OGH 19Ob3/14a

OGH19Ob3/14a3.12.2014

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Spenling als Vorsitzenden sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Lovrek und die Anwaltsrichter Dr. Buresch und Dr. Hahnkamper als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Tagwerker als Schriftführerin, in der Eintragungssache des *****, em. Rechtsanwalt, *****, über die Berufung des ***** gegen den Beschluss des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer Wien (Plenum) vom 3. Dezember 2013, AZ 5990/2011, nach mündlicher Verhandlung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Berufung wird keine Folge gegeben.

Begründung

1. Der Berufungswerber war Rechtsanwalt in Wien. Über sein Vermögen wurde mit Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 21. 9. 2011, *****, das Insolvenzverfahren eröffnet. Einem dagegen vom Berufungswerber erhobenen Rekurs gab das Oberlandesgericht Wien mit Beschluss vom 28. 11. 2011, 28 R 228/11x, keine Folge.

Der Ausschuss der Rechtsanwaltskammer Wien stellte mit Beschluss vom 29. 11. 2011, 5990/2011, gemäß § 34 Abs 1 Z 4 RAO das Erlöschen der Berechtigung des Berufungswerbers zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft fest. Gleichzeitig wurden für ihn zwei mittlerweilige Stellvertreter bestellt. Der vom Berufungswerber dagegen erhobenen Berufung gab die Oberste Berufungs- und Disziplinarkommission mit Beschluss vom 27. 8. 2012, Bkv 3/11, keine Folge. Eine vom nunmehrigen Berufungswerber dagegen erhobene Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof blieb in diesem Punkt erfolglos (Erkenntnis vom 11. 6. 2013, B 1267/2012-10, Punkt I.2.).

Mit Beschluss vom 18. 1. 2012, *****, hob das Handelsgericht Wien das Insolvenzverfahren gemäß § 123b IO (mit Einverständnis aller Gläubiger) auf. Unter Hinweis auf diesen Beschluss stellte der Berufungswerber am 20. 2. 2012 beim Ausschuss der Rechtsanwaltskammer Wien den Antrag auf weitere Zulassung zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft, wobei er diesen Antrag in weiterer Folge noch ergänzte bzw präzisierte, jedoch der Aufforderung der Rechtsanwaltskammer Wien nicht nachkam, seine Berufung gegen den Beschluss vom 29. 11. 2011 zurückzuziehen.

Mit Beschluss des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer Wien (Plenum) vom 22. 5. 2012 wurden die Anträge des Beschwerdeführers auf weitere Zulassung zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft als Anträge auf Eintragung in die Liste der Rechtsanwälte gedeutet und wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Der dagegen vom Berufungswerber erhobenen Berufung wurde mit dem schon zuvor erwähnten Beschluss der Obersten Berufungs- und Disziplinarkommission vom 27. 8. 2012, Bkv 3/11, keine Folge gegeben, weil die Rechtskraft des Beschlusses über die Feststellung des Erlöschens der Berechtigung zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft gemäß § 34 Abs 1 Z 4 RAO Voraussetzung für eine inhaltliche Entscheidung über einen Antrag auf Wiedereintragung in die Liste der Rechtsanwälte darstelle.

Mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom 11. 6. 2013, B 1267/2012-10 (Punkt I.1.), wurde der Beschluss der Obersten Berufungs‑ und Disziplinarkommission vom 27. 8. 2012 in diesem Punkt aufgehoben. Nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofs erlischt gemäß § 34 Abs 1 Z 4 RAO die Berechtigung zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft bei rechtskräftiger Eröffnung eines Insolvenzverfahrens ex lege. Der Bescheid des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer Wien vom 29. 11. 2011 habe daher nur feststellenden Charakter gehabt. Für eine inhaltliche Entscheidung über die Anträge auf Wiedereintragung in die Liste der Rechtsanwälte komme es somit nicht auf die Rechtskraft dieses Feststellungbescheids an. Der Berufungswerber habe ab der rechtskräftigen Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht mehr dem Anwaltsstand angehört und konnte jedenfalls nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens gemäß § 123b IO Anträge auf Wiedereintragung in die Liste der Rechtsanwälte stellen.

Dementsprechend gab die Oberste Berufungs- und Disziplinarkommission mit Beschluss vom 12. 9. 2013, Bkv 3/11, der Berufung Folge, hob den angefochtenen Beschluss auf und trug dem Ausschuss der Rechtsanwaltskammer Wien die Entscheidung über den vom Berufungswerber gestellten Antrag auf Eintragung in die Liste der Rechtsanwälte nach Überprüfung aller dafür erforderlichen Voraussetzungen auf.

2. Der Ausschuss der Rechtsanwaltskammer Wien führte dazu ein Ermittlungsverfahren durch und hat den Berufungswerber zu seinem Antrag vom 20. 2. 2012 und den weiteren Anträgen vom 15. 3. 2012, 12. 4. 2012, 17. 5. 2013 und vom 2. 10. 2013, dem Eventualantrag vom 2. 10. 2013 sowie dem Antrag vom 14. 10. 2013 angehört und mit dem angefochtenen Beschluss vom 3. 12. 2013, 5990/2011, diese Anträge abgewiesen.

Im Rahmen dieses Ermittlungsverfahrens hat der Ausschuss der Rechtsanwaltskammer Wien (Plenum) insbesondere den Konkursakt ***** des Handelsgerichts Wien sowie die gegen den Berufungswerber anhängigen Disziplinarakten D 155/11, D 149/11, D 139/11, D 65/11, D 21/11, D 166/09 (diese Verfahren waren zum Zeitpunkt des Erlöschens der Rechtsanwaltschaft des Berufungswerbers anhängig) und die schon zuvor anhängig gewesenen Disziplinarakten, in welchen es zu rechtskräftigen Verurteilungen des Berufungswerbers gekommen ist (D 202/94, D 136/96, D 185/00, D 23/01, D 195/97, D 215/99, D 216/99, D 114/00, D 36/02 und D 92/07) beigeschafft und den Berufungswerber im Rahmen einer Anhörung am 3. 12. 2013 einvernommen. Der Ausschuss der Rechtsanwaltskammer Wien kam aufgrund des von ihm durchgeführten Beweisverfahrens zum Ergebnis, dass die Anträge wegen Vertrauensunwürdigkeit des Antragstellers abzuweisen seien (§ 5 Abs 2 RAO). Er stellte dazu Folgendes fest:

2.1 Gegen den Berufungswerber waren zum Zeitpunkt des insolvenzbedingten Erlöschens der Rechtsanwaltschaft mehrere Disziplinarverfahren anhängig, welche jeweils mit Beschlüssen des Disziplinarrats vom 14. 12. 2011 abgebrochen wurden. Die Vorwürfe, welche Gegenstand dieser Disziplinarverfahren waren, seien für die Prüfung der Vertrauenswürdigkeit des Berufungswerbers von Relevanz. Der jeweilige Inhalt dieser Verfahren wurde zusammengefasst wie folgt wiedergegeben:

2.1.1 Disziplinarverfahren D 155/11:

In seinerSitzung vom14. 6. 2011 hattederAusschussbeschlossen,eine ÜberprüfungderKanzleidesBerufungswerbersgemäߧ 23RAOdurchzuführen. Betraut wurdendamitdieMitgliederdesAusschusses Dr. H*****undDr. N*****.

Mit E-Mail vom 16. 6. 2011 teilte Dr. H***** dem Berufungswerber den Beschluss des Ausschusses mit, kündigte den Termin für Montag, 27. 6. 2011, 11:30 Uhr, an und führte an, welche Unterlagen bereitzustellen sind.

DerBerufungswerber antwortetemitE-Mailvom18. 6. 2011,dassseinerAnsichtnach ersteinentsprechendbegründeterBescheiddurchdenAusschussvorder Kanzleiüberprüfungzuzustellenist.

Dr. H***** teilte mit E-Mail vom 19. 6. 2011 mit, dass ein Bescheid nicht erforderlich wäre, verwies auf den Plenumsbeschluss und wiederholte den Termin.

MitE-Mailvom20. 6. 2011teiltederBerufungswerber mit,dassnachständiger Judikatur des Verfassungsgerichtshofs der Ausschuss bei Maßnahmen gemäß § 23RAOalsVerwaltungsbehördehandle,erAnspruchaufeinenBescheid habe,ebensoaufEinhaltungderVerfahrensgarantiennach Art 6MRK.Einer Kanzleiüberprüfungals „faktischeAmtshandlung“stimmeernichtzu.

Dr. H*****teiltedaraufhinmitE-Mailvom20. 6. 2011mit,dassdemBerufungswerber seineRechtsmeinungunbenommenbleibe,erundDr. N*****ungeachtetdessen zumfestgesetztenTermindieKanzleiüberprüfungdurchführenwerden.

Am27. 6. 2011begabensichDr. H*****undDr. N*****zumHausK***** (*****)undläutetenbeiderKanzleidesBerufungswerbers an. DiesermeldetesichüberdieGegensprechanlageundteiltemit,dassereiner Kanzleiüberprüfungnichtzustimmeundauchnichtöffne.

Ergänzend stellt der Oberste Gerichtshof dazu aus dem beigeschafften Disziplinarakt D 155/11 fest, dass die vom Ausschuss beschlossene Überwachung der Kanzlei des Berufungswerbers auf den folgenden Anzeigen gemäß § 22 RL‑BA gegen den Berufungswerber (über die gegen ihn anhängigen Gerichtsverfahren) beruht:

2.1.2 Disziplinarverfahren D 149/11:

Grundlage war eine Anzeige von RA Dr. T***** W*****. Dieser vertrat T***** K*****, Dr. H***** S***** und seine Ehegattin, P***** W***** in diversen Gerichtsverfahren. Alle Genannten sind Anrainer der Liegenschaft ***** Wien, *****, deren Eigentümerin *****, die Ehegattin des Berufungswerbers, ist. ***** hat auf dieser Liegenschaft ein mehrgeschossiges Zweifamilienhaus errichtet. In dem betreffenden Bauverfahren und in den damit zusammenhängenden zahlreichen Gerichtsverfahren vertrat der Berufungswerber seine Ehegattin. Die Art und Weise, wie er in diesen Verfahren vertrat, veranlassten Dr. W***** zur gegenständlichen Disziplinaranzeige.

Vorerst verwies Dr. W***** darauf, dass ungeachtet des formalen Vertretungsverhältnisses das Agieren des Berufungswerbers auch diesem selbst zuzurechnen sei, was sich nach Ansicht Dris. W***** auch dadurch dokumentiere, dass der Berufungswerber regelmäßig auf die Parteieneinvernahme seiner Frau verzichte, da diese zu den relevanten Sachverhalten keine relevanten Wahrnehmungen hätte.

Dr. W***** brachte dann aus den diversen Verfahren zahlreiche Zitierungen vor, von denen der Ausschuss folgende als relevant herausgriff:

Ergänzend stellt der Oberste Gerichtshof dazu aus dem beigeschafften Disziplinarakt D 149/11 Folgendes fest:

Der Berufungswerber hat im Disziplinarverfahren D 149/11 eine umfangreiche Äußerung zur Anzeige Dris. W***** erstattet, in welcher er im Wesentlichen vorgebracht hat, dass seiner Ehegattin eine Baubewilligung für die Errichtung eines Einfamilienhauses auf der ihr gehörenden Liegenschaft in ***** Wien, *****, erteilt worden sei. Aufgrund eines Fehlers im Lageplan sei allerdings die Anrainerin T***** K***** nicht zu den Bauverhandlungen geladen worden und daher als „übergangene Partei“ anzusehen. Aber auch dieser Anrainerin sei der Baubewilligungsbescheid später zugestellt worden und ihre Berufung dagegen abgewiesen worden. Ebenso seien verschiedene Planwechsel von der Baubehörde genehmigt worden.

T***** K***** sei in all diesen Verfahren nie persönlich aufgetreten. Es sei auch nie geprüft worden, ob sie aufgrund ihres schlechten Gesundheitszustandes noch geschäftsfähig sei.

Die von Rechtsanwalt Dr. W***** im Namen von T***** K***** eingebrachten Klagen wegen Unterlassung sowie Schadenersatz und eine Bauverbotsklage seien nur deshalb möglich gewesen, weil T***** K***** als übergangene Partei angesehen wurde. Nachdem die Baubewilligung auch gegenüber T***** K***** in Rechtskraft erwachsen sei, habe der Berufungswerber namens seiner Ehegattin beim Bezirksgericht ***** eine Wiederaufnahmsklage eingebracht. Dessen ungeachtet habe Rechtsanwalt Dr. W***** im Namen von T***** K***** wegen der Entfernung des Aushubmaterials die Exekution gemäß § 353 EO beantragt. Gegen die Exekutionsbewilligung, mit welcher seiner Ehegattin aufgetragen wurde, die Kosten für die Entfernung des Aushubmaterials von 47.520 EUR zu bezahlen, habe er Rekurs samt Aufschiebungsantrag und eine Oppositionsklage eingebracht. Dessen ungeachtet hätten Arbeiter damit begonnen, das auf dem Grundstück seiner Ehegattin gelagerte Aushubmaterial über das Grundstück des Anrainers Dr. S***** abzutransportieren, weshalb er die Polizei verständigt habe.

In diesem Sinne verantwortete sich der Berufungswerber auch bei seiner Anhörung am 3. 12. 2013 vor dem Ausschuss.

2.1.3 Disziplinarverfahren D 139/11:

Grundlage dafür war die Anzeige der Kanzlei M***** Rechtsanwälte OG vom 26. 5. 2011.

Die von dieser Kanzlei vertretene M***** GmbH hätte mit dem Berufungswerber am 15. 11. 2010 einen gerichtlichen Vergleich geschlossen, wonach dieser von ihm untergemietete Lagerräumlichkeiten geräumt zu übergeben sowie rückständige Untermietzinse samt Zinsen und Kosten zu bezahlen hatte. Hinsichtlich Letzterem sei eine Ratenzahlung festgelegt worden, bei deren Einhaltung sich der Berufungswerber von seiner Räumungsverpflichtung befreien hätte können. Der Berufungswerber habe die Ratenzahlung nicht eingehalten, woraufhin die M***** GmbH eine Fahrnisexekutionsbewilligung sowie einen Delogierungsbeschluss erwirkt hätte. Auf schriftliche Anfrage, ob der Berufungswerber bis 25. 5. 2011 freiwillig übergebe, widrigenfalls Spedition und Schlosser bestellt werden müssten, sei am 25. 5. 2011 ein Schreiben des Berufungswerbers vom 20. 5. 2011 eingelangt, in welchem er einerseits mitgeteilt hätte, dass ihm die Einhaltung der Zahlungsverpflichtung nicht möglich gewesen wäre, andererseits hätte er behauptet, dass das Räumungsbegehren nicht mehr exekutierbar sei, weshalb er eine umgehende Bestätigung wolle, dass von der eigenmächtigen Vorgangsweise Abstand genommen werde.

Die anzeigende Kanzlei äußerte daher den Verdacht, dass sich der Berufungswerber offensichtlich einer Räumungsverpflichtung unterworfen habe, die er schon bei Vergleichsabschluss mangels Exekutierbarkeit nicht einzuhalten beabsichtigt habe. Weiters habe der Berufungswerber auch eine von ihm übernommene Zahlungsverpflichtung nicht eingehalten.

Der Berufungswerber hat in seiner Verantwortung dagegen wie folgt argumentiert:

Der Vergleichstext stamme von der anzeigenden Kanzlei, somit wäre dieser alleine oblegen, einen exekutierbaren Text zu formulieren. Die anzeigende Kanzlei hätte wissen müssen, dass aufgrund des Mietvertrags mit einer Firma M***** GmbH die Lagerräumlichkeiten nur über die im Vertrag erwähnte Eingangsveranda erreichbar sei. Da er nunmehr alleiniger Hauptmieter betreffend diesen Zugangsbereich sei, über den ausschließlich die Lagerräumlichkeiten betreten werden könnten, wäre eine exekutive Durchsetzung der Räumungsverpflichtung laut Vergleich nicht möglich.

2.1.4 Disziplinarverfahren D 65/11:

Hier wurde ein Einleitungsbeschluss hinsichtlich des angezeigten Vorwurfs gefasst, der Berufungswerber habe im Zeitraum 15. 10. 2010 bis dato die ihn treffende Verpflichtung zur Erfüllung einer übernommenen Verbindlichkeit dadurch verletzt, dass er das gegen ihn als Beklagten ergangene Urteil des Bezirksgerichts ***** vom 7. 2. 2010, 6 C 31/10p, hinsichtlich des an die klagende Partei darin erfolgten Zuspruchs von Zinsen (4 % aus 1.470,13 EUR seit 5. 3. 2009) und Kosten (1.739,83 EUR), abgesehen von einer Teilzahlung vom 17. 5. 2011 in der Höhe von 500 EUR, nicht erfüllt habe.

Grundlage war eine Anzeige der Grazer Anwaltskanzlei S***** Rechtsanwälte GmbH, welche die Firma H ***** GmbH anwaltlich vertreten hat. Namens dieser Firma wurde eine Mahnklage beim Bezirksgericht Graz-Ost über 1.470,13 EUR gegen den Berufungswerber als Beklagten eingebracht, und zwar für die Lieferung und Montage eines Zaunes.

Der Berufungswerber wandte in seinem Einspruch die örtliche Unzuständigkeit ein, bestritt das Klagebegehren dem Grunde und der Höhe nach sowie die passive Klagslegitimation.

Offensichtlich nach Überweisung wegen örtlicher Unzuständigkeit hat dann das Bezirksgericht ***** zu 6 C 31/11p mit Urteil vom 7. 9. 2010 dem Klagebegehren kostenpflichtig stattgegeben (lediglich das über 4 % hinausgehende Zinsbegehren wurde abgewiesen). Im Wesentlichen kam das Gericht zu der Überzeugung, dass der Berufungswerber selbst den Auftrag gegeben habe (ungeachtet, dass seine Frau Liegenschaftseigentümerin ist) und im Übrigen auch das Verfahren nicht ergeben habe, dass das Werk nicht mängelfrei wäre.

Am 9. 7. 2010, dies unmittelbar nach der letzten Tagsatzung, aber noch vor Urteilszustellung, wurde ein Betrag von 1.470,13 EUR, sohin der Klagsbetrag, an die Firma H ***** GmbH bezahlt. Das Urteil vom 7. 9. 2010 wurde dem Berufungswerber am 30. 9. 2010 zugestellt. Mit Fax vom 29. 9. 2010 bestätigte die Kanzlei S***** die Zahlung, gab unter Anschluss eines Schuldnerkontoauszugs die Restforderung mit 1.843,65 EUR bekannt und ersuchte für den Fall, dass kein Rechtsmittel erhoben wird, um Ausgleich dieses Betrags.

Der Berufungswerber behauptete dann, er habe sich vor Ablauf der Berufungsfrist (28. 10. 2010) bei Rechtsanwalt H***** (Klagevertreter) erkundigt, ob bezüglich der offenen Zinsen und Kosten eine Teilzahlungsvereinbarung möglich wäre. Unter diesen Voraussetzungen habe er von der Einbringung einer Berufung Abstand genommen; da aber die Finanzierung nicht geklärt war, habe er einen Ratenzahlungsvorschlag nicht unterbreitet.

Der Berufungswerber berief sich auf ein Telefonat Ende Oktober 2010 mit Rechtsanwalt H*****, in welchem vereinbart worden wäre, dass die Zahlung von Kosten und Zinsen gestundet und auf Exekution verzichtet werden würde. Rechtsanwalt H***** bestritt dies allerdings.

2.1.5 Disziplinarverfahren D 21/11:

Grundlage war eine Anzeige der Vorsteherin des Bezirksgerichts *****, Dr. B***** H*****, vom 13. 11. 2010.

Dr. H***** teilte in der Anzeige mit, dass beim Bezirksgericht ***** verschiedene Exekutionsverfahren gegen *****, vertreten durch ihren Ehegatten, anhängig seien. Der Berufungswerber hätte es sich zur Angewohnheit gemacht, auf praktisch jede Entscheidung des zuständigen Richters Dr. H***** W***** mit einem Ablehnungsantrag zu reagieren. Diese Ablehnungsanträge würden sichtlich auf Textbausteinen beruhen, die gebetsmühlenartig wiederholt werden würden, obwohl es genau zu jenen Sachverhalten bereits mannigfaltige Entscheidungen gäbe, aus denen deutlich werde, dass Dr. W***** nicht befangen sei. Wären es anfänglich nur Exekutionsbewilligungen gewesen, würde mittlerweile der Berufungswerber jede Entscheidung dieses Richters mit Rekurs, verbunden mit einem Ablehnungsantrag bekämpfen. Die Anzeigerin äußerte den Verdacht, dass die in den Ablehnungsanträgen gegen Dr. W***** erhobenen Vorwürfe von einem Rechtsanwalt guten Gewissens gar nicht erhoben werden könnten. Alleine für das Jahr 2010 wurden zur Dokumentation die Geschäftszahlen von insgesamt 7 Nc‑Verfahren angeführt.

In seinem Bericht hält der Untersuchungskommissär Folgendes fest:

„Das Vorbringen zur behaupteten Befangenheit des Exekutionsrichters ist in sämtlichen Anträgen inhaltlich gleichlautend. In den beiden letztgenannten wird nach der schon im ersten, ganz oben zitierten Antrag (zu 27 Nc 8/10m) enthaltenen ‑ und dann in allen anderen Anträgen übernommenen ‑ Wendung, dass die Besorgnis der Befangenheit, insbesondere auf schwerwiegende Verfahrensverstöße gestützt werde, woraus sich die mangelnde Objektivität des abgelehnten Richters ergebe, neben dem noch immer getätigten Hinweis, dass der Exekutionsrichter die Exekutionsbewilligung gemäß § 353 EO ohne Anhörung der verpflichteten Partei erlassen habe, zusätzlich ausgeführt, dass der Richter die Zwangsversteigerung (26 E 89/10w) bewilligt habe, ohne die Verpflichtete zu hören.“

In der Folge wurde betreffend 4 Nc‑Verfahren ein Einleitungsbeschluss gefasst wegen der Einbringung inhaltlich gleicher Ablehnungsanträge, obwohl im Zeitpunkt der Einbringung derselben ein früherer, inhaltlich gleichlautender Antrag bereits rechtskräftig als unberechtigt erkannt worden sei.

Ergänzend stellt der Oberste Gerichtshof dazu aus dem beigeschafften Disziplinarakt D 21/11 Folgendes fest:

In seiner verantwortlichen Äußerung vom 25. 2. 2011 bestätigte der Berufungswerber, dass von ihm die erwähnten Ablehnungsanträge eingebracht wurden und hält daran fest, dass Ablehnungsgründe vorliegen, sodass von missbräuchlich erhobenen Ablehnungsanträgen „bei vernünftiger Sicht der Dinge“ keine Rede sein könne.

Ein vom Berufungswerber zu 27 Nc 8/10m des Bezirksgerichts ***** gestellter Ablehnungsantrag wurde mit Beschluss vom 30. 3. 2010 zurückgewiesen. Mit Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 19. 7. 2010, 46 R 230/10d, dem Berufungswerber zugestellt am 3. 8. 2010, wurde dem vom Berufungswerber dagegen erhobenen Rekurs keine Folge gegeben. Ein vom Berufungswerber dagegen erhobener „außerordentlicher Revisionsrekurs“ wurde mit Beschluss des Obersten Gerichtshofs vom 1. 9. 2010, 3 Ob 163/10g, zurückgewiesen (dem Berufungswerber zugestellt am 29. 9. 2010).

Weitere (im Wesentlichen inhaltsgleiche, unter Verwendung teilweise identischer Textbausteine) gestellte Ablehnungsanträge wurden mit den folgenden Beschlüssen des Bezirksgerichts ***** zurückgewiesen:

Grundlage war eine Anzeige der Kanzlei R***** Rechtsanwälte OG vom 7. 6. 2010. Diese habe im Verfahren 43 Cg 85/07h des Handelsgerichts Wien Ka***** vertreten, in welchem diese vom Berufungswerber auf 21.871,29 EUR geklagt worden sei. Der Berufungswerber sei in 1. Instanz unterlegen, seiner Berufung habe das Oberlandesgericht Wien nicht Folge gegeben. Er sei zum Ersatz der Verfahrenskosten verurteilt worden, und zwar 1. Instanz 2.069,56 EUR, 2. Instanz 1.846,56 EUR.

Da der Berufungswerber die Kosten nicht bezahlt habe, sei gegen ihn Exekution eingebracht worden.

Gegen den Exekutionsbewilligungsbeschluss habe der Berufungswerber zuerst Einspruch erhoben, welcher erfolglos geblieben sei, sodann Oppositionsklage nach § 35 EO.

In seiner zu dieser Anzeige erstatteten verantwortlichen Äußerung verwies der Berufungswerber vor allem auf den Inhalt der von ihm eingebrachten Oppositionsklage und brachte dazu Folgendes vor:

Gegenstand des verlorenen Prozesses des Berufungswerbers gegen Ka***** R***** sei gewesen, dass er mit seiner Behauptung, diese wäre faktische Geschäftsführerin der A*****-Gesellschaft mbH gewesen, nicht durchgedrungen sei. Gegen die Fa A***** hätte der Berufungswerber eine Honorarforderung gehabt, welche er erfolgreich eingeklagt habe, die Exekution sei aber erfolglos geblieben. Der Geschäftsführer der Fa A*****, Ehegatte von Ka***** R*****, wäre im Jänner 1999 in der Ukraine tödlich verunglückt. Der Berufungswerber habe nun behauptet, dass es nach dem Ableben des Geschäftsführers zu Vermögensverschiebungen bzw Vermögensverheimlichungen betreffend die Fa A***** gekommen wäre, was die Einbringlichkeit der titulierten Honorarforderung von ihm letztendlich verhindert habe. Konkret erwähnt wurde die Auflösung eines lnhabersparbuchs, hinsichtlich dessen der Berufungswerber gemeint habe, dafür komme nur Ka***** R***** als Ehegattin in Frage.

Ergänzend stellt der Oberste Gerichtshof dazu aus dem beigeschafften Disziplinarakt D 207/10 und den vom Berufungswerber in diesem Verfahren vorgelegten Urkunden fest, dass die von ihm zu 75 C 17/10h des Bezirksgerichts Innere Stadt vorgetragenen Einwendungen gegen den Anspruch teilweise wortwörtlich mit den im Urteil des Handelsgerichts Wien vom 23. 4. 2009, 43 Cg 85/07h wiedergegebenen Vorbringen des Berufungswerbers übereinstimmen. Als einziges neues Vorbringen wird auf Seite 10 der Oppositionsklage vorgebracht, dass die Auflösung des Inhabersparbuchs und Einzahlung auf das Anderkonto der Kanzlei Dr. R***** nicht ohne Weisung von dritter Seite erfolgt sein könne und dafür nur die Beklagte als Ehegattin des früheren Geschäftsführers in Frage komme. Dazu wird weiters festgestellt, dass nach dem Vorbringen in derselben Klage auf Seite 4 der Geschäftsführer der A*****-GmbH, J***** R***** im Jänner 1999 in der Ukraine tödlich verunglückt sei. Weiters wird auf Seite 7 vorgebracht, dass über Antrag der Kanzlei Dr. H***** R***** vom 3. 7. 1998 „dieses Sparbuch RA Dr. R***** ausgefolgt und das Realisat aus diesem Sparbuch auf dem Anderkonto der Kanzlei geparkt wurde“. Den Anspruch aufhebende oder hemmende Tatsachen, die nach Entstehung des Exekutionstitels eingetreten sind (§ 35 Abs 1 EO), wurden nicht behauptet.

2.1.7 Disziplinarverfahren D 160/10:

Gegenständlich war eine Anzeige von Rechtsanwalt Dr. M***** P*****, welcher S***** J***** und E***** S***** rechtsfreundlich vertrat. J***** sei Eigentümerin, S***** Fruchtgenussberechtigter des Bestandobjekts Top 10, gelegen in ***** Wien, *****.

Dazu stellte der Ausschuss der Rechtsanwaltskammer Wien im Wesentlichen fest:

Der Berufungswerber hat aufgrund des Mietvertrags vom 23. 5. 2002 dieses Bestandobjekt angemietet. Mit Schreiben vom 26. 3. 2009 hat er das Mietverhältnis „unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist zum 30. 4. 2009“ aufgekündigt.

Mit Schreiben vom 16. 4. 2009 hat P***** dem Berufungswerber mitgeteilt, dass im Mietvertrag eine dreimonatige Kündigungsfrist vereinbart worden sei, weshalb die Kündigung zum 30. 4. 2009 nicht akzeptiert werde, aufgrund gesetzlicher Bestimmung, wonach eine Frist für die Kündigung zum nächsten Kündigungstermin die Wirkung entfalte, aber die Beendigung des Mietverhältnisses zum 30. 6. 2009 akzeptiert werde.

Mit Schreiben vom 26. 6. 2009 teilte der Berufungswerber mit, dass seine Wohnmöglichkeit noch nicht bezugsfertig wäre, sich sein Auszug daher verzögere und der frühestmögliche Auszugstermin „aus seiner Sicht der 31. 7. 2009“ wäre.

Da zum 30. 6. 2009 keine Rückstellung erfolgte, wurde am 14. 7. 2009 Räumungsklage beim Bezirksgericht ***** eingebracht.

In diesem Kündigungsverfahren (9 C 111/09y) brachte der Berufungswerber in der Tagsatzung am 10. 9. 2009 vor, eine Aufkündigung wäre nicht rechtswirksam zustande gekommen, weil die Kündigung per 30. 4. 2009 vom Vermieter nicht akzeptiert worden wäre; für den Fall einer rechtswirksamen Kündigung ziehe er diese unter einem zurück.

Im Räumungsverfahren erfolgte ein stattgebendes Ersturteil vom 18. 1. 2010, im Wesentlichen mit der Begründung, dass die Aufkündigung eine einseitige empfangsbedürftige Gestaltungserklärung ist, welche nach Zugang an den Gegner nicht mehr widerrufen werden kann. Die Regelung des § 33 Abs 1 MRG, wonach eine fristwidrige Kündigung zum nächsten möglichen Kündigungstermin ihre Wirkung entfalte, gilt ebenso für gerichtliche wie außergerichtliche Kündigungen. Auf das diese Rechtslage aufzeigende Schreiben des Klagevertreters Dr. P***** kam es somit gar nicht mehr an.

Über Berufung des Berufungswerbers wurde das Ersturteil vom Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien mit Berufungsurteil vom 22. 7. 2010 bestätigt. Eine vom Berufungswerber erhobene außerordentliche Revision wurde mit Beschluss des Obersten Gerichtshofs vom 13. 10. 2010 zurückgewiesen.

Zusätzlich hat der Berufungswerber auch ein Mietzinsüberprüfungsverfahren eingeleitet. Mit Sachbeschluss des Bezirksgerichts ***** zu 9 MSch 11/09v wurden seine Anträge abgewiesen, und zwar wegen Verfristung. Das Mietverhältnis wurde im Februar 2006 in ein unbefristetes umgewandelt, womit die sechsmonatige Frist zu laufen begann. Den Antrag hatte aber der Berufungswerber erst am 24. 12. 2008 bei der Schlichtungsstelle eingebracht.

Ergänzend dazu stellt der Oberste Gerichtshof aus dem beigeschafften Disziplinarakt D 160/10 fest, dass der Berufungswerber in seiner Stellungnahme an den Kammeranwalt vom 27. 8. 2010 die Auffassung vertrat, dass es sich um „Beweiswürdigungsfragen handelt, die vom Gericht zu entscheiden sein werden“ und dass „die Bestimmung des § 33 Abs 1 MRG bei außergerichtlichen Aufkündigungen nicht zur Anwendung gelange“ und dass das Mietobjekt nach eingebrachter Räumungsklage erst am 30. 12. 2009 zurückstellt wurde.

2.1.8 Disziplinarverfahren D 166/09:

Der Akt D 53/10 enthält idente Vorwürfe; der gesamte Sachverhalt wurde zu D 166/09 verhandelt.

Gegenstand war der Vorwurf gegenüber dem Berufungswerber, er hätte ein von ihm mit Schreiben vom 24. 4. 2009 akzeptiertes, aufgrund von Akontozahlungen bestehendes Guthaben der von ihm vertretenen Ehegatten H***** im Betrag von 7.883,70 EUR trotz mehrmaliger Aufforderung nicht zurückgezahlt und erst nach Einbringung einer Klage gegen ihn einen Teilbetrag von 7.543,03 EUR am 29. 9. 2009 an die Ehegatten H***** bezahlt, des weiteren hätte er der Weisung des Ausschusses vom 9. 9. 2009, die Honorarüberzahlung den Ehegatten H***** binnen 3 Tagen zu überweisen, nicht bzw verspätet und nur zum Teil durch Überweisung von 7.543,03 EUR entsprochen.

Der Berufungswerber verantwortete sich dahingehend, dass ein Teilbetrag von 340,67 EUR von H***** H***** als Honorarforderung anerkannt worden wäre und dieser einer Gegenverrechnung mit der Honorarüberzahlung zugestimmt hätte.

Dennoch hat der Berufungswerber den ‑ auch nach seinem Standpunkt ‑ der Höhe nach unstrittigen Betrag von 7.543,03 EUR an die Ehegatten H***** vorerst nicht überwiesen, sondern erst nach Klagseinbringung, da ihm offensichtlich zuvor die Mittel dazu fehlten.

In der Verhandlung vom 6. 4. 2011 wurde der Berufungswerber im Sinne der genannten Vorwürfe schuldig erkannt und von einem weiteren Vorwurf freigesprochen. Die Ausfertigung des Erkenntnisses konnte infolge Abbruchs des Disziplinarverfahrens nicht mehr zugestellt werden. Das Erkenntnis ist daher nicht in Rechtskraft erwachsen.

Ergänzend stellt der Oberste Gerichtshof dazu aus dem Disziplinarakt D 166/09 fest, dass die Ehegatten H***** den Berufungswerber schon wiederholt, nämlich mit Schreiben vom 27. 11. 2007 und 25. 11. 2008 um Abrechnung ersucht hatten und die Weisung der Rechtsanwaltskammer vom 9. 9. 2009 aufgrund einer vom nunmehrigen Rechtsanwalt der Ehegatten H***** erstatteten Sachverhaltsdarstellung erging. Diese Weisung der Rechtsanwaltskammer Wien, die Honorarüberzahlung an die Ehegatten H***** binnen drei Tagen zurückzuzahlen, wurde dem Berufungswerber am 16. 9. 2009 zu eigenen Handen zugestellt (Übernahmeschein), er gab nach Urgenz gegenüber einer Mitarbeiterin der Rechtsanwaltskammer an, das Kuvert erst am 24. 9. 2009 geöffnet zu haben Die Zahlung von 7.543,03 EUR wurde erst am 28. 9. 2009 vorgenommen.

3. Weiters hat der Ausschuss folgende Feststellungen aus dem Disziplinarstrafregister des Berufungswerbers getroffen:

3.1 21. 11. 1997 zu D 202/94:

Schriftlicher Verweis; unsachliche Schreibweise

Bestätigt durch Erkenntnis der Obersten Berufungs‑ und Disziplinarkommission.

3.2 1. 7. 1998 zu D 136/96:

Geldbuße von 30.000 ATS.

Entgegen dem Verbot des Richters des Bezirksgerichts Reutte und der zuständigen Rechtshilferichterin des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien hat der Berufungswerber am 21. 11. 1995 aus einem Verlassenschaftsakt des Bezirksgerichts Reutte das Originaltestament entnommen und erst über gerichtliche Aufforderung am 4. 12. 1995 zurückgestellt.

Bestätigt durch Erkenntnis der Obersten Berufungs‑ und Disziplinarkommission mit der Maßgabe, dass die Geldbuße unter Bedachtnahme auf das Erkenntnis des Disziplinarrats vom 21. 12. 1997 (D 202/94) als Zusatzstrafe verhängt wurde.

3.3 12. 6. 2002 zu D 185/00 und D 23/01:

Geldbuße in der Höhe von 2.000 EUR.

Gegenstand der Verurteilung war einerseits, dass der Berufungswerber als Beklagtenvertreter in einem Schriftsatz unsubstantiiert sämtlichen Richtern des Bezirksgerichts und Landesgerichts Feldkirch vorgeworfen hat, mit den Klagevertretern freundschaftlichen Kontakt zu unterhalten und unterstellte, dass hieraus die Klagevertreter Insiderinformationen hätten; weiters dass er trotz einer Obersten Gerichtshofs-Entscheidung, welche seine wiederkehrende Pauschalablehnung sämtlicher Richterinnen und Richter des Landesgerichts Feldkirch als ,,offenbar missbräuchlich“ qualifiziert hat, diese Behauptung mit Rekurs vom 27. 12. 2000 an das Oberlandesgericht Innsbruck wiederholt hat.

Bestätigt durch Erkenntnis der Obersten Berufungs‑ und Disziplinarkommission mit minimaler Modifikation. Die vom Berufungswerber erhobene Verfassungsgerichtshofbeschwerde wurde abgewiesen.

3.4 14. 9. 2001 zu D 165/97, D 215/99, D 216/99 und D 114/00:

Verurteilung zur Geldbuße von 30.000 ATS.

Gründe für die Verurteilung waren die Umgehung des Mandatsverhältnisses durch Zustellung von Kopien eines Schreibens an den Gegenvertreter auch direkt an die Gegenpartei (4x), der Vorwurf an den Beklagtenvertreter in einem Verfahren vor dem Landesgericht lnnsbruck, dieser habe seinen Mandanten buchstäblich in Stich gelassen; dass der Berufungswerber in einem Fax vom 24. 8. 1999 dadurch unzulässigen Druck ausgeübt hat, dass er ankündigte, er werde am 25. 8. 1999 die Wohnung einer G***** P***** mit verschiedenen Mietlustigen besichtigen und falls die Wohnung nicht geöffnet werde, den Schlüsseldienst bemühen, weswegen er auch in weiterer Folge wegen einer Besitzstörungshandlung rechtskräftig schuldig erkannt wurde; er habe als Vertragserrichter eines Kaufvertrags den Kaufpreis von 300.000 ATS nicht zur Hälfte an H***** N***** ausgefolgt, sondern ohne dessen Zustimmung einen Betrag von 132.000 ATS entgegen seiner Auszahlungsverpflichtung zugunsten A***** N***** gerichtlich hinterlegt.

Bestätigt durch Erkenntnis der Obersten Berufungs‑ und Disziplinarkommission. Aufhebung durch den Verfassungsgerichtshof. Teilfreispruch durch die Obersten Berufungs‑ und Disziplinarkommission hinsichtlich der Umgehung. Geldbuße hinsichtlich der verbliebenen Schuldsprüche 1.500 EUR als Zusatzstrafe.

Die vom Berufungswerber neuerlich erhobene Verfassungsgerichtshofbeschwerde wurde abgewiesen.

3.5 18. 6. 2004 zu D 36/02:

Geldbuße in Höhe von 2.500 EUR.

Gegenstand der Verurteilung war, dass der Berufungswerber die von ihm als Mieter der Wohnung ***** Wien, ***** vertraglich übernommene Verpflichtung verletzt hat, indem er entgegen dem vertraglichen Verbot der Hundehaltung im Bestandobjekt einen Schäferhund gehalten hat und zum mit 31. 3. 2001 vereinbarten Endtermin laut Mietvertrag das Bestandobjekt nicht geräumt von eigenen Fahrnissen an den Vermieter zurückgestellt hat; dass er diese von ihm vertraglich übernommenen Verpflichtungen im Verfahren 18 C 196/00a des Bezirksgerichts ***** bis zu dessen rechtskräftiger Beendigung und weiters im Verfahren 15 C 7101 des Bezirksgerichts ***** bis zum Abschluss eines Räumungsvergleichs mutwillig bestritten bzw. in diesem Verfahren wider besseres Wissen unrichtige Prozessbehauptungen aufgestellt hat; dass er trotz der Rechtskraft der im Verfahren 18 C 196/00a des Bezirksgerichts ***** festgestellten Verpflichtung, im Bestandobjekt keinen Hund zu halten und künftig auch Hundehaltung zu unterlassen, fortgesetzt gegen diese Verbote verstoßen hat, sodass die Durchführung eines Exekutionsverfahrens eingeleitet werden musste, sowie weiters, dass er in diesem Exekutionsverfahren die bestehende Verpflichtung mutwillig bestritten bzw Rechtsmittel erhoben und in diesem wider besseres Wissen unrichtige Prozessbehauptungen aufgestellt hat.

Bestätigt durch Erkenntnis der Obersten Berufungs‑ und Disziplinarkommission.

Die vom Berufungswerber erhobene Verfassungsgerichtshofbeschwerde wurde abgewiesen.

3.6 6. 3. 2009 zu D 92/07:

Geldbuße 4.000 EUR.

Gegenstand des Vorwurfes war, dass der Berufungswerber als vom Bezirksgericht Josefstadt im Verlassenschaftsverfahren 1 A 196/02b bestellter Separationskurator, obwohl er über seine Ansprüche als Separationskurator gegenüber der Konkursmasse Verlassenschaft Mag. K***** L***** am 10. 8. 2005 vor dem Handelsgericht Wien zu 3 S 1/04y eine Vereinbarung getroffen hat, gemäß der er unter anderem ausdrücklich erklärte, im gegenständlichen Konkursverfahren keine weiteren Forderungen aus seiner Funktion als Separationskurator zu stellen, mit Eingaben vom 3. 4. 2007, 11. 4. 2007 und 17. 7. 2007 im Konkursverfahren einen weiteren Entlohnungsanspruch in der Höhe von 62.375,90 EUR als Masseforderung, in eventu als Konkursforderung geltend gemacht hat; sowie dass er im Verfahren 21 Cg 56/07a des Handelsgerichts Wien im vorbereitenden Schriftsatz vom 18. 9. 2007 unter anderem folgendes Vorbringen getätigt hat: „Offenbar hat die Konkursrichterin die Formulierung im Aktenvermerk vom 10. 8. 2005 deshalb gewählt, um endlich Ruhe von diesen unrichtigen Behauptungen zu haben. Die Formulierungen der Konkursrichterin im letzten Absatz entsprechen jedoch nicht dem Verfahrensverlauf“.

Bestätigt durch Erkenntnis der Obersten Berufungs‑ und Disziplinarkommission.

4. In der Sitzung des Ausschusses am 3. 12. 2013 wurde der Berufungswerber angehört und ihm Gelegenheit gegeben, seinen Standpunkt und seine Sichtweise zu den einzelnen disziplinären Vorwürfen wie auch zu seinen persönlichen Umständen darzulegen.

In dem vom Ausschuss geführten Ermittlungsverfahren hat der Berufungswerber ein jährliches Bruttoeinkommen aus anwaltlicher Tätigkeit für 2011 in Höhe von 51.091,26 EUR, für 2012 in Höhe von 24.520,20 EUR und für 2013 in Höhe von 5.707,48 EUR angegeben. Seinen Lebensunterhalt bestreite er nun dadurch, dass er einen Miteigentumsanteil an einer Liegenschaft in Vorarlberg an seine Schwester verkauft habe; außerdem habe er von seiner Mutter geerbt.

5. Das Berufungsverfahren hat hinsichtlich der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Berufungswerbers Folgendes ergeben:

Über Aufforderung durch den Obersten Gerichtshof hat der Berufungswerber mit Schriftsatz vom 20. 11. 2014 ein Vermögensverzeichnis vom 17. 11. 2014 vorgelegt; auf dieser Grundlage, auf der Grundlage weiterer beigeschaffter und in der Verhandlung verlesener Urkunden sowie nach Einvernahme des Berufungswerbers werden folgende ergänzende Feststellungen getroffen:

Der Berufungswerber hat in den letzten Jahren aus anwaltlicher Tätigkeit die folgenden jährlichen Bruttoeinkommen erzielt: 2010 6.634,17 EUR, 2011 4.257,61 EUR, 2012 2.043,35 EUR, 2013 475,62 EUR. Sonstiges, nicht aus anwaltlicher Tätigkeit resultierendes Einkommen haben in diesen Jahren weder der Berufungswerber, noch seine Ehegattin erzielt. Der Berufungswerber hat Unterhaltspflichten gegenüber seiner Ehegattin und zwei minderjährigen Kindern. Er lebt derzeit von der Verfassung von Schriftsätzen gegen Entgelt und erhält Unterstützung von Freunden und Familienmitgliedern.

Hinsichtlich der seiner Ehegattin gehörenden Liegenschaft EZ ***** (Einfamilienhaus in ***** Wien, *****, welches als Ehewohnung dient) betreibt die ***** Landes- und Hypothekenbank Aktiengesellschaft zu 26 E 40/13v des Bezirksgerichts ***** zur Hereinbringung von 455.168,07 EUR sA das Zwangsversteigerungsverfahren. Laut (nicht rechtskräftigem) Endurteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 25. 4. 2014, 6 Cg 93/11g, haftet der Berufungswerber für diesen Betrag und einen weiteren Betrag von 50.566,51 EUR sA zur ungeteilten Hand mit seiner Ehegattin. Mit der ***** Landes- und Hypothekenbank Aktiengesellschaft sind zwar Verhandlungen über eine Aufschiebung der Exekution bzw eine Umschuldung anhängig, die aber zum Zeitpunkt der Berufungsverhandlung noch nicht erfolgreich abgeschlossen werden konnten. Der Berufungswerber hofft, mit dem Verkaufserlös aus einer von seiner Ehegattin geerbten Eigentumswohnung die Zwangsversteigerung abwenden zu können.

Die Haftungsklage der Ehegattin des Berufungswerbers gegen die Rechtsanwälte O***** in Deutschland wurde inzwischen abgewiesen und das Oberlandesgericht Karlsruhe hat mit Beschluss vom 28. 5. 2014 eine dagegen erhobene Berufung zurückgewiesen. Gegen diese Entscheidung hat die Ehegattin des Berufungswerbers Nichtzulassungsbeschwerde an den Bundesgerichtshof erhoben.

Gegen den Berufungswerber sind weiterhin Gerichtsverfahren anhängig, die vor allem seine Streitigkeiten mit der M***** GmbH (48 C 571/13x und 72 E 3908/13i Bezirksgericht Innere Stadt Wien), eine Exekutionsführung durch die Rechtsanwaltskammer Wien (24 E 3031/14h Bezirksgericht *****), aber auch Streitigkeiten mit der D***** Rechtsanwälte OG, für welche er Schriftsätze verfasst (6 C 856/14t Bezirksgericht *****), betreffen.

6. Ergänzend stellt der Oberste Gerichtshof weiters fest, dass dem Berufungswerber mit Bescheid des Magistrats der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 15. Bezirk vom 8. 9. 2014, MBA 15 ‑ S 9249/13, eine Ermahnung gemäß § 45 Abs 1 letzter Satz VStG erteilt wurde, weil er im Zeitraum vom 5. 11. 2012 bis 26. 5. 2014 in den folgenden Verfahren

- Verfahren vor dem Bezirksgericht *****, 24 E 6617/13k, 6 C 233/10y und 6 C 478/08w

- Verfahren vor dem Bezirksgericht für Handelssachen Wien, 13 C 532/11x

- Verfahren vor dem Bezirksgericht *****, 4 C 296/10a

- Verfahren vor dem Bezirksgericht Bludenz, 7 A 194/11f

- Verfahren vor dem Handelsgericht Wien, 26 Cg 11/12h

- Verfahren vor dem Bezirksgericht *****, 4 C 270/12y

- Verfahren vor dem Handelsgericht Wien, 13 C 532/11x

- Verfahren vor dem Bezirksgericht für Handelssachen Wien, 11 C 180/14x

- Verfahren vor dem Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien, 6 Cg 93/11g

- Verfahren des Amts der Vorarlberger Landesregierung zu BHFK-III-5010.00-2012/01168

unberechtigt die Berufsbezeichnung „Rechtsanwalt“ geführt hat. Dabei ging das MBA 15 davon aus, dass der Tatbestand der Verletzung des § 57 Abs 1 RAO („Winkelschreiberei“) in objektiver Hinsicht erfüllt sei; allerdings sei das Verschulden des Berufungswerbers gering, weil er in den oben erwähnten Verfahren nur in eigener Sache aufgetreten sei und keine dritten Mandanten vertreten und/oder beraten habe. Außerdem habe der Berufungswerber rechtzeitig alle erforderlichen Schritte zur Wiederzulassung gesetzt und habe es die Rechtsanwaltskammer Wien scheinbar verabsäumt, eine Sachentscheidung über die Wiedereintragung in die Liste der Rechtsanwälte zu treffen. Gegen diesen Bescheid hat der Berufungswerber Beschwerde erhoben.

Ein vom Österreichischen Rechtsanwaltsverein, Wirtschaftliche Organisation der Rechtsanwälte Österreichs, mit einer Klage auf Unterlassung nach dem UWG gegen den Berufungswerber verbundener Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung wurde rechtskräftig abgewiesen; dies im Wesentlichen mit der Begründung, dass der Antragsteller nicht bescheinigen konnte, dass der Berufungswerber weiterhin im geschäftlichen Verkehr eine Rechtsanwaltskanzlei betreibt oder Kunden anwaltlich berät oder vertritt (Beschluss des Oberlandesgerichts Wien vom 19. 9. 2012, 1 R 169/12y).

Festzuhalten ist, dass sich der Beschwerdeführer auch in seiner vorliegenden Berufung weiterhin als Rechtsanwalt bezeichnet.

7. Gegen den angefochtenen Beschluss des Ausschusses vom 3. 12. 2013 richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung, mit welcher Verfahrensmängel und unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht werden; dies verbunden mit den Anträgen

a) eine mündliche Berufungsverhandlung anzuberaumen,

b) der Berufung Folge zu geben und die angefochtene Entscheidung dahingehend abzuändern, sodass die Erlöschung der Ausübung der Rechtsanwaltschaft bescheidmäßig aufgehoben werde;

c) festzustellen, dass die Streichung aus der Liste rechtsunwirksam ist und der Berufungswerber anlässlich der Plenarversammlung vom 16. 5. 2013 in seinen Rechten als Rechtsanwalt verletzt wurde;

d) in eventu den Antrag auf Wiedereintrag in die Liste der Rechtsanwaltskammer Wien positiv zu erledigen.

Rechtliche Beurteilung

8. Die Berufung ist nicht berechtigt:

8.1 Als Verfahrensmangel macht der Berufungswerber zunächst geltend, dass er nicht schon ab rechtskräftiger Eröffnung des Insolvenzverfahrens, sondern erst durch Streichung von der Liste die Zugehörigkeit zum Rechtsanwaltsstand verloren habe. Ein Bescheid über seine Streichung von der Liste sei ihm nie zugestellt worden, diese sei ‑ wie er an anderer Stelle der Berufung ausführt ‑ am 5. 12. 2011 im Amtsblatt zur Wiener Zeitung ohne Erlassung eines Bescheides veröffentlicht worden. In analoger Anwendung des § 34 Abs 1 Z 4 RAO sei der Berufungswerber ex lege (weiterhin) zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft berechtigt. Die Entscheidung über seinen Antrag vom 20. 2. 2012 habe daher nur deklaratorische Bedeutung.

Dem ist zunächst das vom Berufungswerber zitierte, in seinem eigenen Verfahren ergangene Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom 11. 6. 2013, B 1267/2012, entgegenzuhalten, wonach die Berechtigung zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft mit rechtskräftiger Eröffnung des Insolvenzverfahrens ex lege erlischt und der Beschwerdeführer demnach „ab der rechtskräftigen Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht mehr dem Anwaltsstand angehörte“ (Pkt III. 2.1 des zitierten Erkenntnisses). Der Verfassungsgerichtshof hat auch klargestellt, dass die Berechtigung zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft nach Wegfall des Insolvenzverfahrens „nicht automatisch wieder auflebt“(Pkt III. 3.1 des zitierten Erkenntnisses), wobei diese Intention zweifelsfrei aus der Regierungsvorlage zum Rechtsanwalts-Berufsrechts-Änderungsgesetz 1999 (1638 der Beilagen XX. GP, Seite 18 f) hervorgeht.

Nur der Vollständigkeit halber ist anzumerken, dass gegen die Löschung aus der Liste der Rechtsanwälte vom Gesetz kein Instanzenzug vorgesehen ist (Verfassungsgerichtshof 24. 9. 1990, B 694/90). Wenn die Berufsbefugnis schon ex lege mit rechtskräftiger Eröffnung des Insolvenzverfahrens verloren geht und ein dies feststellender Bescheid nur deklaratorischen Charakter hat, kann die anschließende Streichung aus der Liste der Rechtsanwälte keine konstitutive Bedeutung für die (Nicht-)Zugehörigkeit zum Anwaltsstand haben.

Schon aus diesen Gründen erweisen sich alle Überlegungen des Berufungswerbers, er sei zu Unrecht von der Liste der Rechtsanwälte gestrichen worden und die Rechtsanwaltskammer Wien habe ihm zu Unrecht die Teilnahme an der Plenarversammlung vom 16. 5. 2013 sowie die Ausübung seines Wahlrechts verweigert, als nicht zielführend.

8.2 Als weiteren Verfahrensmangel macht der Berufungswerber geltend, dass die festgestellten disziplinären Vorverurteilungen nicht so gravierend seien, dass sie eine Streichung der Liste rechtfertigen würden, außerdem würden diese Verfahren teilweise viele Jahre zurückliegen und sei unberücksichtigt geblieben, dass der Berufungswerber von einem Großteil der gegen ihn erhobenen disziplinären Vorwürfe freigesprochen wurde.

Hinsichtlich der anhängigen (abgebrochenen) Disziplinarverfahren habe der Ausschuss jeweils nur die erhobenen Vorwürfe festgestellt, sich aber nicht mit den in diesen Disziplinarverfahren eingebrachten Äußerungen und den darin enthaltenen Rechtfertigungen abschließend auseinandergesetzt. Schließlich sei für die Entscheidung in Disziplinarsachen nicht der Ausschuss, sondern der Disziplinarrat der Rechtsanwaltskammer Wien zuständig. In der Berufung nimmt der Berufungswerber noch einmal zu den in diesen Disziplinarverfahren erhobenen Vorwürfen Stellung und verweist auf die von ihm in diesen Disziplinarverfahren erstatteten verantwortlichen Äußerungen.

Darauf ist zu erwidern, dass das vorliegende Verfahren kein Disziplinarverfahren ist, in welchem dem Berufungswerber die Disziplinarstrafe der Streichung von der Liste droht (für ein solches Verfahren wäre in erster Instanz tatsächlich der Disziplinarrat zuständig), sondern um ein Verfahren auf Eintragung in die Liste der Rechtsanwälte, in welchem der Ausschuss die Vertrauenswürdigkeit des Antragstellers zu prüfen hat. Auch wenn über die Verhängung von Disziplinarstrafen erst in den (im Fall der Wiedereintragung des Berufungswerbers) fortzusetzenden Disziplinarverfahren zu entscheiden sein wird, hat der Ausschuss bei der Beurteilung der Vertrauenswürdigkeit des Antragstellers auch das „anwaltliche Vorleben“ des Berufungswerbers in seiner Gesamtheit zu würdigen. Dieser Verpflichtung ist der Ausschuss nachgekommen, weil die betreffenden Disziplinarakten (mit den verantwortlichen Äußerungen des Berufungswerbers) beigeschafft wurden und der Berufungswerber dazu auch ausführlich in der Anhörung vom 4. 12. 2013 befragt wurde. Der Ausschuss hat sich auch inhaltlich mit diesen Vorwürfen und den Argumenten des Berufungswerbers auseinandergesetzt und somit weitgehend eine einseitige Betrachtungsweise vermieden. Insoweit in diesem Zusammenhang ergänzende Feststellungen aus den Disziplinarakten zu treffen waren, hat diese der Oberste Gerichtshof seiner Entscheidung zugrundegelegt.

Festzuhalten ist in diesem Zusammenhang auch, dass der weitaus überwiegende Teil der angezeigten Vorwürfe vom Sachverhalt nicht strittig ist, sondern es um die standesrechtliche Gesamtwürdigung des Verhaltens des Berufungswerbers unter dem Blickwinkel der Vertrauenswürdigkeit geht.

Die vom Ausschuss aus den Disziplinarakten getroffenen Feststellungen sind unbedenklich. Insofern diese Feststellungen die Verantwortungen des Berufungswerbers in den jeweiligen Verfahren nicht (ausreichend) berücksichtigt haben, hat der Oberste Gerichtshof dazu ergänzende Feststellungen getroffen.

8.3 Unter teils wortwörtlicher Wiederholung seines Vorbringens zur Mängelrüge macht der Berufungswerber in seiner Rechtsrüge geltend, dass er erst durch die Streichung von der Liste aus dem Rechtsanwaltsstand ausgeschieden sei und er infolge der Aufhebung des Insolvenzverfahrens seit 21. 2. 2012 wiederum zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft berechtigt sei. Außerdem sei ihm kein Beschluss über die Streichung aus der Liste zugestellt worden, ihm sei zu Unrecht die Teilnahme an der Plenarversammlung vom 16. 5. 2013 sowie die Ausübung seines Wahlrechts verweigert worden.

Mit diesen Berufungsausführungen ist der Beschwerdeführer neuerlich auf das ihm schon seit über einem Jahr vorliegende Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom 11. 6. 2013, B 1267/12, zu verweisen. § 34 RAO regelt zwei unterschiedliche Fälle, nämlich in Absatz 1 den Fall des (endgültigen) „Erlöschens“ der Berechtigung zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft (wozu gemäß Z 4 auch der Fall der rechtskräftigen Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gehört) und den Fall des bloßen „Ruhens“ der Berechtigung (Absatz 2). Es ist nicht nachvollziehbar, aus welchen Gründen der Berufungswerber trotz des eindeutigen Gesetzeswortlautes, trotz der ausdrücklichen Erläuterungen in der Regierungsvorlage und trotz der Klarstellung durch den Verfassungsgerichtshof weiterhin den Standpunkt aufrecht erhält, er gehöre weiterhin dem Rechtsanwaltsstand an.

8.4 In seiner Rechtsrüge bemängelt der Berufungswerber außerdem, dass „eine Prüfung der Vertrauenswürdigkeit im Sinne des § 5 RAO in Wirklichkeit nicht stattgefunden habe“. Das dem Berufungswerber in den Disziplinaranzeigen vorgeworfene Verhalten begründe keine Vertrauensunwürdigkeit im Sinne des § 5 RAO. Die Begründung des Ausschusses sei völlig unobjektiv, enthalte offenkundige Widersprüche und doppelte Standards. Der Berufungswerber werde offenbar von verschiedenen bei der Standesbehörde ehrenamtlich tätigen Personen gemobbt. Weiters habe sich die Erstbehörde nicht mit den Äußerungen des Berufungswerbers zu den einzelnen disziplinären Vorwürfen auseinandergesetzt. Zu diesen Vorwürfen und deren Bewertung durch den Ausschuss wird in der Berufung noch einmal im Detail Stellung genommen. Er sei seit dem Jahr 1992 in die Liste der Rechtsanwälte eingetragen und habe seither aufgrund seiner umfangreichen Ausbildung und seiner hervorragenden Fachkenntnisse seine Klienten mit großem Fleiß vertreten. Abschließend weist der Berufungswerber darauf hin, dass die Berechtigung zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft für ihn und seine Familie von existentieller Bedeutung sei und die Verzögerung der Entscheidung eine erhebliche Einschränkung seines verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf Erwerbsfreiheit darstelle.

Dazu hat der Oberste Gerichtshof Folgendes erwogen:

Bei jedem Antrag auf Eintragung in die Liste der Rechtsanwälte hat die Standesbehörde gemäß § 5 Abs 2 RAO auch die Vertrauenswürdigkeit des Eintragungswerbers zu prüfen. Das Eintragungshindernis des § 5 Abs 2 RAO beruht nicht auf der Anwendung strafgesetzlicher Bestimmungen, sondern darauf, dass der Eintragungswerber ‑ wann immer (Bkv 2/77 = AnwBl 1978/515) ‑ Handlungen begangen hat, die ihn vertrauensunwürdig machen.

Für die Erlangung der Berufsbefugnis als Rechtsanwalt genügt es nicht, nur die Voraussetzungen für einen sachkundigen Rechtsberater zu erfüllen; der Eintragungswerber muss auch Gewähr dafür bieten, ein charakterlich integrer Rechtsfreund zu sein, dem die rechtsuchende Bevölkerung vertrauen darf (Bkv 1/91 in AnwBl 1992, 739; Lohsing/Braun, Österreichisches Anwaltsrecht 23).

Bei der Prüfung der Vertrauensunwürdigkeit ist der Ausschuss zwar in tatsachenmäßiger Beziehung an die in Disziplinarverfahren festgestellten Sachverhalte gebunden, er hat jedoch selbstverantwortlich darüber abzusprechen, ob die geforderte Vertrauenswürdigkeit (trotz einer disziplinären Verfehlung) gegeben ist. Die Beurteilung dieser Frage, deren Beantwortung nicht immer von der Verurteilung des Bewerbers wegen eines Disziplinarvergehens abhängt, kann der Ausschuss somit keineswegs auf den Disziplinarrat abschieben, der unabhängig davon nur darüber entscheiden kann, ob ein eingetragener Rechtsanwalt ein Disziplinarvergehen begangen hat und welche Strafe hiefür zu verhängen ist (Bkv 3/83, AnwBl 1984, 548). In die vom Ausschuss anzustellende eigenständige Gesamtbeurteilung sind daher auch Handlungen des Antragstellers einzubeziehen, die Gegenstand der (infolge des Erlöschens der Berufsbefugnis des Antragstellers) abgebrochenen Disziplinarverfahren sind.

Zwar gilt die dreijährige Sperrfrist des § 18 DSt nur im Fall der Verhängung der Disziplinarstrafe der Streichung von der Liste, nicht aber im Fall des Erlöschens der Berufsbefugnis wegen rechtskräftiger Insolvenzeröffnung. Jedoch kann auch nach Ablauf dieses Zeitraums die Eintragung wegen Vertrauensunwürdigkeit verweigert werden. Aus der Bestimmung des § 18 DSt kann daher nicht geschlossen werden, dass länger zurückliegende disziplinäre Verfehlungen bei der Beurteilung der Vertrauenswürdigkeit außer Betracht zu bleiben hätten. Die Vertrauenswürdigkeit wird nicht „automatisch“ durch Zeitablauf wiedererlangt (Bkv 1/91 in AnwBl 1992/4269 mit Anm Strigl).

Für die Frage der Vertrauenswürdigkeit kommt es darauf an, ob das gesamte berufliche und charakterliche Verhalten geeignet ist, Vertrauen in die korrekte Berufsausübung zu erwecken (VwSlg 8915 A/1975; Bkv 4/00 in AnwBl 2001/7755).

Dabei ist ein strenger Maßstab anzulegen. Es ist unmaßgeblich, in welchen Bereichen die Ursachen für den Verlust der Vertrauenswürdigkeit liegen, weil es nur darauf ankommt, ob das erforderliche Maß an Vertrauenswürdigkeit dem Rechtsanwalt überhaupt zukommt (Verfassungsgerichtshof 28. 11. 2006, B 1009/06). Der Rechtsanwaltsstand verlangt, dass sich Standesangehörige eines einwandfreien, absolut verlässlichen Verhaltens befleißigen und insbesondere in Geldangelegenheiten Sauberkeit walten lassen (AnwBl 1978, 972).

Dieses Verhalten hat keineswegs ausschließlich den Schutz der Ehre und Würde des Berufsstandes, sondern auch den Schutz der rechtsuchenden Bevölkerung zum Ziel (Bkv 4/00 in AnwBl 2001/7755).

Nach den Verfahrensergebnissen hat es der Berufungswerber unterlassen, rechtzeitig die finanziellen Ansprüche seiner von ihm gekündigten Sekretärin zu erfüllen, weshalb diese gegen ihn zunächst die Klage einbringen, dann Exekution führen und schließlich die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beantragen musste. Aus den Ausschussakten ergibt sich außerdem eine Vielzahl weiterer gegen den Berufungswerber in den Jahren 2010 und 2011 anhängig gewesener Gerichtsverfahren.

Nach der bis zum Rechtsanwalts-Berufsrechts-Änderungsgesetz 1999 (BGBl I Nr 71/1999) geltenden Rechtslage bewirkte die Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen eines Rechtsanwalts nur das Ruhen der Berufsbefugnis bis zur rechtskräftigen Aufhebung des Verfahrens. Die seither geltende Bestimmung des § 34 Abs 1 Z 4 RAO, wonach die Berufsberechtigung bei rechtskräftiger Eröffnung eines Insolvenzverfahrens endgültig erlischt, wurde zwar kritisiert, weil sie die Möglichkeit einer gerichtlichen Sanierung von Rechtsanwälten erheblich erschwert, wenn nicht sogar gänzlich ausschließt (Reckenzaun, Eröffnung eines Insolvenzverfahrens und Erlöschen der Berechtigung zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft, AnwBl 2008, 351 ff). Nach anderer Meinung (Murko, Eröffnung eines Insolvenzverfahrens und Erlöschen der Berechtigung zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft ‑ Eine Replik, AnwBl 2008, 354 ff) kann aufgrund der besonderen Stellung des Rechtsanwalts in der Rechtsordnung und seiner besonderen beruflichen Verpflichtungen eine Entschuldung bei aufrechter Berufsbefugnis nicht zulässig sein.

Der Oberste Gerichtshof vertritt die Auffassung, dass die einmal erfolgte Eröffnung eines Insolvenzverfahrens zwar nicht generell pro futuro die Vertrauenswürdigkeit und somit die Möglichkeit einer neuerlichen Eintragung in die Rechtsanwaltsliste ausschließt, doch sind die Ursachen des Insolvenzverfahrens und weiters zu prüfen, ob der Antragsteller nun in geordneten finanziellen Verhältnissen lebt.

Im vorliegenden Fall ist die Insolvenzeröffnung auf eine geradezu unverständliche Sorglosigkeit des Berufungswerbers in seinem Kanzleimanagement zurückzuführen: Ein Rechtsanwalt muss wissen, welche Fristen und Termine bei Kündigungen von Mitarbeitern einzuhalten sind. Wenn ihm dabei Fehler unterlaufen, muss er für die finanziellen Auswirkungen unverzüglich einstehen. Ist er dazu nicht in der Lage, darf er es nicht auf Exekutionsführungen oder auf von dritter Seite gestellte Konkursanträge ankommen lassen, sondern muss versuchen, Zahlungserleichterungen zu verhandeln. Gelingt ihm dies nicht, hat er entweder selbst die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu beantragen oder auf die Ausübung der Rechtsanwaltschaft zu verzichten. Aufgrund der damit verbundenen negativen Publizitätswirkungen bedeutet jede Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über einen aktiven Rechtsanwalt eine gravierende Beeinträchtigung der Reputation des Anwaltsstandes.

Zwar wurde im vorliegenden Fall das Insolvenzverfahren gemäß § 123b IO (mit Einverständnis aller Gläubiger) aufgehoben, doch ist dem Konkursakt zu entnehmen, dass die Befriedigung bzw Sicherstellung der Gläubiger durch die Ehegattin des Berufungswerbers (und nicht durch diesen selbst) erfolgte, sodass weiterhin erhebliche Bedenken an seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und an seinem Umgang mit finanziellen Angelegenheiten bestehen. Auch seine Anhörung vor dem Ausschuss und seine dort gegebenen Auskünfte über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse vermögen diese Bedenken nicht zu zerstreuen.

Nach den vom Obersten Gerichtshof durchgeführten Erhebungen haben sich die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Berufungswerbers weiter verschlechtert: Die ***** Landes- und Hypothekenbank Aktiengesellschaft betreibt inzwischen die Zwangsversteigerung der der Ehegattin des Berufungswerbers gehörenden Liegenschaft in ***** Wien, welche als Sicherstellung für einen auch vom Berufungswerber aufgenommenen Kredit verpfändet wurde. Wegen dieser Forderung von über 500.000 EUR (zuzüglich Zinsen und Kosten) liegt inzwischen auch gegen den Berufungswerber zumindest ein erstinstanzliches Urteil vor. Da der Berufungswerber angegeben hat, dass seine Ehegattin über kein eigenes Einkommen verfügt, sondern er vielmehr ihr gegenüber sorgepflichtig ist, ist auch von dieser Seite keine nachhaltige finanzielle Unterstützung zu erwarten.

Auch die Chancen auf Rückführung der obigen Kreditverbindlichkeit aus den in Deutschland geführten Prozessen haben sich deutlich verschlechtert. Mit einer Anwaltskanzlei, für welche er Schriftsätze verfasste, ist er im Streit.

Gerade im Hinblick darauf, dass der Berufungswerber in der Vergangenheit von ihm eingegangene Verpflichtungen (etwa D 65/11) nicht eingehalten und es immer wieder auf Klagen hat ankommen lassen und auch die Verpflichtung zur unverzüglichen Abrechnung von Klientengeldern (D 166/09, D 53/10) nicht erfüllt hat, ist der Nachweis geordneter finanzieller Verhältnisse Voraussetzung dafür, das Vertrauen in den Berufungswerber wieder herzustellen. Dieser Nachweis ist dem Berufungswerber nicht gelungen.

Es ist daher zu befürchten, dass der Berufungswerber im Fall seiner neuerlichen Eintragung in die Rechtsanwaltsliste kurzfristig wieder mit finanziellen Problemen zu kämpfen haben wird. Dazu kommt, dass ‑ ohne allfälligen Entscheidungen des Disziplinarrates vorgreifen zu wollen ‑ im Fall der Fortsetzung der abgebrochenen Disziplinarverfahren nach dem derzeitigen Verfahrensstand die Verhängung teils erheblicher Geldbußen, die den Berufungswerber zusätzlich belasten werden, keineswegs ausgeschlossen erscheint.

Die auffallende Sorglosigkeit des Berufungswerbers betrifft aber nicht nur seine finanziellen Angelegenheiten, sondern auch den Umgang mit seiner Standesbehörde: So hat er sich nicht nur der vom Ausschuss im Juni 2011 angeordneten Überwachung seiner Kanzlei (die vielleicht noch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens im September 2011 verhindert hätte) widersetzt (D 155/11), sondern auch eine Weisung seiner Kammer ignoriert (D 166/09).

Die grobe Missachtung von Standesvorschriften durch den Berufungswerber wird auch daraus deutlich, dass er sich weiterhin in verschiedenen von ihm (wenn auch nur in eigener Sache) geführten Verfahren (Verwaltungsstrafakt MBA 15 ‑ S 9249/13 mit den dort angeführten Gerichtsverfahren) und sogar in der vorliegenden Berufung vom 27. 5. 2014 und noch in seinem Schriftsatz vom 20. 11. 2014 als Rechtsanwalt bezeichnet, obwohl ihm spätestens seit Vorliegen des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofs vom 11. 6. 2013, B 1267/2012, klar sein musste, dass er ab der rechtskräftigen Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht mehr dem Anwaltsstand angehörte.

Auch wenn die in den anhängigen Disziplinarverfahren gegen den Berufungswerber erhobenen Vorwürfe teilweise noch nicht abschließend beurteilt werden können, sind schon die bisherigen Verfahrensergebnisse ausreichend, um die vom Gesetz geforderte Vertrauenswürdigkeit des Berufungswerbers zu verneinen:

Zunächst ist auf die rechtskräftige (und daher den Obersten Gerichtshof vom festgestellten Sachverhalt her bindende) Verurteilung zu D 92/07 vom 6. 3. 2009 zu verweisen, wonach der Berufungswerber entgegen einer vor der Konkursrichterin mit dem Masseverwalter im Konkursverfahren über die Verlassenschaft nach Mag. K***** L***** getroffenen Verzichtsvereinbarung weitere Kosten als Separationskurator beanspruchte. Einen derart gravierenden Verstoß gegen das Prinzip der Vertragstreue darf ein Rechtsanwalt nicht begehen.

Auch wenn in den Nachbarschaftsstreitigkeiten betreffend die Liegenschaft seiner Ehegattin noch Beweisfragen zu klären sein werden (D 149/11), steht schon jetzt fest, dass diese Verfahren (wohl von beiden Seiten) mit einer Schärfe und Hartnäckigkeit geführt wurden, die dem Ruf der Anwaltschaft abträglich sind (nur beispielsweise sei der stattgefundene Polizeieinsatz erwähnt).

Standesrechtlich völlig unakzeptabel ist das vom Berufungswerber im Zusammenhang mit dem Vergleichsabschluss mit der M***** GmbH gesetzte (unstrittige) Verhalten (D 139/11): Ein Rechtsanwalt darf in eigener Sache keinen Räumungsvergleich abschließen, von dem er weiß, dass seine Durchsetzung an den örtlichen Gegebenheiten scheitern wird. Auch wenn dieser Vergleich vom gegnerischen Rechtsanwalt formuliert worden sein mag, traf den Berufungswerber diesbezüglich (jedenfalls unter Kollegen) eine Aufklärungspflicht. Wenn der Berufungswerber derartige Aufklärungspflichten verletzt, darf er nicht erwarten, dass man ihm künftig Vertrauen entgegenbringt.

Gleiches gilt für die vom Sachverhalt ebenfalls unstrittige Kündigung des Bestandobjekts in ***** Wien, ***** (D 160/10): Auch hier werden einfachste Grundsätze des redlichen Geschäftsverkehrs verletzt, wenn der Berufungswerber das Mietobjekt zunächst rechtsirrtümlich zum 30. 4. 2009 kündigt, den Hinweis des Vermieters auf die dreimonatige Kündigungsfrist unwidersprochen lässt, das Mietobjekt weder nach einem, noch nach drei Monaten zurückstellt, im daraufhin eingeleiteten Räumungsverfahren seine eigene Kündigung zurücknimmt und das Mietobjekt erst am 30. 12. 2009 zurückstellt. Ob der für dieses Mietobjekt verlangte Mietzins überhöht war, ist in diesem Zusammenhang nicht relevant.

Ob der Vertreter der H ***** GmbH gegenüber dem Berufungswerber Kosten und Zinsen gestundet hat (D 65/11) ist eine Frage der Beweiswürdigung. Unstrittig ist jedoch, dass es der Berufungswerber auch in diesem Verfahren wegen eines relativ geringfügigen Betrags von 1.470,13 EUR auf eine Klagsführung ankommen ließ und er diesen Betrag erst nach der letzten Tagsatzung (aber vor Urteilszustellung) bezahlte.

Die vom Berufungswerber in den verschiedenen Verfahren vor dem Bezirksgericht ***** eingebrachten Ablehnungsanträge (D 21/11) zeigen ein für den Berufungswerber typisches Verhaltensmuster mit besonderer Deutlichkeit, nämlich das zähe und hartnäckige, ja geradezu fanatische Führen von Rechtsstreitigkeiten ohne jegliche realistische Erfolgschance und ohne jegliche Einsicht in die Sinnlosigkeit dieser Vorgangsweise. Nun ist eine gewisse Hartnäckigkeit grundsätzlich keine einem Rechtsanwalt vorwerfbare Eigenschaft, sondern bis zu einem gewissen Grad sogar eine anwaltliche Tugend. Die Grenze wurde im vorliegenden Fall aber jedenfalls dann überschritten, als der Berufungswerber nach Zustellung der für ihn negativen Rekursentscheidung des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien am 3. 8. 2010 weitere weitgehend wortgleiche Ablehnungsanträge einbrachte, von denen er wissen musste, das sie keine Chance auf Erfolg haben konnten; eine Vorgangsweise, die nur als rechthaberische Realitätsverweigerung oder als mutwillige Verfahrensverschleppung beurteilt werden kann.

Nahtlos in dieses Bild fügt sich das Verhalten des Berufungswerbers im Zusammenhang mit der Verzögerung der Bezahlung seiner Kostenschuld aus dem verlorenen Verfahren gegen Ka***** R***** (43 Cg 85/07h des Handelsgerichts Wien), in welchem der Berufungswerber eine ganz offensichtlich aussichtslose Oppositionsklage eingebracht hatte, die kein Vorbringen über nach dem Entstehen des Exekutionstitels eingetretene neue Tatsachen („nova producta“, § 35 Abs 1 EO) enthielt (D 207/10).

Bei seiner Einvernahme durch den Ausschuss hat sich der Berufungswerber uneinsichtig gezeigt und versucht, sein objektiv standeswidriges Verhalten zu rechtfertigen. Zwar hat der Berufungswerber in der Berufungsverhandlung bis zu einem gewissen Grad eingesehen, dass er sich nicht mehr als Rechtsanwalt bezeichnen darf. Andererseits hat er den Obersten Gerichtshof nicht vollständig über die gegen ihn anhängigen Gerichtsverfahren informiert (entgegen der Aufforderung vom 10. 11. 2014 hat er die von der D***** Rechtsanwälte OG gegen ihn eingebrachte Klage in seinem Schriftsatz vom 20. 11. 2014 nicht erwähnt). Auch dieses Verhalten zeigt, dass ein Vertrauensvorschuss nicht gerechtfertigt ist.

Es ist daher zu befürchten, dass er im Fall seiner Wiedereintragung in die Liste der Rechtsanwälte neuerlich in ähnliche Verhaltensmuster verfallen wird, die dem Ansehen des Rechtsanwaltsstandes und den Interessen der rechtssuchenden Bevölkerung in höchstem Maße abträglich sein werden. Diese Gefahr ist umso realistischer, als seine angespannten Einkommens- und Vermögensverhältnisse, die 2011 zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens geführt haben, sich seither nicht gebessert, sondern verschlechtert haben. Es ist daher zu befürchten, dass der Berufungswerber wieder in seine früher gezeigten Verhaltensweisen (Nichterfüllung übernommener Verpflichtungen, Einbehalten von Klientengeldern, mutwillige Verfahrensverschleppungen, Missachtung seiner Standesbehörde) verfallen wird. In Anbetracht dieser konkret drohenden Gefahr (quasi „sehenden Auges“) konnte daher dem Eintragungsbegehren keine Folge gegeben werden.

Dem stehen auch keine grundrechtlichen Bedenken entgegen, zumal das Grundrecht der Erwerbsfreiheit gemäß Art 6 Abs 1 StGG unter einem Gesetzesvorbehalt steht und es vom Berufungswerber selbst zu verantworten ist, die von § 5 RAO für die Eintragung als Rechtsanwalt geforderte Voraussetzung der Vertrauenswürdigkeit nicht zu erfüllen.

9. Der Verfassungsgerichtshof hat die dem Eintragungsverfahren für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter zugrunde liegenden Gesetzesbestimmungen wiederholt als verfassungskonform erachtet (VfGH 9. 10. 2007, B 1605/06‑11; vgl auch VfGH 15. 6. 2011, B 1297/10; vgl auch ‑ wenn auch nicht zur RAO ‑ VfHG 14. 10. 1987, B 353/86). Der Oberste Gerichtshof schließt sich dieser Auffassung an und teilt die die unlängst von Gratzl (Eintragungs- und Streichungsverfahren der Rechtsanwälte verfassungswidrig, ecolex 2014, 1017) dagegen geäußerten Bedenken nicht. Die von Gratzl als Beleg zitierte Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs (23. 6. 2014, G 87/2013 ua) betrifft nicht die RAO und setzt sich mit dem in B 1605/06-11 als Argument für die Verfassungskonformität des Eintragungsverfahrens ins Treffen geführten Rechtszug an die Obersten Berufungs‑ und Disziplinarkommission, die kein Organ der Selbstverwaltung sei, naturgemäß nicht auseinander. Durch den Umstand, dass der Rechtszug in Eintragungssachen nunmehr an den Obersten Gerichtshof führt, gewinnt dieses Argument aber noch weiter an Gewicht.

Der Berufung war daher ein Erfolg zu versagen.

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