von Feststellungen) im Sinn des

Z 5 erster Fall nicht aufgezeigt. Diese liegt nämlich (nur) vor, wenn unter Berücksichtigung der Gesamtheit der Entscheidungsgründe aus objektiver Sicht für den Beschwerdeführer und das Rechtsmittelgericht nicht unzweifelhaft erkennbar ist, ob eine entscheidende Tatsache festgestellt wurde oder aus welchen Gründen die Feststellung entscheidender Tatsachen erfolgt ist (RIS‑Justiz RS0117995, RS0089983).

Soweit die Rüge in diesem Zusammenhang unter Verweis auf die Angaben des Zeugen Rupert B***** behauptet, diesem sei der Preis von 52.700 Euro bekannt gewesen, sodass eine Täuschung über den Wert des Druckersystems „daraus nicht ableitbar“ sei, argumentiert sie nach Art einer (im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen) Schuldberufung.

Dass der Angeklagte (gemeinsam mit „unbekannten Helfern“) nach den Annahmen des Schöffengerichts zu II./a./ das „ihm als Machthaber der X***** anvertraute“ Druckersystem DC7000 zwischen Ende Oktober und Anfang Dezember 2009 ‑ somit noch während seiner Tätigkeit als Geschäftsführer (US 4) ‑ „verbracht und verwertet“ hat (US 9 f), ergibt sich ‑ dem Einwand von Undeutlichkeit (Z 5 erster Fall) zuwider ‑ unzweifelhaft aus den zitierten Urteilspassagen, womit auch die zugleich auf einen Rechtsfehler mangels Feststellungen abzielende Rechtsrüge (der Sache nach Z 9 lit a) versagt.

Mit der Behauptung zu II./b./ (nominell Z 5 erster und dritter Fall), das Erstgericht habe sich trotz der Annahme, dass „eine DC240 von einer DC260 auch vom äußeren Gehäuse her für einen Laien nicht zu unterscheiden“ ist (US 12), „nicht ausreichend“ damit auseinandergesetzt, dass offenbar eine Verwechslung der Maschinen die Ursache für das Vorgehen des Angeklagten war, zeigt die Beschwerde kein Begründungsdefizit im Sinn des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes auf, sondern kritisiert neuerlich (in unzulässiger Weise) die tatrichterliche Beweiswürdigung.

Soweit die zu I./a./ erhobene Rechtsrüge (Z 9 lit a) auch (vgl jedoch Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 418 f, 570 f) den im Rahmen der Mängelrüge erhobenen Einwand des Fehlens von Feststellungen einer „konkreten Täuschungshandlung“ wiederholt, leitet sie nicht methodisch vertretbar (RIS‑Justiz RS0116569

) aus dem Gesetz ab, weshalb neben der Konstatierung, wonach der Angeklagte „zum Zeitpunkt der Annahme des Nutzungsüberlassungsvertrags mit der C*****“ deren verfügungsberechtigte Angestellte darüber täuschte, ein zahlungswilliger Vertragspartner zu sein (US 7), weitere Feststellungen „konkreter Tathandlungen“ zur rechtsrichtigen Subsumtion unter das Tatbestandsmerkmal der „Täuschung über Tatsachen“ erforderlich sein sollen, bekundet doch der Leasingnehmer bereits durch den Abschluss des Leasingvertrags gegenüber dem Leasinggeber nach den Regeln und Gewohnheiten des redlichen Geschäftsverkehrs stillschweigend, dass er den Willen und die Möglichkeit hat, seinen Zahlungsverpflichtungen nachzukommen (vgl RIS‑Justiz RS0094223, RS0094198; Kirchbacher in WK2 StGB § 146 Rz 20 ff).

Auch in Bezug auf die Konstatierungen, wonach die C***** das Angebot im Glauben unterbreitete, „das Druckersystem samt Zubehör sei 290.000 Euro wert und dieser Preis stelle ein äußerst günstiges Angebot dar, welches der Angeklagte aufgrund seiner vertraglichen Beziehung zu Xe***** erhalten hatte, wie der Angeklagte das gegenüber den Mitarbeitern der C***** (…) vorgetäuscht hatte und schlussendlich auch über die X***** der C***** in Rechnung stellte“ (US 6), macht die Beschwerde nicht klar, welche Präzisierung der Täuschungshandlungen (hier: der ausdrücklichen oder schlüssigen Behauptung [vgl US 2] eines Werts des Druckersystems von 290.000 Euro sowie des In-Rechnung-Stellens dieses Betrags) erforderlich gewesen wäre.

Der weiteren Rechtsrüge (Z 9 lit a) zu I./a./ zuwider hat das Erstgericht durch die Konstatierungen, wonach der Angeklagte die verfügungsberechtigten Angestellten der C***** darüber täuschte, ein zahlungswilliger Vertragspartner zu sein (US 7), und „über die Zahlungswilligkeit der X*****“ auch täuschen wollte (US 10), hinreichend deutlich festgestellt, dass der Beschwerdeführer zahlungsunwillig war. Der in diesem Zusammenhang erhobene Einwand, das Erstgericht habe konstatiert, dass der Angeklagte Ratenzahlungen in Höhe von 33.413,80 Euro netto geleistet habe, sodass im Zeitpunkt einer allfälligen Täuschungshandlung keine Zahlungsunwilligkeit vorgelegen sei, erschöpft sich in einer (in dieser Form) unzulässigen Beweiswürdigungskritik.

Warum neben den Feststellungen zur Zahlungsunwilligkeit auch solche zur Zahlungsunfähigkeit der X***** zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses mit der C***** und zu einem darauf bezogenen Täuschungsvorsatz des Angeklagten zu treffen gewesen wären, erklärt die Rüge nicht.

Mit der Erwägung, dass der C***** bei „ordnungsgemäßer Überprüfung des potentiellen Leasingkunden X*****“ dessen finanzielle Situation bekannt gewesen sein müsste, wird kein Nichtigkeitsgrund angesprochen.

Die von der Beschwerde vermisste Feststellung zum Vorsatz des Angeklagten, über seine Zahlungswilligkeit zu täuschen, befindet sich auf US 10.

Indem die Rechtsrüge (Z 9 lit a) zu I./b./ behauptet, das Erstgericht habe „nicht das zur Irreführung über den Zustand der Zahlungswilligkeit abgestellte Gesamtverhalten des Angeklagten zum gegenständlichen Zeitpunkt Juni 2008“ festgestellt, erklärt sie nicht, weshalb die erstrichterlichen Feststellungen, wonach der Angeklagte „zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses über den Ankauf der DC7000 bei der Xe***** (…)“ deren verfügungsberechtigte Angestellten darüber täuschte, ein zahlungswilliger Vertragspartner zu sein (US 7), dem Tatbestandselement der Täuschung über Tatsachen nicht genüge (vgl neuerlich RIS‑Justiz RS0094223, RS0094198; Kirchbacher in WK2 StGB § 146 Rz 20 ff).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Stichworte