OGH 7Ob5/15h

OGH7Ob5/15h18.2.2015

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Hofrätin Dr. Kalivoda als Vorsitzende und die Hofräte Dr. Höllwerth, Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Malesich und Mag. Painsi als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. G***** R*****, vertreten durch Dr. Kurt Kozák, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die beklagte Partei O***** Versicherung AG, *****, vertreten durch Dr. Bernhard Steinbüchler und andere Rechtsanwälte in St. Florian, wegen 34.551,25 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 23. Oktober 2014, GZ 3 R 171/14h‑23, mit dem das Urteil des Landesgerichts Linz vom 16. Juli 2014, GZ 4 Cg 114/13x‑18, bestätigt wurde, beschlossen und zu Recht erkannt:

 

Spruch:

I. Die Revision wird hinsichtlich der Forderung aus Schaden 1 in der Höhe von 3.374 EUR samt 4 % Zinsen seit 24. 12. 2012 zurückgewiesen.

II. Im Übrigen wird der Revision nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei 1.259,64 EUR (darin enthalten 209,94 EUR USt) an Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin schloss mit der beklagten Versicherungsgesellschaft für ihre Liegenschaft einen Bündelversicherungsvertrag ab, dem unter anderem die Allgemeinen Bedingungen für die Leitungswasserversicherung (AWB), die Versicherungsbedingungen für „Außergewöhnliche Naturereignisse“ (GaN‑02 [zur Sturmschadenversicherung], HaN‑02 [zur Haushaltsversicherung]) und die Ergänzenden Bedingungen für den „ZuHaus‑Komfortschutz“ (ZHK‑02.1) zugrunde liegen. Außergewöhnliche Naturereignisse sind in der Sturmschaden- und Haushaltsversicherung gemäß den Versicherungsbedingungen GaN‑02 und HaN‑02 auf erstes Risiko bis 3.000 EUR versichert, wobei Abbruch‑, Aufräum‑, Reinigungs‑ und Entsorgungskosten im Rahmen der Erstrisikosumme bei der Überflutung von Kellergeschossen bis 300 EUR mitversichert sind. Bei einem Leitungswasserschaden sind in der Leitungswasser-schadenversicherung gemäß der Versicherungsbedingung ZHK‑02.1 Ableitungsrohre auf dem Grundstück auf erstes Risiko bis 1.000 EUR versichert.

Die Versicherungsbedingungen lauten auszugsweise wie folgt:

AWB

Art. 1

Versicherte Gefahren und Schäden

1. Versichert sind Sachschäden, die durch die unmittelbare Einwirkung von Leitungswasser eintreten, das aus wasserführenden Rohrleitungen, Armaturen oder angeschlossenen Einrichtungen austritt (Schadenereignis).

Versichert sind auch Sachschäden, die als unvermeidliche Folge dieses Schadenereignisses eintreten.

2. Nur bei der Versicherung von Gebäuden gelten zusätzlich als Schadenereignis:

...

2.2. Bruchschäden an wasserführenden Rohrleitungen.

Art. 2

Nicht versicherte Schäden

Nicht versichert sind, auch nicht als unvermeidliche Folge eines Schadenereignisses

...

3. Bruchschäden an wasserführenden Rohrleitungen außerhalb von Gebäuden.

...

14. Schäden durch Grundwasser, Hochwasser, Überschwemmung, Vermurung, Wasser aus Witterungsniederschlägen und dadurch verursachten Rückstau.

...“

ZHK‑02.1

„...

3.5. Leitungswasserversicherung

3.5.1. Ableitungsrohre

In Erweiterung des Art. 1 Punkt 2 und Art. 2 Punkt 3 der AWB sind Bruchschäden einschließlich der hiefür erforderlichen Nebenarbeiten an Ableitungen auch außerhalb der Gebäude, jedoch innerhalb des Versicherungsgrundstückes ohne Rücksicht auf die Entstehungsursache auf erstes Risiko bis zur Höhe der in der Polizze ausgewiesenen Versicherungssumme mitversichert.

...“

GaN‑02 und HaN‑02 [insofern wortgleich]

„...

3. Versicherte Gefahren

Versichert sind nachfolgende von außen auf die versicherten Sachen einwirkende, außergewöhnliche Naturereignisse, welche nicht regelmäßig vorkommen, deren Wiederkehrwahrscheinlichkeit nicht zu bestimmen ist und die durch äußerst zumutbare Sorgfalt weder abgewendet, noch in ihren Folgen unschädlich gemacht werden können. Soweit die jeweilige versicherte Gefahr durch außergewöhnliche und/oder langanhaltende Niederschläge (Regen‑, Schnee‑ und Schmelzwasser oder Schmelzwasserzuflüsse) verursacht wird, liegen solche jedenfalls dann vor, wenn im betroffenen Gebiet innerhalb eines Zeitraumes von 168 Stunden das 3‑fache der langjährigen monatlichen Niederschlagsmenge gefallen ist.

...

3.2. Rückstau

Als Rückstau im Sinn der Versicherungsbedingungen gilt die Überflutung der versicherten Sachen infolge

‑ Kapazitätsüberschreitung oder Verstopfung der Kanalisation oder

‑ Versagen der Rückstausicherungen

jeweils verursacht durch außergewöhnliche und/oder langanhaltende Niederschläge, wodurch Niederschlags‑ und/oder Abwasser bestimmungswidrig durch Abwasserleitungen oder daran angeschlossenen Einrichtungen in die versicherten Gebäude eindringt.

...“

Nach Erstattung einer Schadensmeldung im Zusammenhang mit dem Überflutungsereignis vom 20./21. 6. 2012 stellten sich drei voneinander unabhängige Schadensereignisse heraus:

Der erste Schaden trug sich im Bereich eines Schachts außerhalb des Gebäudes zu, der im Bereich eines Richtungswechsels der Abflussleitung liegt, die vom nicht unterkellerten Bad auf der rechten Seite des Stiegenhauses kommt. Die Sanierungskosten für den dadurch entstandenen Kanalschaden im Hofbereich mit Durchfeuchtung der Kellerwände betragen 3.374 EUR (4.374 EUR abzüglich von Beklagter gezahlter 1.000 EUR).

Das zweite Schadensereignis verursachte Schäden am Kellerboden. Strittig sind noch angefallene Sanierungskosten von 12.090 EUR (15.090 EUR zuzüglich 1.100 EUR für beschädigte Gegenstände und deren Entfernung abzüglich von Beklagter gezahlter 3.000 EUR für die Sanierung und 1.100 EUR aus dem Titel Haushaltsversicherung). In der Nacht vom 20. auf den 21. 6. 2012 kam es auf Grund außergewöhnlicher Niederschläge zu einer Überlastung des Straßenkanals und in der Folge zu einem Rückstau des Wassers im Halbschalenkanal unterhalb der Bodenplatte des Kellers im Haus der Klägerin. Der dabei auftretende hydrostatische Druck führte zum Bruch der über dem Kanal liegenden Bodenplatte, wodurch Wasser ungehindert in den Keller austreten konnte. Die Abdeckplatten eines Halbschalenkanals dichten grundsätzlich nicht ab. Bei Vollstau des Kanals und „Unter‑Druck‑Setzen“ von außen durch das Wasser tritt dieses zuerst über die Abdeckplatten im Scheitel des Kanals in die Umgebung aus. Von dort gelangt es unter die Bodenplatte.

Das dritte Schadensereignis betrifft einen Schaden im Erdgeschoss des Hauses im Bereich des nicht unterkellerten Bades/WCs. Die restlichen Sanierungskosten betragen 5.460 EUR (6.460 EUR abzüglich von Beklagter gezahlter 1.000 EUR). Die eigentliche Schadstelle der beschädigten Leitung, die zum Teil auch im Bereich der Bodenplatte des Gebäudes verläuft, lag im Erdreich und damit außerhalb des Betonfundaments des Gebäudes, aber innerhalb dessen Grundrisses.

Die Klägerin begehrte von der Beklagten 34.551,25 EUR sA an Schadensbehebungskosten für die drei ‑ von ihr selbst als nicht in Zusammenhang stehend bezeichneten ‑ Schadensfälle, die sie in nahem zeitlichen Zusammenhang beheben ließ. Beim ersten Schaden handle es sich nicht um eine typische, wasserführende Rohrleitung außerhalb des Gebäudes. Die undicht gewordene Leitung sei eine Haussystemleitung und daher so zu betrachten, als ob sie insgesamt im Inneren des Hauses verlaufen würde. Beim zweiten Schaden handle es sich um einen Rohrbruch durch Druckerhöhung im System, der vom Versicherungsschutz gedeckt sei. Infolge eines ‑ keinesfalls außergewöhnlichen - Starkregens sei es zu einem Druckaufbau des unter dem Haus verlaufenden Abwasserkanals gekommen. Offensichtlich infolge Materialermüdung sei der Halbschalenkanal gebrochen und habe auf die Bodenplatte des Kellers gedrückt und diese gesprengt. Beim dritten Schadensfall sei der Korrosionsschaden in der Bodenplatte und daher keinesfalls „im Freien“ oder „außerhalb des Gebäudes“ gelegen.

Die Beklagte wandte ein, dass es sich beim ersten und dritten Schadensereignis jeweils um Rohrbrüche am Ablauf im Freien auf dem versicherten Grundstück gehandelt habe. Gemäß Art 2.3. AWB seien Bruchschäden an wasserführenden Rohrleitungen außerhalb von Gebäuden nicht versichert. Aus Art 3.5.1. ZHK‑02.1 ergebe sich jedoch eine Zusatzdeckung für außerhalb des Gebäudes befindliche Ableitungsrohre, welche mit einer Erstrisikosumme von 1.000 EUR versichert gewesen seien. Demgemäß seien auf den ersten und dritten Schadensfall insgesamt 2.000 EUR gezahlt worden. Der zweite Schadensfall sei ein Rückstauschaden samt Austritt von Fäkalwasser im Kellerbereich des versicherten Gebäudes. Durch massiven Niederschlag sei es zu einer Überlastung des öffentlichen Kanals und anschließend zu einem Kanalrückstau gekommen. Die Halbschalenleitung sei kapazitätsmäßig überfordert gewesen, weshalb die darüber angebrachte Betonplatte samt Estrich gehoben und beschädigt worden sei. Gemäß Art 2.14. AWB seien derartige Schäden nicht versichert. Allerdings ergebe sich aus der vereinbarten Zusatzklausel Art 3.2. GaN‑02 eine Mitversicherung derartiger Rückstauschäden mit einer Versicherungssumme von 3.000 EUR. Dieser Betrag sowie ein weiterer von 1.100 EUR als Ersatz für die im Keller gelagerten und beschädigten Gegenstände inklusive Aufräum- und Abbruchkosten von 300 EUR seien ebenfalls an die Klägerin gezahlt worden.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Beim ersten Schadensfall liege der Schacht, in dem es zum Rohrbruch gekommen sei, außerhalb des Gebäudes. Gemäß Art 2.3. AWB seien jedoch Bruchschäden an wasserführenden Leitungen außerhalb von Gebäuden nicht versichert. Dieser Risikoausschluss sei auch beim dritten Schadensereignis verwirklicht, weil sich das Ableitungsrohr „im Bereich des Schadens“ außerhalb der Bodenplatte des Gebäudes befunden habe. Beim zweiten Schadensfall liege ein Rückstauschaden im Sinn des Art 2.14. AWB in Verbindung mit der in den Versicherungsbedingungen enthaltenen Definition für einen Rückstau vor, weil die Betonabdeckplatten des in der Fußbodenkonstruktion verlegten Halbschalenkanals durch den massiven Druck des eintretenden Fäkalwassers angehoben und der darauf befindliche Estrich beschädigt worden sei. Das erstinstanzliche Urteil erwuchs hinsichtlich der Abweisung eines Teilbetrags von 13.377,25 EUR sA in Rechtskraft.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin, mit der sie die Abweisung von 21.174 EUR sA bekämpfte, nicht Folge. Rechtlich führte es zum ersten und zum dritten Schadensereignis aus, nach Art 2.3. AWB komme es darauf an, dass der an wasserführenden Rohrleitungen auftretende Bruchschaden außerhalb des Gebäudes liege. Der Zweck dieser Bestimmung sei objektiv einleuchtend, seien doch wasserführende Rohrleitungen außerhalb von Gebäuden zusätzlich diversen Umwelteinflüssen ausgesetzt, weshalb von einer erhöhten Schadensgeneigtheit auszugehen sei. Für einen durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmer sei klar, dass grundsätzlich alle außerhalb eines Gebäudes befindlichen wasserführenden Rohrleitungen (genauer: Rohrleitungsteile) keinen Versicherungsschutz genießen. Auf Grund der in der Leitungswasserschadenversicherung enthaltenen Sonderregelung [Art 3.5.1. ZHK‑02.1] seien (vom Versicherungsschutz an sich ausgenommene) Ableitungsrohre mit einer Versicherungssumme von 1.000 EUR auf erstes Risiko versichert. Eine einschränkende Auslegung des Versicherungsausschlusses nach Art 2.3. AWB komme angesichts der aufgezeigten Interessenlage nicht in Betracht. Das erste Schadensereignis habe im Außenbereich stattgefunden. Auch beim dritten Schaden liege die Schadstelle im Erdreich und damit außerhalb des Betonfundaments des Gebäudes. Es liege jeweils der Versicherungsausschluss des Art 2.3. AWB vor.

Zum zweiten Schadensereignis führte es aus, die Definition in den Bedingungen für außergewöhnliche Ereignisse GaN‑02 beziehe sich nicht auf den Versicherungsausschluss des Art 2.14. AWB, sondern sei nur für die Sturmschadenversicherung und zwar für das versicherte Risiko „Außergewöhnliche Naturereignisse auf erstes Risiko“ mit einer Versicherungssumme von 3.000 EUR relevant. Nach Art 2.14. AWB sei unter anderem jeglicher Schaden eines aus Witterungsniederschlägen resultierenden Wasserrückstaus und nicht bloß ein durch ein außergewöhnliches Naturereignis verursachter Wasserrückstau vom Versicherungsschutz ausgenommen. Da es auf Grund starker Niederschläge zu einer Überlastung des Straßenkanals und damit zu einem Druckaufbau im Halbschalenkanal gekommen sei, liege dieser Versicherungsausschluss vor. Darüber hinaus sei auch entsprechend Art 3.2. GaN‑02 Abwasser bestimmungswidrig durch Abwasserleitungen oder daran angeschlossene Einrichtungen in das versicherte Gebäude eingedrungen, sei es doch durch den rückstaubedingten Druckaufbau zum Bruch der über dem Kanal liegenden Bodenplatte und damit zum Wassereintritt in den Keller gekommen.

Das Berufungsgericht ließ nachträglich gemäß § 508 Abs 3 ZPO die Revision zu, weil zur Definition des Rückstaus im Sinn der Versicherungsbedingungen keine höchstgerichtliche Rechtsprechung vorliege.

Rechtliche Beurteilung

Die von der Beklagten beantwortete Revision der Klägerin ist hinsichtlich eines Teilbetrags von 3.374 EUR sA jedenfalls unzulässig; hinsichtlich der beiden weiteren Zahlungsbegehren ist sie zulässig, jedoch nicht berechtigt.

I. Zum ersten Schadensfall über 3.374 EUR sA:

Die Klägerin macht nach den Klagsbehauptungen drei verschiedene Schadensfälle geltend, die sie in nahem zeitlichen Zusammenhang beheben ließ und wovon sie nur das zweite Schadensereignis zeitlich zuordnet. Die drei Versicherungsfälle, aus denen sie das ‑ im Berufungsverfahren strittige ‑ restliche Entschädigungsbegehren von 21.174 EUR (davon 3.374 EUR sA für den ersten Schadensfall, 12.090 EUR sA für den zweiten und 5.710 EUR sA für den dritten) ableitet, stehen miteinander in keinem tatsächlichen oder rechtlichen Zusammenhang, weil ihre Ursachen nicht auf denselben Sachverhalt zurückzuführen sind. Es liegt auch nicht etwa ein gedehnter Versicherungsfall vor, ist doch die Kausalität der Gefahrenverwirklichung in allen drei Versicherungsfällen verschieden. Dass sich die drei Entschädigungsbegehren rechtlich aus einem von der Klägerin mit der Beklagten abgeschlossenen Versicherungsvertrag ableiten, steht nicht dem Umstand entgegen, dass die geltend gemachten Ansprüche grundsätzlich ein eigenes rechtliches Schicksal haben und die Leistungsverpflichtung der Beklagten aus den einzelnen Entschädigungsfällen verschieden ist (7 Ob 2083/96s = RIS‑Justiz RS0106626; Gitschthaler in Fasching/Konecny³ § 55 JN Rz 21/1). Eine Zusammenrechnung der Entschädigungssummen nach § 55 Abs 1 Z 1 JN findet daher nicht statt. Hat das Berufungsgericht ‑ wie hier ‑ über mehrere Entscheidungs-gegenstände entschieden, deren Werte nicht zusammenzurechnen sind, ist die Revisionszulässigkeit für jeden einzelnen Entscheidungsgegenstand gesondert zu beurteilen (§ 55 Abs 4 JN). Die Revision ist somit im Umfang von 3.374 EUR sA (erster Schadensfall) gemäß § 502 Abs 2 ZPO jedenfalls unzulässig.

II.

1. Allgemeine Versicherungsbedingungen sind nach ständiger Rechtsprechung nach den Grundsätzen der Vertragsauslegung (§§ 914, 915 ABGB) auszulegen, und zwar orientiert am Maßstab des durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmers und stets unter Berücksichtigung des erkennbaren Zwecks einer Bestimmung (RIS‑Justiz RS0050063 [T71]; RS0112256 [T10]). Es findet deshalb auch die Unklarheitenregelung des § 915 ABGB Anwendung. Unklarheiten gehen daher zu Lasten der Partei, von der die Formulare stammen, das heißt im Regelfall zu Lasten des Versicherers (RIS‑Justiz RS0050063 [T3]). Die Klauseln sind, wenn sie nicht Gegenstand und Ergebnis von Vertragsverhandlungen waren, objektiv unter Beschränkung auf den Wortlaut auszulegen (RIS‑Justiz RS0008901).

2. Die allgemeine Umschreibung des versicherten Risikos erfolgt durch die primäre Risikobegrenzung. Durch sie wird in grundsätzlicher Weise festgelegt, welche Interessen gegen welche Gefahr und für welchen Bedarf versichert sind. Auf der zweiten Ebene (sekundäre Risikobegrenzung) kann durch einen Risikoausschluss ein Stück des von der primären Risikoabgrenzung erfassten Deckungsumfangs ausgenommen und für nicht versichert erklärt werden. Der Zweck liegt darin, dass ein für den Versicherer nicht überschaubares und kalkulierbares Teilrisiko ausgenommen und eine sichere Kalkulation der Prämie ermöglicht werden soll. Mit dem Risikoausschluss begrenzt also der Versicherer von vornherein den Versicherungsschutz, ein bestimmter Gefahrenumstand wird von Anfang an von der versicherten Gefahr ausgenommen (RIS‑Justiz RS0080166 [T10]; RS0080068). Als Ausnahmetatbestände, die die vom Versicherer übernommene Gefahr einschränken oder ausschließen, dürfen Ausschlüsse nicht weiter ausgelegt werden, als es ihr Sinn unter Betrachtung ihres wirtschaftlichen Zwecks und der gewählten Ausdrucksweise sowie des Regelungszusammenhangs erfordert. Den Beweis für das Vorliegen eines Risikoausschlusses als Ausnahmetatbestand hat der Versicherer zu führen (RIS‑Justiz RS0107031).

3. Zum zweiten Schadensfall über restliche 12.090 EUR sA:

3.1. Nach Art 1.1. AWB sind in der Leitungswasserversicherung Sachschäden versichert, die durch die unmittelbare Einwirkung von Leitungswasser eintreten, das aus wasserführenden Rohrleitungen, Armaturen oder angeschlossenen Einrichtungen austritt (vgl dazu 7 Ob 6/08w = RIS‑Justiz RS0123409). Art 2 AWB enthält dazu Ausschlüsse. Nach Art 2.14. AWB sind ‑ auch nicht als unvermeidliche Folge eines Schadensereignisses ‑ Schäden durch Grundwasser, Hochwasser, Überschwemmung, Vermurung, Wasser aus Witterungsniederschlägen und dadurch verursachter Rückstau nicht versichert. Die ausgeschlossenen Arten von Wasser und die Vermurung kommen in aller Regel nicht aus Leitungen; schon deshalb sind Schäden durch sie nicht gedeckt. Da es diesbezüglich an der Einwirkung von Leitungswasser fehlt, kommt dem Risikoausschluss insofern nur deklaratorische (also klarstellende) Bedeutung zu (in diesem Sinn auch 7 Ob 147/00v [Art 3 Abs 1 lit d AWB 1986]). Der Ausschluss hat aber konstitutive Bedeutung für die Fälle, in denen der durch die genannten Wassermassen sowie die Vermurung hervorgerufene Rückstau Schadensursache ist, weil er ohne den Ausschluss als Schaden auf Grund einer mit der Wasserversorgung verbundenen Einrichtung gedeckt wäre (Martin, Sachversicherungsrecht³ [1992] F IV Rn 34; Hahn in Beckmann/Matusche‑Beckmann, Versicherungsrechts-Handbuch² § 34 Rn 22; Johannsen in Terbille/Höra, Münchener Anwaltshandbuch Versicherungsrecht³ [2013] § 6 Rn 24). Nicht versichert ist insbesondere der Rückstau in den Leitungen nach Niederschlägen. In ähnlichem Zusammenhang hat der Oberste Gerichtshof bereits ausgesprochen, dass Durchfeuchtungsschäden, die nicht auf das Austreten von Leitungswasser, sondern auf einen Rückstau von Niederschlags‑ oder Grundwasser zurückzuführen sind, nicht unter die versicherte Gefahr fallen (7 Ob 2/95 [Art 2 Abs 4 ABH 1984] = RIS‑Justiz RS0081017).

Den Begriff „Rückstau“ versteht ein verständiger Versicherungsnehmer dahin, dass Niederschlagswasser in erheblichen Mengen in die Abwasserleitungen gelangt und von dort nicht mehr in der vorgesehenen Weise abgeführt werden kann. Bei Rückstau dringt Wasser bestimmungswidrig durch gebäudeeigene Ableitungsrohre und damit verbundene Einrichtungen in das Gebäude ein (Jula in Bruck/Möller, Versicherungsvertragsgesetz9 7. Band VHB 2010 A § 5 Rn 18).

3.2. Nach den Feststellungen kam es in der Nacht vom 20. auf den 21. 6. 2012 auf Grund außergewöhnlicher Niederschläge zu einer Überlastung des Straßenkanals und damit zu einem Rückstau des Wassers im Halbschalenkanal unterhalb der Bodenplatte im Keller des Hauses der Klägerin. Der dabei auftretende hydrostatische Druck führte zum Bruch der über dem Kanal liegenden Bodenplatte, wodurch Wasser ungehindert in den Keller austreten konnte. Damit ist der Risikoausschluss des Art 2.14. AWB verwirklicht, sind doch alle Schäden durch Wasser aus Witterungsniederschlägen und dadurch verursachter Rückstau vom Versicherungsschutz ausgenommen. Dass der Bruch der über dem Abwasserkanal liegenden Bodenplatte als Schaden, der durch den Rückstau verursacht wurde, nicht versichert ist, ist ‑ entgegen der Ansicht der Klägerin ‑ für einen durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmer einleuchtend.

3.3. Die Klägerin begehrt von der Beklagten eine Versicherungsleistung aus der Leitungswasserversicherung. Zutreffend führte das Berufungsgericht aus, dass sich die Definition des Rückstaus in Art 3.2. GaN‑02 nicht auf den Risikoausschluss des Art 2.14. AWB bezieht, sondern nur für die Sturmschadenversicherung und zwar für das versicherte Risiko „Außergewöhnliche Naturereignisse auf erstes Risiko“ relevant ist. Die Sonderbedingungen für „Außergewöhnliche Naturereignisse“ sind keine Auslegungshilfe für den Begriff Rückstau in der Leitungswasserversicherung. Der Risikoausschluss nach Art 2.14. AWB erfasst (soweit hier relevant) nicht nur den Rückstau infolge außergewöhnlicher oder lang anhaltender Niederschläge, sondern jeglichen Schaden eines aus Witterungsniederschlägen resultierenden Wasserrückstaus. Für einen durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmer lässt eine Sonderbedingungslage für die Sturmschaden- und Haushaltsversicherung keine Rückschlüsse auf einen in der Leistungswasserversicherung speziell angeordneten Risikoausschluss zu.

4. Zum dritten Schadensfall über (begehrte) 5.710 EUR sA:

4.1. Nach Art 2.3. AWB sind ‑ abweichend von der Gefahrtragungsregelung des Art 1.2.2. AWB ‑ Bruchschäden an wasserführenden Rohrleitungen außerhalb von Gebäuden vom Versicherungsschutz ausgenommen. Diese Bedingung schließt Schäden an gebrochenen Rohren außerhalb von Gebäuden von der versicherten Gefahr aus. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch beschreibt der Begriff „außerhalb“ den räumlichen Bereich, der jenseits der Wände, des Dachs und des Bodens des Gebäudes liegt. Außerhalb des Gebäudes befinden sich solche Rohre, die jenseits der Außenmauern oder jenseits der das Gebäude umfassenden und damit gleichermaßen abgrenzenden Fundamentmauern verlegt sind. Damit sind auch noch wasserführende Rohrleitungsteile, die unterhalb des Kellerbodens zwischen den Fundamenten und in den Fundamenten selbst verlaufen, versichert (vgl BGH IV ZR 137/97 = NVersZ 1998, 120; Martin aaO E I Rn 94). Der Sinn und Zweck dieses Risikoausschlusses liegt zum einen darin, dass bei außerhalb des Gebäudes verlegten Rohrleitungen ein besonderer Aufwand für die Schadensfeststellung und ‑beseitigung entstehen kann, und zum anderen in deren größerer Schadenshäufigkeit (vgl BGH aaO). Zutreffend argumentierte das Berufungsgericht, für einen durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmer sei klar, dass nach Art 2.3. AWB alle außerhalb eines Gebäudes befindlichen wasserführenden Rohrleitungsteile keinen Versicherungsschutz genießen. Ansonsten hätte auch Art 3.5.1. ZHK‑02.1 keinen Sinn, der gerade in Erweiterung von Art 2.3. AWB Bruchschäden außerhalb des Gebäudes mit der vereinbarten (und von der Beklagten gezahlten) Versicherungssumme von 1.000 EUR wieder mitversichert. Entgegen der Ansicht der Klägerin kommt es nur darauf an, dass sich der Bruchschaden an einem Rohrleitungsteil außerhalb des Gebäudes verwirklicht, nicht maßgebend ist, ob ein Teil der Rohrleitung auch in das Gebäude führt.

4.2. Die schadhafte Stelle der beschädigten Leitung lag beim dritten Schadensfalls im Erdreich außerhalb des Betonfundaments des Gebäudes. Damit besteht nach Art 2.14. AWB kein Versicherungsschutz. Selbst wenn nach den Feststellungen des Erstgerichts mit dem Wort „außerhalb“ gemeint sein sollte, dass der Bruchschaden unterhalb des Betonfundaments eintrat, bestünde keine Deckungspflicht der Beklagten, weil die Unterkanten der Fundamentmauern das Gebäude nach außen abgrenzen und ein Leitungswasserschaden jenseits dieses Bereichs im Erdreich außerhalb des Gebäudes liegt.

5. Der Revision der Beklagten ist daher hinsichtlich der beiden Entschädigungsbegehren von insgesamt 17.800 EUR sA nicht Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 Abs 1 und 50 ZPO. Die Beklagte hat hinsichtlich des Teilbetrags von 3.374 EUR sA auf die absolute Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.

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