European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:E109972
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.961,64 EUR (darin 326,94 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung:
Die Klägerin errichtete als Bauträgerin und Wohnungseigentumsorganisatorin ein Wohnhaus. Unmittelbar vor dem Beginn des Verkaufs der Wohnungen schloss sie mit einem Energieversorgungsunternehmen einen „Contracting-Vertrag mit Errichtung der Contracting‑Anlagen durch den Contractor“ ab. Dieser Vertrag sah unter anderem die Errichtung einer Heizungsanlage durch diesen Vertragspartner vor. Die Klägerin sollte neben einem Arbeitspreis für die tatsächlich in Anspruch genommenen Energiemengen über einen Zeitraum von 15 Jahren auch einen (wertgesicherten) „Grundpreis“ von anfänglich rund 650 EUR pro Monat zahlen. Der Vertrag sah weiters vor, dass die Heizungsanlage im Eigentum des Vertragspartners bleibt und erst nach Ablauf der Vertragslaufzeit in das Eigentum des Liegenschaftseigentümers übertragen wird. Bei vorzeitiger Vertragsauflösung sollte der Kunde die Anlagen zum jeweiligen Buchwert zuzüglich einer Abschlagszahlung von 10 % erwerben müssen. Die von der Klägerin formulierten Kaufverträge mit den Wohnungskäufern sahen jeweils Fixpreise vor, in denen sowohl die Grund‑ als auch die Baukosten der „schlüsselfertigen vertragsgemäßen Einheit“ einschließlich der Kosten der Erschließung des Grundstücks enthalten sein sollen. In der Baubeschreibung wird unter anderem von einer vollautomatischen Pelletsheizungsanlage samt Lagerfläche für ca ein Jahr und einer Wärmeverteilung mittels zwei Leitersystemen gesprochen; stichwortartig wird „Contracting mit I*“, also dem Energielieferanten, erwähnt. In den Verträgen ist weiters vorgesehen, dass die Verkäuferseite für die Eigentümergemeinschaft mit diesem Lieferanten einen Wärmelieferungsvertrag mit einer Laufzeit von 15 Jahren abschließen wird, welcher von der Käuferseite zu übernehmen sei. Der Geschäftsführer der Klägerin, der für das Projekt unter anderem mit Betriebskosten von 2 EUR/m² geworben hatte, hatte von Anfang an nie die Absicht, das im Kaufvertrag als „Wärmelieferungsvertrag“ bezeichnete Contracting den potentiellen Kaufinteressenten in einer für sie durchschaubaren Weise zu vermitteln, weil er sich dadurch einerseits einen Marktvorteil durch niedrigere Preise und andererseits Gewinnoptimierung versprach. Er stellte den Contracting‑Vertrag weder dem Vertragserrichter noch den Käufern zur Verfügung. Als diese Vorschreibungen für Betriebskostenakonti erhielten, die weit über den angekündigten 2 EUR/m² lagen, wurden sie auf den Contracting‑Vertrag erstmals aufmerksam und verweigerten in der Folge die Zahlung des monatlichen Grundentgelts.
Die Klägerin begehrte nun gegenüber der beklagten Eigentümergemeinschaft die Feststellung, dass diese in den Contracting‑Vertrag eingetreten sei. Mit der Begründung von Wohnungseigentum sei die Beklagte Rechtsnachfolgerin der Klägerin geworden und damit ex lege, aber auch aufgrund der Kaufverträge mit den Wohnungseigentümern in den Vertrag eingetreten. Das rechtliche Interesse der Klägerin an der begehrten Feststellung beruhe darauf, dass sie aufgrund der unzureichenden Zahlungen der Beklagten mit einer gerichtlichen Inanspruchnahme durch den Vertragspartner rechnen müsse.
Die Beklagte wandte im Wesentlichen ein, die Wohnungseigentümer hätten ihre schlüsselfertigen Wohnungen zu Fixpreisen erworben, mit denen auch die Errichtung der Heizungsanlage abgedeckt sei. Deren Errichtungskosten könnten daher nicht über das verrechnete Grundentgelt neuerlich verlangt werden. Die Vertragsklausel über die Übernahme des bestehenden Vertragsverhältnisses sei aufgrund von Verstößen gegen § 6 Abs 3 KSchG, § 864a ABGB und § 879 Abs 3 ABGB unwirksam und verstoße zudem gegen Bestimmungen des BTVG. Schließlich sei die Beklagte nicht passivlegitimiert, weil es nicht um Verwaltungsagenden ginge.
Das Klagebegehren wurde in beiden Instanzen abgewiesen. Nach der Auffassung des Erstgerichts hätten die Wohnungskäufer aufgrund der Formulierung des Kaufvertrags sowie der Bau‑ und Ausstattungsbeschreibung nur mit der Übernahme eines Wärmelieferungsvertrags, nicht aber mit einem Eintritt in einen Contracting‑Vertrag rechnen müssen, aus dem sich ‑ neben dem vereinbarten Fixpreis für das Wohnungseigentumsobjekt ‑ eine weitere Zahlungspflicht für die von der Klägerin ohnehin geschuldete Heizungsanlage ergibt. Das Berufungsgericht verneinte einen Rechtsübergang ex lege und auch einen vertraglichen Rechtsübergang auf die Beklagte. Aber auch bei Bejahung der „Passivlegitimation“ ergebe sich die Unwirksamkeit der Überbindung jedenfalls aus § 38 WEG. Die Revision sei zulässig, weil der Klärung der Frage der „Passivlegitimation“ der Eigentümergemeinschaft bei einer derartigen Vertragskonstruktion für die Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukomme.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen erhobene Revision der Klägerin ist mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig. Die erörterten Rechtsfragen sind überwiegend schon mangels Präjudizialität nicht erheblich (vgl nur RIS‑Justiz RS0088931 [T2, T4, T8]). Dass die versicherungsvertragsrechtliche Norm des § 69 VersVG, der sich auf die Schadensversicherung bezieht, auf den vorliegenden Sachverhalt nicht übertragbar ist, bedarf keiner weiteren Begründung.
Das Berufungsgericht hat die Rechtsunwirksamkeit einer allenfalls zustande gekommenen Vertragsüberbindung im Sinne des § 38 Abs 1 WEG unter anderem damit begründet, eine unbillige Beschränkung der den Wohnungseigentümern zustehenden Nutzungs‑ und Verfügungsrechte liege darin, dass sie verpflichtet wären, innerhalb einer Vertragslaufzeit von 15 Jahren ausschließlich von der betreffenden Energielieferantin Leistungen abzunehmen, und daran gehindert wären, die erforderliche Nutzenergie von Dritten zu beziehen oder selbst zu erzeugen.
Die Revisionswerberin spricht diese Argumentation mit keinem Wort an und zeigt daher in diesem Zusammenhang die unrichtige Lösung einer im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO erheblichen Rechtsfrage nicht auf.
Dem (zutreffenden) Argument des Berufungsgerichts ist noch hinzuzufügen, dass die unbillige Beschränkung der Wohnungseigentümer im Sinne des § 38 Abs 1 WEG nicht bloß in der langen Bindungsdauer, sondern vor allem darin liegt, dass bei einer wirksamen Vertragsübernahme weiters die Verpflichtung bestünde, die Kosten der Herstellung der Heizungsanlage ‑ über den sogenannten Grundpreis ‑ zusätzlich zum vereinbarten Fixpreis für die erworbenen Wohnungseigentumsobjekte zu zahlen ‑ bei „vorzeitiger“ Vertragsauflösung zuzüglich einer Pönale von 10 % ‑, obwohl sich die Klägerin zur Herstellung der Gesamtanlage (einschließlich des Heizungssystems) auf eigene Kosten verpflichtet hatte. Wie die Revisionswerberin unter diesen Umständen behaupten kann, mit dem Abschluss des entsprechenden „Contracting‑Vertrags“ ‑ dessen Überbindung auf die Wohnungskäufer von vornherein beabsichtigt war ‑ habe sie lediglich „legitime Interessen der Allgemeinheit verfolgt“ und „ausschließlich die Energieversorgung der Wohnanlage beabsichtigt“, ist nicht nachvollziehbar. Die Auffassung des Berufungsgerichts, es liege eine (unwirksame) unbillige Beschränkung der „Nutzungs‑ und Verfügungsrechte“ der Wohnungseigentümer im Sinne des § 38 Abs 1 WEG vor, ist ‑ va unter Berücksichtigung der Fälle der Z 2 und Z 5 ‑ nicht zu beanstanden.
Ist nun von der Unwirksamkeit einer allenfalls getroffenen Vereinbarung über eine Vertragsübernahme auszugehen, bedarf es keiner weiteren Stellungnahme zu den übrigen Revisionsausführungen (§ 510 Abs 3 ZPO). Es muss damit insbesondere weder geklärt werden, ob die Überbindung des konkreten Contracting‑Vertrags wirklich Gegenstand der Willenseinigung mit den einzelnen Wohnungskäufern war, noch ob eine solche Überbindung dazu geführt hätte, dass die beklagte Eigentümergemeinschaft ‑ und nicht etwa die einzelnen Wohnungseigentümer ‑ im Rahmen ihrer Verwaltungsagenden in den Vertrag mit den Energielieferanten eingetreten wäre.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 50 Abs 1, 41 Abs 1 ZPO. Die Beklagte hat auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen, sodass sich ihre Revisionsbeantwortung als zweckentsprechende Rechtsverteidigungsmaßnahme darstellt.
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