OGH 9Ob79/14d

OGH9Ob79/14d27.11.2014

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kuras und Mag. Ziegelbauer, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Dehn und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Hargassner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei K***** GmbH, *****, vertreten durch Mag. Klemens Mayer, Mag. Stefan Herrmann, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei M***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Thomas Krankl, Rechtsanwalt in Wien, wegen 65.504 EUR sA (Revisionsinteresse: 23.100 EUR sA), über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 28. August 2014, GZ 2 R 136/14f‑70, mit dem der Berufung der beklagten Partei gegen das Teilurteil des Handelsgerichts Wien vom 23. Mai 2014, GZ 42 Cg 101/10h‑66, nicht Folge gegeben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision der beklagten Partei wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit 1.329,84 EUR (darin 221,64 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Entgegen den Ausführungen in der Revisionsbeantwortung wurde der Beklagten das Berufungsurteil am 8. 9. 2014 zugestellt. Ihre am 6. 10. 2014 eingebrachte ordentliche Revision ist daher rechtzeitig. Sie ist jedoch entgegen dem ‑ den Obersten Gerichtshof nicht bindenden ‑ Zulässigkeitsausspruch unzulässig, weil die Entscheidung nicht von Rechtsfragen von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO abhängt. Die Zurückweisung kann sich auf die Ausführungen der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 ZPO).

2. Ist die Höhe des Entgelts für den Besteller bei Übernahme des Werks nicht klar bestimmt, so tritt Fälligkeit des Werklohns im Allgemeinen erst mit Übermittlung einer detaillierten und nachvollziehbaren Abrechnung ein (RIS‑Justiz RS0021821; RS0034319). Eine detaillierte Rechnung liegt vor, wenn unter Berücksichtigung der Art und des Umfangs des Werks sowie des Einblicks des „Bestellers“ dieser ausreichend über die Berechnungsunterlagen informiert wird, sodass er die Möglichkeit der Prüfung der Angemessenheit des Gesamtentgelts besitzt. Ob diese Anforderungen erfüllt sind, ist nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen (RIS‑Justiz RS0021946).

Der Einwand der mangelnden Fälligkeit ist nach der Rechtsprechung jedoch unbeachtlich, wenn ‑ bei fehlerhafter Abrechnung oder bei entsprechenden Behauptungen zu objektiv verständlichen Abrechnungs-schwierigkeiten ‑ der Rechnungslegungspflichtige die Abrechnungsmängel im Zuge des Rechtsstreits über seine Entgeltansprüche behebt. Ist also bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung in erster Instanz eine hinlängliche Erläuterung und Klärung aller offenen Probleme der Abrechnung erfolgt, so ist von der Fälligkeit der abgerechneten Leistungen auszugehen. Die Klarstellung kann auch durch die Einholung von Sachverständigengutachten erfolgen (8 Ob 114/11i; RIS‑Justiz RS0021928; RS0021918).

3. Im vorliegenden Fall hat die Beklagte der Klagsforderung als Gegenforderung ihren Werklohn aus Bautätigkeiten entgegengehalten. Dessen Höhe konnte vom Sachverständigen anhand der von der Beklagten gelegten Rechnung nicht nachvollzogen werden, weil ihm dafür ein Mindestmaß an Unterlagen wie zB Kostenvoranschläge, Auftragsschreiben, bestätigte Bautagesberichte, Regielisten oder Aufmaßblätter fehlte (Gutachten ON 29 S 6, 10 f; ON 39 S 4 f). Die Beklagte legte solche Urkunden nicht vor, sondern regte eine Stellungnahme des Sachverständigen zu den durchschnittlichen Kosten eines Bauherren für die verzeichneten Leistungen an (ON 33 vom 28. 11. 2011, ON 43 vom 27. 1. 2012). In der Tagsatzung vom 12. 2. 2013 (ON 50) erklärte das Erstgericht, allenfalls von der Beklagten noch vorgelegte Aufmaßblätter als Beweismittel nicht mehr zuzulassen, weil das Verfahren bereits seit 2010 anhängig sei und die Aufmaßblätter längst hätten vorgelegt werden können.

4. In ihrer Revision ist die Beklagte der Ansicht, dass die Leistungen im Sinne der Entscheidung 8 Ob 114/11i entsprechend betraglich zu bewerten gewesen wären. In jenem Fall hatte der Oberste Gerichtshof Feststellungen zu konkreten Abrechnungsmängeln und Berechnungsfehlern der von der klagenden Masseverwalterin gelegten Rechnungen vermisst, die in angeschlossenen Tabellen eine Beschreibung der Leistung, Lohn, Sonstiges, EH-Preis, die Menge sowie der Positionspreis enthielten. Diese Mängel sollten zunächst von den Beklagten geltend gemacht werden, um der Klägerin sodann Gelegenheit zu geben, die Mängel ihrer Schlussabrechnung durch Beiziehung eines Sachverständigen zu beheben. Festgehalten wurde, dass mit Rücksicht auf die Abrechnungsschwierigkeiten der Klägerin die Überprüfung der Abrechnung auch im Prozess erfolgen könne.

Davon unterscheidet sich jedoch der vorliegende Fall, weil keine Gründe für Abrechnungsschwierigkeiten der Beklagten erkennbar sind und bereits ein Sachverständiger beigezogen wurde, der mehrfach auf die Mangelhaftigkeit und fehlende Nachvollziehbarkeit der Rechnung der Beklagten hinwies und die erforderlichen Unterlagen nannte, diese von der Beklagten aber nicht beigebracht wurden. In dieser Konstellation ist es vertretbar und nicht weiter korrekturbedürftig, wenn das Berufungsgericht der Ansicht war, dass der Beklagte nicht im Wege eines gerichtlichen Sachverständigen zu einer nachvollziehbaren Abrechnung verholfen werden müsse.

5. Mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO ist die Revision daher zurückzuweisen.

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