European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0120OS00163.14H.0107.000
Spruch:
Kadir K***** wurde im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Text
Gründe:
In dem von der Staatsanwaltschaft Graz unter anderem gegen Mustafa K***** und Kadir K***** wegen des Verdachts des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen geführten Ermittlungsverfahren wurde mit Beschluss des Einzelrichters des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 25. Oktober 2014 über Kadir K***** die Untersuchungshaft aus den Haftgründen der Flucht- und der Tatbegehungsgefahr nach § 173 Abs 1 und 2 Z 1 und 3 lit b StPO iVm § 35 JGG verhängt und mit 10. November 2014 befristet (ON 23). Nach Durchführung der Haftverhandlung am 10. November 2014 (ON 34) setzte der Einzelrichter mit Beschluss vom 10. November 2014 (ON 35) die Untersuchungshaft aus den genannten Haftgründen fort, wobei die Wirksamkeit dieses Beschlusses mit 10. Dezember 2014 befristet wurde.
Der dagegen gerichteten Beschwerde gab das Oberlandesgericht Graz mit dem nunmehr angefochtenen Beschluss (ON 42) nicht Folge und ordnete aus dem Haftgrund der Tatbegehungsgefahr nach § 173 Abs 2 Z 3 lit b StPO iVm § 35 JGG die Haftfortsetzung an.
Dabei erachtete das Beschwerdegericht Kadir K***** dringend verdächtig, er habe
am 19. Oktober 2014 in G***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit seinem Cousin Mustafa K***** dem Alexander R*****
I./ durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89 StGB) unter Verwendung einer Waffe ein Mobiltelefon im Wert von 120 Euro mit dem Vorsatz abgenötigt, sich durch dessen Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, indem er ihm ein Messer vorhielt und ihn aufforderte, alles, insbesondere das Geld sowie die Bankomatkarte herzugeben, da er ihn ansonsten niederschlagen werde;
II./ durch gefährliche Drohung mit dem Tod zu einer Handlung, nämlich zur Bekanntgabe des PIN‑Codes der von Mustafa K***** zuvor alleine erbeuteten Bankomatkarte und des PIN-Codes des zu Punkt I./ genannten Telefons zu nötigen versucht, indem er ihn unter Vorhalt eines Messers zur Preisgabe der PIN‑Codes aufforderte.
In rechtlicher Hinsicht bejahte das Oberlandesgericht den dringenden Verdacht der Verbrechen des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB (I./) sowie der schweren Nötigung nach §§ 15 Abs 1, 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB (II./).
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen erhobene Grundrechtsbeschwerde des Kadir K***** schlägt fehl.
Da ‑ anders als bei einer Haftbeschwerde an das Oberlandesgericht ‑ nicht die Haft, sondern die Entscheidung über die Haft den Gegenstand des Erkenntnisses über eine Grundrechtsbeschwerde bildet und § 3 Abs 1 GRBG hinsichtlich der dort angeordneten Begründungspflicht des Beschwerdeführers nichts anderes vorsieht (vgl § 10 GRBG), kann nach ständiger Rechtsprechung im Verfahren über eine Grundrechtsbeschwerde die Sachverhaltsgrundlage des dringenden Tatverdachts nur nach Maßgabe der Voraussetzungen der Mängel- und Tatsachenrüge (§ 281 Abs 1 Z 5 und Z 5a StPO) in Frage gestellt werden (RIS‑Justiz RS0112012, RS0110146).
An diesen Anfechtungskriterien geht der Beschwerdeführer vorbei, indem er auf Basis eigenständiger Beweiswerterwägungen aus den vom Oberlandesgericht ohnedies erörterten (BS 4) Bekundungen des Mustafa K***** (ON 32) und der ‑ im Übrigen nicht aktenkonform zitierten ‑ Aussage des Surab M***** (ON 31) andere, für ihn günstigere Schlüsse zieht als das Rechtsmittelgericht, das auch den weiteren Einwand in seine Überlegungen miteinbezog, das erheblich alkoholisierte Tatopfer habe die Täter nicht eindeutig identifizieren können (BS 3). Die weiteren eingehenden Erwägungen, aus denen das Beschwerdegericht die dringende Verdachtslage gegen Kadir K***** ableitete (vgl BS 3 bis 5), lässt die Rüge überdies unbeachtet.
Die rechtliche Annahme der in § 173 Abs 2 StPO genannten Gefahren überprüft der Oberste Gerichtshof im Rahmen des Grundrechtsbeschwerdeverfahrens darauf, ob sich diese angesichts der zugrunde gelegten bestimmten Tatsachen als willkürlich, mit anderen Worten als nicht oder nur offenbar unzureichend begründet darstellt (RIS‑Justiz RS0117806).
Entgegen der Ansicht der Grundrechtsbeschwerde, trotz einschlägiger Vorstrafen rechtfertige eine bloß abstrakte Rückfallsgefahr bei dem sozial integrierten Jugendlichen nicht die Annahme von Tatbegehungsgefahr, hat das Beschwerdegericht die angenommene Prognose formell einwandfrei aus der sich stetig steigernden kriminellen Energie des bereits unter anderem wegen des Verbrechens des Raubes vorbelasteten Angeklagten erschlossen und dabei auch in seine Überlegungen miteinbezogen, dass dieser seit einem Jahr von der Bewährungshilfe betreut wird und auch schon in der Vergangenheit im Kreis seiner Familie gelebt hat (BS 5 f).
Der Hinweis auf den mit Schriftsatz vom 26. November 2014 vorgelegten Lehrvertrag, wonach der Angeklagte umgehend eine Berufsausbildung beginnen könne (ON 44), scheitert schon an dem auch im Grundrechtsbeschwerdeverfahren geltenden
Neuerungsverbot (RIS‑Justiz RS0106584).
Kadir K***** wurde somit im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.
Die Grundrechtsbeschwerde war daher ohne Kostenzuspruch (§ 8 GRBG) abzuweisen.
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