OGH 7Ob185/14b

OGH7Ob185/14b10.12.2014

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin Dr. Huber als Vorsitzende und durch die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Hoch, Dr. Kalivoda, Mag. Dr. Wurdinger und Mag. Malesich als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei B***** L*****, vertreten durch MMMag. Dr. Franz Josef Giesinger Rechtsanwalt GmbH in Götzis, gegen die beklagte Partei R***** AG, *****, vertreten durch Mag. Claudia Egarter Rechtsanwältin in Klagenfurt, wegen 8.358 EUR sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Berufungsgericht vom 13. August 2014, GZ 2 R 165/14p‑29, womit das Urteil des Bezirksgerichts Villach vom 29. April 2014, GZ 1 C 752/13b‑22, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 744,43 EUR (darin enthalten 124,07 EUR an USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Begründung

Das Berufungsgericht begründete die Zulassung der ordentlichen Revision damit, dass keine Rechtsprechung dazu vorliege, „wo ‑ im Sinn der AVB ‑ eine Grenzziehung in Bezug auf Dimension und Schwere zwischen Möbelstücken und anderen Haushaltsgegenständen und Objekten zu ziehen ist“.

Rechtliche Beurteilung

Entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden - Ausspruch des Berufungsgerichts ist die Revision jedoch mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage unzulässig. Die Entscheidung kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 ZPO).

Der Oberste Gerichtshof ist zur Entscheidung über Klauseln in Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) nicht „jedenfalls“, sondern nur dann berufen, wenn die zweite Instanz Grundsätze der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs missachtete oder für die Rechtseinheit und Rechtsentwicklung bedeutsame Fragen zu lösen sind (RIS‑Justiz RS0121516 [T37]). Dass AVB, zu denen keine oberstgerichtliche Judikatur vorliegt, grundsätzlich revisibel sind, weil sie in aller Regel einen größeren Personenkreis betreffen, gilt nämlich nach ständiger Rechtsprechung dann nicht, wenn der Wortlaut der betreffenden Bestimmung so eindeutig ist, dass keine Auslegungszweifel verbleiben können (7 Ob 95/12i mwN). Die Auslegung von AVB ist also nur dann revisibel, wenn deren Wortlaut nicht so eindeutig ist, sodass Auslegungszweifel verbleiben können (RIS-Justiz RS0121516).

Dies trifft auf den vom Kläger beim beklagten Versicherer abgeschlossenen Versicherungsvertrag, dem die Allgemeinen Bedingungen für die R***** Wohnungsversicherung (ABWH/***** 4/2003) zugrunde liegen, jedoch nicht zu; dessen maßgebende Bestimmungen lauten auszugsweise:

Deckungsumfang R ***** Wohnungsversicherung

* Selbstbehalt EUR 118,00

[…]

* Bargeld, Valuten, Einlagebücher ohne Klausel,

Schmuck, Briefmarken und Münzensammlungen

in versperrten oder unversperrten, jedoch

geschlossenen Möbeln, Geldschränken oder

Safes bis zu EUR 8.728,00

Die Auslegung von Klauseln in AVB, die nicht Gegenstand und Ergebnis von Vertragsverhandlungen waren, hat nach Vertragsauslegungsgrundsätzen (§§ 914 f ABGB), ausgehend vom Maßstab durchschnittlich verständiger Versicherungsnehmer (RIS-Justiz RS0050063, RS0017960), objektiv unter Beschränkung auf ihren Wortlaut zu erfolgen (RIS-Justiz RS0008901). In allen Fällen ist der einem objektiven Beobachter erkennbare Zweck einer Bestimmung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu berücksichtigen (7 Ob 109/14a).

Nach der fraglichen Bestimmung hat der Versicherer bei „ Bargeld “, Valuten, Einlagebüchern ohne Klausel, Schmuck, Briefmarken und Münzensammlungen „ in versperrten oder unversperrten, jedoch geschlossenen Möbeln, Geldschränken oder Safes “ bis zu 8.728,00 EUR zu bezahlen. Der eindeutigen Formulierung folgend reicht es aus, wenn das Bargeld in einem solchen „ geschlossenen “ Behältnis verwahrt wurde, ungeachtet dessen, ob das konkrete Behältnis versperrt oder unversperrt war. Da die verwendete Holzkiste aber ohnehin versperrt (und damit „geschlossen“) war, kommt es nur noch darauf an, ob von einer Verwahrung an einem der genannten, unter Versicherungsschutz stehenden Aufbewahrungsorte auszugehen ist. Die Bejahung dieser Frage liegt im Rahmen der Auslegungsgrundsätze für AVB und ist daher nicht zu beanstanden:

Entgegen der Ansicht der Revision ist auch aus einer teleologischen Betrachtung nichts Gegenteiliges zu gewinnen. Die Beklagte meint, die geforderte Verwahrung in „geschlossenen Möbeln, Geldschränken oder Safes“ verfolge den Zweck, potenziellen Tätern ein weiteres „Hindernis“ in den Weg zu stellen; dem Täter dürfe eine Sache von höherem Wert nicht allzu leicht ins Auge fallen. Dabei übergeht die Revision, dass hier eine Holztruhe verwendet wurde, die gar keine besonderen Verzierungen (wie sie etwa bei Schmuckschatullen vorkommen) hatte, die als Indiz für einen wertvollen Inhalt hätten aufgefasst werden können.

Dass die Kiste als „Schatztruhe“ anzusehen sei, ist eine ‑ unzutreffende ‑ bloß subjektive Einschätzung der Revision. Hätten sich doch nach dem Erscheinungsbild der Kiste darin genauso gut diverse andere Gegenstände wie etwa Zigarren oder diverse andere Gegenstände wie etwa Schreibutensilien befinden können. Das Äußere der Holzkiste indizierte nicht, dass sich darin wahrscheinlich Bargeld, Schmuck oder sonstige Wertgegenstände befinden (vgl das Lichtbild, auf das sich die Revision beruft).

Der offenkundige Zweck der Klausel ist, zu verhindern, dass sich ein Dieb sozusagen durch bloßes „Abräumen“ (ohne das Möbelstück, den Geldschrank oder den Safe erst öffnen zu müssen), also ohne weitere Mühe (einfach „im Vorübergehen“) Bargeld, Schmuck oder die genannten weiteren Wertgegenstände einstecken und zueignen kann. Gerade das hat die geschlossene (und sogar versperrte) Holzkiste des Klägers, die im Übrigen auch zu groß war, um einfach eingesteckt zu werden, aber ohnehin verhindert.

Die in der Zulassungsbegründung angestrebte Klarstellung im Sinn einer exakten Trennung zwischen „Möbeln“ und sonstigem Hausrat (dahin, wo nach den AVB eine Grenze in Bezug „auf Dimension und Schwere zwischen Möbelstücken und anderen Haushaltsgegenständen und Objekten“ zu ziehen sei), kann nicht vorgenommen werden, weil sie jeweils einzelfallbezogen zu erfolgen hat.

Wenn die Holztruhe des Klägers auf Grund ihrer Abmessungen nicht als Möbelstück qualifiziert wird, ist sie jedenfalls aus der Sicht eines Versicherungsnehmers als „geschlossener Geldschrank“ zu beurteilen, sodass sich am Ergebnis nichts ändert und auch dieser Einzelfall-Beurteilung eine darüber hinausgehende Bedeutung nicht zukommt.

Insgesamt werden daher keine erheblichen Rechtsfragen aufgezeigt.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 50, 41 ZPO. Der Kläger hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.

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