OGH 7Ob231/14t

OGH7Ob231/14t28.1.2015

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Hofrätin Dr.

Kalivoda als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Höllwerth, Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Malesich und Dr. Singer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S***** s.r.l., *****, vertreten durch Dr. Franz Gütlbauer und andere Rechtsanwälte in Wels, und der Nebenintervenientin H*****gesmbH, *****, vertreten durch Doralt Seist Csoklich Rechtsanwalts-Partnerschaft OG in Wien, gegen die beklagte Partei D***** S.R.L., *****, vertreten durch Dax & Partner Rechtsanwälte GmbH in Eisenstadt, und die Nebenintervenientin U***** GesmbH, *****, vertreten durch Rechtsanwälte Steflitsch OG in Oberwart, wegen Feststellung, über den „außerordentlichen“ Revisionsrekurs der auf Seiten der beklagten Partei beigetretenen Nebenintervenientin gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 19. November 2014, GZ 5 R 152/14f‑74, womit der in das Urteil aufgenommene Beschluss des Landesgerichts Eisenstadt vom 8. August 2014, GZ 3 Cg 50/12p-68, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0070OB00231.14T.0128.000

 

Spruch:

Die Akten werden dem Erstgericht zurückgestellt.

Text

Begründung

Die U***** GesmbH (in der Folge: Fa U*****) beauftragte die auf Seiten der Klägerin beigetretene Nebenintervenientin mit der Organisation des Transports von Stahlkonstruktionsteilen. Diese beauftragte die Klägerin als Unterfrachtführerin mit dem Transport, die sich zur Ausführung des Auftrags der Beklagten als weitere Unterfrachtführerin bediente; deren Lenker verursachte einen Verkehrsunfall, bei dem die Ladung der Fa U***** beschädigt wurde.

Die Fa U***** klagte in der Folge unter Berufung auf ein Fehlverhalten des Lenkers die Hauptfrachtführerin (als Erstbeklagte), die (hier) Beklagte (als Zweitbeklagte) und den Lenker (als Drittbeklagten) auf Schadenersatz in Höhe von 23.633,40 EUR. Bis zur Entscheidung des Erstgerichts lag eine Sachentscheidung gegen die Hauptfrachtführerin nicht vor. Die gegen die (hier) Beklagte und den Lenker ergangenen Versäumungsurteile wurden rechtskräftig.

Im vorliegenden Verfahren begehrt die Klägerin von der Beklagten die Feststellung der Haftung für alle Ansprüche, die die Klägerin selbst aus ihrer Haftung als Frachtführerin aus dem gegenständlichen Transport zu erfüllen habe. Sie bewertete das Feststellungsbegehren mit 20.000 EUR.

Die Fa U***** trat zuletzt auf Seiten der Beklagten dem Rechtsstreit bei.

Die Klägerin beantragte die Zurückweisung dieser Nebenintervention.

Das Erstgericht ließ den Beitritt der Fa U***** zu.

Das Rekursgericht gab dem dagegen von der Klägerin erhobenen Rekurs Folge und wies die Nebenintervention zurück. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 5.000 EUR, nicht aber 30.000 EUR übersteige und dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Zum Bewertungsausspruch verwies das Rekursgericht auf die klägerische Bewertung des Feststellungsbegehrens.

Gegen diese Entscheidung richtet sich das als außerordentlicher Revisionsrekurs bezeichnete Rechtsmittel der Fa U*****.

Das Erstgericht legte das Rechtsmittel dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung vor.

Diese Vorgangsweise widerspricht der Rechtslage:

Rechtliche Beurteilung

1. Der Bewertungsausspruch des Gerichts zweiter Instanz ist unanfechtbar und für den Obersten Gerichtshof grundsätzlich bindend, es sei denn, das Gericht zweiter Instanz hätte zwingende Bewertungsvorschriften verletzt oder den ihm vom Gesetzgeber eingeräumten Ermessensspielraum überschritten (RIS-Justiz RS0042450 [T7, T19], RS0042515 [T8], RS0042410 [T26], RS0042385 [T15]). Bestehen ‑ wie hier ‑ keine zwingenden Bewertungsvorschriften, so hat sich die Bewertung am objektiven Wert der Streitsache zu orientieren; nur eine offenkundige Fehlbeurteilung wäre aufzugreifen (RIS-Justiz RS0118748, RS0042450 [T8], RS0042515 [T7]). Eine solche offenkundige Unterbewertung ist hier nicht erkennbar. Die Revisionsrekurswerberin macht zwar im gegen die Hauptfrachtführerin geführten Verfahren an Kapital 23.633,40 EUR geltend; dabei ist jedoch ungewiss, ob sie überhaupt einen (teilweisen) Verfahrenserfolg erzielen kann. Dazu kommt, dass die Revisionsrekurswerberin aufgrund der rechtskräftigen Versäumungsurteile zusätzlich von der ‑ hier ‑ Beklagten und dem Fahrzeuglenker Befriedigung erlangen kann. Vor diesem Hintergrund kann auch unter Berücksichtigung der von der Revisionsrekurswerberin angesprochenen, ziffernmäßig gar nicht präzisierten Zinsen und Prozesskosten nicht von einer offenkundigen Unterbewertung ausgegangen werden. Das Rekursgericht hat daher den ihm eingeräumten Ermessensspielraum nicht überschritten.

2. In Streitigkeiten, in denen der Entscheidungsgegenstand zwar 5.000 EUR, nicht aber 30.000 EUR übersteigt und in denen das Gericht zweiter Instanz die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses ausgesprochen hat, ist nach § 528 Abs 2 Z 1a ZPO - vorbehaltlich des § 528 Abs 2a ZPO ‑ der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig. In diesem Fall ist auch kein außerordentlicher Revisionsrekurs zulässig (§ 528 Abs 3 ZPO), sondern es kann gemäß § 528 Abs 2a iVm § 508 ZPO ein mit einem ordentlichen Revisionsrekurs verbundener Abänderungsantrag beim Rekursgericht gestellt werden. Auch wenn das Rechtsmittel als „außerordentliches“ bezeichnet wird, ist es nicht dem Obersten Gerichtshof vorzulegen, der erst darüber entscheiden kann, wenn das Gericht zweiter Instanz seinen Ausspruch dahingehend abgeändert hat, dass ein ordentliches Rechtsmittel doch zulässig sei (RIS-Justiz RS0109623).

3. Es ist daher die aus dem Spruch ersichtliche Rückleitungsanordnung zu treffen. Ob auf Grund des fehlenden ausdrücklichen Antrags auf Abänderung des Zulässigkeitsausspruchs die Einleitung eines Verbesserungsverfahrens erforderlich ist, ist von den Vorinstanzen zu beurteilen (RIS‑Justiz RS0109623 [T5]).

Stichworte