OGH 13Os119/14w

OGH13Os119/14w18.12.2014

Der Oberste Gerichtshof hat am 18. Dezember 2014 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Michel, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Brenner in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Bachl als Schriftführerin in der Strafsache gegen Elena B***** (nunmehr P*****) und einen weiteren Angeklagten wegen des Vergehens der mittelbaren unrichtigen Beurkundung oder Beglaubigung nach § 228 Abs 2 StGB, AZ 52 U 68/08t des Bezirksgerichts Salzburg, über die von der Generalprokuratur gegen das Urteil dieses Gerichts vom 18. September 2008 (ON 62) erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Janda zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0130OS00119.14W.1218.000

 

Spruch:

 

In der Strafsache AZ 52 U 68/08t des Bezirksgerichts Salzburg verletzt das Urteil dieses Gerichts vom 18. September 2008 (ON 62) § 228 Abs 2 StGB.

Das Urteil wird aufgehoben und in der Sache selbst zu Recht erkannt:

 

Elena B***** (nunmehr P*****) und Vitali P***** werden von der wider sie erhobenen Anklage, sie hätten am 3. Oktober 2007 in Salzburg eine gutgläubig hergestellte unrichtige inländische öffentliche Urkunde, nämlich die am 2. Oktober 2007 vom Standesamt Baden ausgestellte Geburtsurkunde Nr ***** betreffend Georgina B*****, geboren am *****, deren Unrichtigkeit von ihnen vorsätzlich dadurch bewirkt worden war, dass sie eine mit 30. August 2004 datierte Vaterschaftserklärung des Vitali P***** vorlegten, obwohl sie wussten, dass dieser nicht der Vater ist, im Rechtsverkehr durch Vorlage bei der Fremdenpolizei Salzburg gebraucht, gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.

 

Gründe:

Mit in Rechtskraft erwachsenem, in gekürzter Form ausgefertigtem Urteil des Bezirksgerichts Salzburg vom 18. September 2008, GZ 52 U 68/08t‑62, wurden Elena B***** und Vitali P***** wegen der aus dem Spruch ersichtlichen Tat des Vergehens der mittelbaren unrichtigen Beurkundung oder Beglaubigung nach § 228 Abs 2 StGB schuldig erkannt.

Rechtliche Beurteilung

Wie die Generalprokuratur in ihrer gemäß § 23 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes zutreffend ausführt, steht der Schuldspruch mit dem Gesetz nicht im Einklang:

§ 228 StGB dient dem Schutz inländischer öffentlicher Urkunden sowie inländischer öffentlicher Beglaubigungszeichen vor unrichtiger Beurkundung. Beurkundet werden die den Zweck der Errichtung bildenden Tatsachen, die den jeweils maßgebenden Vorschriften zu entnehmen sind („errichtungsbezogener Wahrheitsschutz“; vgl 13 Os 31/03 zu § 311 StGB; Leukauf/Steininger Komm³ § 228 RN 5a; Kienapfel/Schmoller StudB BT III² § 228 Rz 16, 18; RIS‑Justiz RS0119212; Kienapfel/Schroll in WK² StGB § 228 Rz 16, 18 ff).

Demnach muss der Täter im ersten Fall des § 228 Abs 1 StGB bewirken, dass eine im Errichtungszweck der Urkunde gelegene Tatsache gutgläubig unrichtig beurkundet wird und im Fall des Abs 2 des § 228 StGB eine derart unwahre öffentliche Urkunde im Rechtsverkehr gebrauchen.

Das Geburtenbuch dient der Beurkundung der Lebendgeburt eines Kindes (§ 1 PStG idF BGBl 1983/60 iVm § 19 PStG idF BGBl 1995/25). Geburtsurkunden stellen einen Auszug aus dem Geburtenbuch dar (§ 31 Abs 1 und 2 Z 1 PStG idF BGBl I 2005/100). Da der Umstand der inhaltlichen Richtigkeit des Vaterschaftsanerkenntnisses außerhalb des Errichtungszwecks des Geburtenbuchs liegt, hätte der vorliegende Sachverhalt nicht dem Tatbestand des § 228 Abs 2 StGB unterstellt werden dürfen.

Da sich der aufgezeigte Rechtsfehler zum Nachteil der beiden Angeklagten auswirkte, sah sich der Oberste Gerichtshof veranlasst, die Feststellung der Gesetzesverletzung auf die im Spruch ersichtliche Weise mit

konkreter Wirkung zu verknüpfen (§ 292 letzter Satz StPO).

Vom aufgehobenen Urteil rechtslogisch abhängige Entscheidungen und Verfügungen gelten damit gleichermaßen als beseitigt (RIS‑Justiz RS0100444).

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