European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0120OS00120.14K.1218.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufungen der Angeklagten Yurij V***** und Andrii L***** werden zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen des Angeklagten Orest D***** und der Staatsanwaltschaft werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.
Dem Angeklagten Orest D***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Orest D***** des Verbrechens des schweren und gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1, 130 vierter Fall, 15 Abs 1, 12 dritter Fall StGB schuldig erkannt.
Danach hat er zwischen 10. und 14. Jänner 2014 im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit Yurij V***** und Andrii L***** als Mittäter (§ 12 StGB) anderen fremde bewegliche Sachen in einem 3.000 Euro übersteigenden Wert teilweise durch Einbruch mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz weggenommen und wegzunehmen versucht, wobei er „die Diebstähle und Diebstähle durch Einbruch“ in der Absicht beging, sich durch deren wiederkehrende Begehung durch einen längeren Zeitraum hindurch eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, und zwar:
A./ in K***** auf den Parkplätzen und im Parkhaus der Bergbahnen H*****, indem sie mit einem nicht zur ordnungsgemäßen Öffnung bestimmten Werkzeug den Sperrmechanismus versperrt abgestellter Kraftfahrzeuge überwanden und so in das Fahrzeuginnere eindrangen,
1./ am 12. Jänner 2014 Antje K***** Bargeld in Höhe von 120 Euro, ein Mobiltelefon mit Ladegerät im Wert von 549 Euro, einen iPod mit Kopfhöhrer und Etui im Wert von 150 Euro sowie einen goldenen Armreifen unerhobenen Werts;
2./ am 12. Jänner 2014 Ludwig W***** Bargeld in Höhe von 90 Euro und ein Notebook im Wert von 1.400 Euro;
3./ am 12. Jänner 2014 Nataliia S***** zu erbeutendes Bargeld und Wertgegenstände unerhobenen Werts, wobei diese Tat beim Versuch geblieben ist;
4./ am 13. Jänner 2014 Birthe L***** und Nastasja H***** Bargeld in Höhe von 250 Euro, einen Goldring mit Brillant im Wert von 1.399 Euro und zwei Mobiltelefone im Wert von 300 Euro;
5./ am 13. Jänner 2014 Michael F***** ein Mobiltelefon im Wert von 325 Euro;
B./ am 12. Jänner 2014 in K***** von einem Schiständer
1./ Steven J***** Schi und Stöcke im Gesamtwert von 228 Euro;
2./ Bettina E***** Schi und Stöcke im Gesamtwert von 600 Euro;
C./ am 14. Jänner 2014 in I***** Gewahrsamsträgern des Unternehmens V***** zwei Paar Wanderschuhe im Wert von 358 Euro, wobei Orest D***** zur Tat der unmittelbaren Täter Yurij V***** und Andrii L***** dadurch beitrug, dass er sie in Kenntnis ihres Vorhabens zum Tatort und vom Tatort zurück brachte;
D./ zwischen 10. und 14. Jänner 2014 zu nicht näher bestimmbaren Zeitpunkten in verschiedenen Tiroler Schigebieten unbekannten Geschädigten folgende Gegenstände unerhobenen Werts
1./ eine Fotoausrüstung und ein Fernglas;
2./ drei Paar Schistöcke, ein Paar Schi und eine Schibrille;
3./ Bargeld in Höhe von 492 Euro sowie ausländisches Münzgeld.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich die auf Z 5, 5a und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Orest D*****, der keine Berechtigung zukommt.
Die vom Erstgericht auf die Verwendung des mitgeführten hochprofessionellen Einbruchswerkzeugs und die Wiederholung der Diebstähle an verschiedenen Orten gestützte (US 14 f) Annahme gewerbsmäßiger Tatbegehung (US 11) gründet sich dem Vorwurf der Scheinbegründung (Z 5 vierter Fall) in Form einer „unstatthaften Vermutung zu Lasten des Angeklagten“ zuwider auf die angeführten konkreten Verfahrensergebnisse und ist überdies unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit nicht zu beanstanden.
§ 281 Abs 1 Z 5a StPO will als Tatsachenrüge nur geradezu unerträgliche Feststellungen zu entscheidenden Tatsachen (das sind schuld- oder subsumtionserhebliche Sachverhalte, nicht aber im Urteil geschilderte Begleitumstände oder im Rahmen der Beweiswürdigung angestellte Erwägungen) und völlig lebensfremde Ergebnisse der Beweiswürdigung durch konkreten Verweis auf aktenkundige Beweismittel (bei gleichzeitiger Bedachtnahme auf die Gesamtheit der Beweiswerterwägungen des Erstgerichts) verhindern. Tatsachenrügen, die außerhalb solcher Sonderfälle auf eine Überprüfung der Beweiswürdigung abzielen, beantwortet der Oberste Gerichtshof ohne eingehende eigene Erwägungen, um über den Umfang seiner Eingriffsbefugnisse keine Missverständnisse aufkommen zu lassen (RIS-Justiz RS0118780).
Mit Hinweisen darauf,
- der Zweitangeklagte Yurij V***** habe sich dahin verantwortet, der Beschwerdeführer hätte ihn und den Drittangeklagten Andrii L***** über Aufforderung nach Italien mitgenommen,
- dass Yurij V***** die Frage der Schöffin, ob er gesehen habe, ob der Erstanangeklagte etwas gestohlen habe, mit „nein“ beantwortete,
- wonach der Drittangeklagte angegeben habe, dem Nichtigkeitswerber nicht gesagt zu haben, die verschlossene Tasche mit den Einbruchswerkzeugen mit ins Auto genommen zu haben, und dass Andrii L***** dessen Verantwortung bestätigte, er habe ihm auf Rückfrage mitgeteilt, das Diebsgut gefunden zu haben (insoweit in der Rüge aktenfremd zitiert, weil der Drittangeklagte lediglich ausführte, dass es ein solches Gespräch gegeben haben könnte [ON 81 S 15]), und
- es sei äußerst lebensfremd, Zweit- und Drittangeklagter hätten Orest D***** trotz Belehrung über ihre Rechte und Pflichten (bewusst) nicht belastet, obwohl zu ihm weder eine enge Freundschaft noch eine Familienbindung bestehe,
werden von der Beschwerde beim Obersten Gerichtshof qualifizierte Bedenken im oben aufgezeigten Sinn nicht erweckt.
Vielmehr unternimmt die Tatsachenrüge den Versuch, die Beweiswürdigung der erkennenden Richter nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung zu bekämpfen.
Die pauschale Behauptung der eine Unterstellung der Taten bloß unter § 127 StGB anstrebenden Subsumtionsrüge (Z 10), das Erstgericht habe in Ansehung der Annahme gewerbsmäßiger Absicht die erforderlichen Tatsachen nicht festgestellt, sondern diese allein unter Verwendung der verba legalia in seinen Feststellungen als gegeben angenommen, unterlässt den gebotenen Hinweis, welcher weiterer Konstatierungen es aus Beschwerdesicht bedurft hätte (RIS‑Justiz RS0099620, RS0095939) und weshalb den ‑ keineswegs den bloßen Gesetzestext wiedergebenden ‑ Urteilsannahmen zur gewerbsmäßigen Tendenz (US 11) der ‑ im Übrigen hier gegebene ‑ erforderliche
Sachverhaltsbezug (RIS‑Justiz RS0119090; Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 8) fehlen sollte.
Bleibt unter dem Gesichtspunkt des § 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO anzumerken, dass die Tatrichter aus der Sicht des Obersten Gerichtshofs schon auf Grund der angenommenen, in der Verwendung professionellen Einbruchswerkzeugs und der Zahl der Angriffe gelegenen Tatmodalitäten (US 7 bis 11, 14 f) eine beabsichtigte weitere gleichartige Delinquenz über einen längeren Zeitraum im Ausmaß von zumindest einigen Wochen (vgl RIS‑Justiz RS0107402; Ratz WK‑StPO § 281 Rz 8) zum Ausdruck brachten (Ratz WK‑StPO § 281 Rz 19). Auch für eine amtswegige Maßnahme wurde daher kein Anlass gefunden.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher ‑ ebenso wie die zwar ausgeführten, jedoch nicht angemeldeten (ON 81 S 21 ‑ Rechtsmittelverzicht) ‑ Berufungen der Angeklagten Yurij V***** und Andrii L***** ‑ schon bei nichtöfentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§§ 285d Abs 1, 294 Abs 4, 296 Abs 2 StPO; RIS‑Justiz RS0100243), woraus sich die Kompetenz des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen des Angeklagten Orest D***** und der Staatsanwaltschaft ergibt (§ 285i StPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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