European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0110OS00122.14X.0113.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil wurde der Angeklagte Kurt W***** des Verbrechens des Mordes nach §§ 15, 75 StGB schuldig erkannt.
Danach hat er am 14. Dezember 2013 in R***** seine Ehefrau Susanne W***** vorsätzlich zu töten versucht, indem er ihr gegenüber unter Vorhalt eines kurz davor mit zwei Schrotpatronen und einer Kugel geladenen kombinierten Kipplaufgewehres mit zwei Schrotläufen (Kaliber 12/70) und einem darunter liegenden Büchsenlauf (Kaliber 7x65R) ankündigte, „Jetzt knall ich dich ab“, und, nachdem es der Genannten gelungen war, ihn aus ihrem Schlafzimmer durch den Vorraum in den Hausflur zurückzudrängen, die Tür zum Hausflur zu schließen sowie diese unter gleichzeitigem Öffnen der Gartentür und unter Hilferufen zuzuhalten, in einem Abstand von zirka 50 cm hinter der geschlossenen Tür stehend und das Gewehr in gebückter Haltung an seiner rechten Körperseite in Hüfthöhe haltend durch diese hindurch gleichzeitig einen Schrot‑ und einen Kugelschuss in einem etwa 10 Grad absteigenden Verlauf abfeuerte, wodurch Susanne W***** eine an sich schwere Verletzung erlitt, die eine 24 Tage weit überschreitende Gesundheitsschädigung und Berufs-unfähigkeit sowie für immer eine auffallende Verunstaltung zur Folge hatte, nämlich Schrotschussverletzungen an beiden Oberschenkeln und Durchschüsse beider Oberschenkel mit Schussbrüchen beider Oberschenkelknochen sowie ausgedehnten Weichteildefekten mit Zerstörung der Haut und der Muskulatur an beiden Oberschenkeln.
Die Geschworenen bejahten die anklagekonform gestellte Hauptfrage 1./ nach im Stadium des Versuchs gebliebenem Mord (§§ 15, 75 StGB). Die nur für den Fall der Verneinung der Hauptfrage 1./ (und der jeweils vorangehenden Eventualfrage[n]) gestellten Eventual-fragen 1./ bis 4./ in Richtung des Verbrechens des Totschlags nach §§ 15, 76 StGB, des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung nach §§ 15, 87 Abs 1 und 2 erster Fall StGB, des Verbrechens der Körperverletzung mit schweren Dauerfolgen nach §§ 83 Abs 1, 85 Z 2 StGB und des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs 1 und 4 zweiter Fall (§ 81 Abs 1 Z 1) StGB blieben folgerichtig unbeantwortet.
Rechtliche Beurteilung
Der Angeklagte bekämpft dieses Urteil mit einer auf § 345 Abs 1 Z 6 und 10a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.
Mit der Fragenrüge (Z 6) kritisiert die Beschwerde einen Verstoß gegen § 314 StPO, weil keine „Eventualfrage nach § 107 StGB“ gestellt wurde, legt jedoch nicht dar, aufgrund welchen konkreten in der Hauptverhandlung vorgekommenen Tatsachensubstrats die erfolgte Schussabgabe bloß als Ankündigung eines künftigen Übels (Jerabek in WK2 StGB § 74 Rz 25; 15 Os 55/13x) anzusehen, somit insgesamt bloß das Vorliegen einer gefährlichen Drohung (mit dem Tode) indiziert gewesen wäre (RIS‑Justiz RS0117447).
Der formelle Nichtigkeitsgrund des § 345 Abs 1 Z 10a StPO greift seinem Wesen nach erst dann, wenn aktenkundige Beweisergebnisse vorliegen, die nach allgemein menschlicher Erfahrung gravierende Bedenken gegen die Richtigkeit der bekämpften Urteilsannahmen aufkommen lassen. Eine über die Prüfung erheblicher Bedenken hinausgehende Auseinandersetzung mit der Überzeugungskraft von Beweisergebnissen ‑ wie sie die Berufung wegen Schuld des Einzelrichterverfahrens einräumt ‑ wird dadurch nicht eröffnet (RIS‑Justiz RS0119583, RS0118780).
Mit ihrem Hinweis auf die sich aus den Gutachten der Sachverständigen Dr. D***** und HR Dr. W***** ergebende Schussposition und -richtung, mit eigenständigen Erwägungen zur Position des Tatopfers im Zeitpunkt der Schussabgabe durch die geschlossene Tür sowie zur Frage der willentlichen Abgabe eines (gleichzeitigen) Schrot‑ und Kugelschusses aufgrund der Eigenart der Waffe und daran angeknüpften Überlegungen zum Vorliegen eines bloß auf eine Körperverletzung gerichteten Vorsatzes oder bloßer Fahrlässigkeit gelingt es der Tatsachenrüge nicht, beim Obersten Gerichtshof solche erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der im Wahrspruch der Geschworenen festgestellten entscheidenden Tatsachen zu erwecken.
Soweit der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang auch Mängel der Sachverhaltsermittlung behauptet, macht er nicht deutlich, wodurch er an der Ausübung seines Rechts, die vermissten Beweisaufnahmen sachgerecht zu beantragen, gehindert war (RIS‑Justiz RS0115823).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits in nichtöffentlicher Beratung zurückzuweisen (§§ 344, 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung des Angeklagten folgt (§§ 344, 285i StPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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