OGH 7Ob174/14k

OGH7Ob174/14k10.12.2014

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin Dr. Huber als Vorsitzende und durch die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Hoch, Dr. Kalivoda, Mag. Dr. Wurdinger und Mag. Malesich als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei E***** KEG, *****, vertreten durch Dr. Guido Bach, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Z***** AG, *****, vertreten durch Dr. Herbert Salficky, Rechtsanwalt in Wien, wegen 13.063,29 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 27. Mai 2014, GZ 4 R 280/13w‑26, womit das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 21. Oktober 2013, GZ 24 Cg 51/13b‑22, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0070OB00174.14K.1210.000

 

Spruch:

Die Revision wird mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden - Ausspruch des Berufungsgerichts ist die Revision mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage unzulässig. Die Entscheidung kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 ZPO).

Das Berufungsgericht begründete die Abänderung des Zulässigkeitsausspruchs und nachträgliche Zulassung der ordentlichen Revision im Beschluss vom 30. 7. 2014 wie folgt:

Die Klägerin zeige die im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO erhebliche Frage auf, ob hier (nicht doch) eine versicherte Betriebsunterbrechung vorliege, weil die gesetzten Maßnahmen zur Geruchsbeseitigung nach dem Buttersäure-Attentat, um das Geschäftslokal in ordnungsgemäßem Zustand an den Vermieter zurückstellen zu können, als Abwicklungsgeschäfte zu beurteilen seien, die laut 7 Ob 346/98b zur Betriebsfortführung zählten. Diese Auffassung könne im Hinblick auf die zitierte Entscheidung nicht von vornherein verworfen werden. Nach der dort vertretenen Rechtsansicht bedürfe es Feststellungen dazu, welche Maßnahmen zur Betriebsstilllegung notwendig gewesen und ob nach dem relevanten Zeitpunkt noch (Abwicklungs-) Geschäfte geschlossen worden seien. Es fehlten nähere höchstgerichtliche Leitlinien zur ‑ über den Einzelfall hinaus relevanten ‑ Beurteilung von Abwicklungsgeschäften.

Die ihr freigestellte Revisionsbeantwortung hat die Beklagte nicht erstattet.

Rechtliche Beurteilung

Die Revisionswerberin beruft sich darauf, es gebe nach den „Feststellungen“ keinen Anhaltspunkt dafür, dass es ihr an einem Fortführungswillen gemangelt hätte. Zur Zulässigkeit ihrer außerordentlichen Revision macht sie als „gravierende rechtliche Fehlbeurteilung“ (auch) geltend, dass rechtliche Eigenschaften gar nicht „feststellungsfähig“ seien.

Dem ist vorweg zu erwidern, dass hier essentiell der Fortführungswille oder das Nichtvorliegen desselben festzustellen war, worauf sich die Revisionswerberin in den weiteren Revisionsausführungen im Übrigen selbst stützt. Auszugehen ist von folgendem ‑ im Revisionsverfahren nicht mehr angreifbaren ‑ Sachverhalt:

„Aufgrund des Buttersäureattentats wollten weder H***** S*****, noch Frau E***** den Betrieb des Geschäfts fortsetzen, sie wollten nichts mehr für das Geschäft machen und auch nicht dort arbeiten. Die Schankgehilfin wurde aufgrund des Schadens entlassen. C***** N***** wurde zwar zur Hilfe bei den Aufräumarbeiten vorerst weiter gebraucht, es war aber schon unmittelbar nach dem Attentat nicht beabsichtigt, ihn darüber hinaus, also nach Abschluss der Aufräumarbeiten weiter zu beschäftigen, sodass sein auf vier Monate befristeter Arbeitsvertrag nicht verlängert wurde.“

Es steht also eindeutig fest, dass hier ein Fortführungswille fehlte. Mit der Rechtsrüge bekämpft die Revisionswerberin daher erneut die Beweiswürdigung des Erstgerichts. Auf diese Wiederholung der erfolglosen Tatsachenrüge der Berufung ist nicht weiter einzugehen; könnte doch selbst eine mangelhafte und unzureichende Beweiswürdigung im Revisionsverfahren nicht angefochten werden. Nur wenn sich das Berufungsgericht mit der Beweisfrage überhaupt nicht befasst hätte, wäre das Berufungsverfahren mangelhaft (RIS-Justiz RS0043371). Hier hat es sich aber ausführlich mit der Beweiswürdigung zu dieser Frage auseinandergesetzt.

Auch ein sekundärer Feststellungsmangel liegt nicht vor. Es ist zwar richtig, dass das Erstgericht nicht explizit ein Datum anführte, zu welchem Zeitpunkt die Klägerin sich entschloss, den Betrieb nicht mehr fortzusetzen; doch ergibt sich dies aus dem Zusammenhang (vgl dazu die Feststellungen, dies sei „aufgrund des Buttersäureattentats“, „aufgrund des Schadens“, „schon unmittelbar nach dem Attentat“ beabsichtigt gewesen). Es lag somit von Anfang an kein Fortführungswille vor.

Nach der Rechtsprechung sind Leistungen aus der Betriebsunterbrechungsversicherung nur zu erbringen, wenn eine Fortführung des Betriebs ins Auge gefasst wird, nicht aber im Fall der Betriebsbeendigung (RIS-Justiz RS0080974). Demgemäß wurde zu 7 Ob 55/86 festgehalten, dass die bloße Liquidation des bereits beendeten Betriebs bei einer ärztlichen Praxis nicht als Weiterführung des Betriebs gewertet werden kann, weil ja der Betrieb einer Arztpraxis in der Betreuung und Versorgung Kranker und nicht in der bloßen Verwertung der Praxis (allfällige Abrechnung bereits vorher stattgefundener ärztlicher Betreuung) besteht (vgl auch RIS‑Justiz RS0080975 [T5] = 7 Ob 98/09a: Versicherungsobjekt ist der Betrieb, wie er üblicherweise geführt wird).

Die in der Zulassungsbegründung angesprochene Frage stellt sich hier nicht, weil schon der Fortführungswille der Klägerin fehlte. Vielmehr begegnet die ‑ im Rahmen der zitierten Rechtsprechung liegende ‑ Beurteilung, dass die Betriebsbeendigung bereits mit Schadenseintritt eintrat, sodass die Beklagte keine Versicherungsleistungen aus der Betriebsunterbrechungsversicherung für danach eingetretene „Unterbrechungsschäden“ zu erbringen hat, keinen Bedenken.

Die Revision ist daher mangels erheblicher Rechtsfragen zurückzuweisen. Dies bedarf keiner weiteren Begründung (§ 510 Abs 3 ZPO).

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