OGH 12Os146/14h

OGH12Os146/14h27.11.2014

Der Oberste Gerichtshof hat am 27. November 2014 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oshidari und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel‑Kwapinski als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Krampl als Schriftführerin in der Strafsache gegen Magomed Z***** wegen des Verbrechens der terroristischen Vereinigung nach § 278b Abs 2 StGB und weiterer strafbarer Handlungen, AZ 2 St 240/14p der Staatsanwaltschaft Krems an der Donau, über die Grundrechtsbeschwerde des Genannten gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien vom 13. Oktober 2014, AZ 23 Bs 325/14h (ON 41), nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Magomed Z***** wurde im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Text

Gründe:

In dem gegen Magomed Z***** wegen des Verbrechens der terroristischen Vereinigung nach § 278b Abs 2 StGB und weiterer strafbarer Handlungen geführten Ermittlungsverfahren (AZ 2 St 240/14p der Staatsanwaltschaft Krems an der Donau) verhängte der Einzelrichter des Landesgerichts Krems an der Donau mit Beschluss vom 2. September 2014 über den Beschuldigten die Untersuchungshaft aus den Haftgründen der Flucht‑, Verdunkelungs‑ und Tatbegehungsgefahr nach § 173 Abs 2 Z 1, 2, 3 lit a und b StPO (ON 17) und setzte diese am 16. September 2014 aus den selben Haftgründen fort (ON 32).

Der dagegen gerichteten Beschwerde gab das Oberlandesgericht Wien mit dem nunmehr angefochtenen Beschluss (ON 41) nicht Folge und ordnete aus den Haftgründen der Flucht- und Tatbegehungsgefahr nach § 173 Abs 2 Z 1 und 3 lit a und lit b StPO die Haftfortsetzung an.

Dabei erachtete das Beschwerdegericht Magomed Z***** dringend verdächtig, er habe

I./ sich als Mitglied (§ 278 Abs 3 StGB) an einer vorrangig auf die Begehung von Mord (§ 75 StGB) ausgerichteten terroristischen Vereinigung (§ 278b Abs 3 StGB), nämlich dem „Islamischen Staat (IS) oder einem anderen radikal-islamistischen Terrornetzwerk“, beteiligt, indem er „getragen von einer radikal-religiösen Einstellung im Wissen, dass er dadurch die Vereinigung oder deren strafbare Handlungen förderte“,

1./ von August 2013 bis Anfang Dezember 2013 in Syrien eine Waffen‑ und Kampfausbildung absolvierte und an Kampfhandlungen teilnahm und

2./ um den 27. Juli 2014 in H***** oder an einem anderen Ort in Österreich 800 US‑Dollar an einen Unbekannten namens „D*****“ zum Zweck der Unterstützung syrischer Kämpfer dieser Vereinigung(en) überwies;

II./ in Österreich im Jahr 2014, wenn auch nur fahrlässig, (zu ergänzen:) Kriegsmaterial, nämlich ein Sturmgewehr AK47, unbefugt besessen.

In rechtlicher Hinsicht bejahte das Oberlandesgericht den dringenden Verdacht des Verbrechens der terroristischen Vereinigung nach § 278b Abs 2 StGB (I./) sowie des Vergehens nach § 50 Abs 1 (zu ergänzen:) Z 4 WaffG (II./).

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen erhobene Grundrechtsbeschwerde des Magomed Z***** schlägt fehl.

Die Begründung dringenden Tatverdachts kann im Grundrechtsbeschwerdeverfahren in sinngemäßer Anwendung der Z 5 und 5a des § 281 Abs 1 StPO angefochten werden (RIS‑Justiz RS0110146).

An diesen Anfechtungskriterien geht der Beschwerdeführer vorbei, indem er auf Basis eigenständiger Beweiswerterwägungen die ihm angelastete Geldüberweisung als humanitäre Hilfsaktion für Studenten einer islamischen Schule in Ägypten bezeichnet und auf seinen ununterbrochenen Aufenthalt in Österreich seit 8. Dezember 2013 hinweist.

Mit dem Vorwurf, das Oberlandesgericht habe die subjektive Tatseite „völlig unerörtert“ gelassen, ist der Beschwerdeführer auf die ‑ unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit auch nicht zu beanstandenden ‑ Erwägungen des Beschwerdegerichts auf BS 14 zu verweisen.

Aus welchem Grund die dem Beschuldigten angelastete Geldüberweisung keine Tathandlung im Sinn des § 278b Abs 2 iVm § 278 Abs 3 StGB sein soll, wird schon angesichts des eindeutigen Gesetzeswortlauts („Bereitstellung von […] Vermögenswerten“) nicht klar. Dem Beschwerdestandpunkt zuwider stellt aber auch die Absolvierung einer Kampfausbildung samt der Teilnahme an Kampfhandlungen eine geradezu typische, die terroristische Vereinigung fördernde Handlung (vgl § 278 Abs 3 dritter Fall StGB) dar, die über die (ebenso tatbildliche) Zusage eines „Schläfers“, auf jederzeitigem Abruf für einen „Einsatz“ zur Verfügung zu stehen, weit hinaus reicht (vgl jüngst 12 Os 143/14t; Plöchl in WK2 StGB § 278b Rz 11).

Bedenken an der Verfassungskonformität der §§ 278b und 278 Abs 3 dritter Fall StGB ergeben sich für den Obersten Gerichtshof nicht. Der Beschwerdeführer sucht seine Auffassung bloß durch pauschalen Verweis auf Schrifttum (Sadoghi/Starzer, Zur Strafbarkeit der Teilnahme an Terrorcamps, Juridicum 2008/3, 150; Wessely , Zu den neuen Terrorismustatbeständen im StGB, ÖJZ 2004/53) zu belegen, welches verfassungsrechtliche Bedenken bloß zu hier gar nicht präjudiziellen Bestimmungen des Terrorismusstrafrechts äußert und demnach seine Position nicht stützt. Im Übrigen lassen die Beschwerdeausführungen nicht erkennen, weshalb die erwähnten Bestimmungen dem Bestimmtheitserfordernis (Art 18 B‑VG) und dem Sachlichkeitsgebot (Art 7 B‑VG) nicht entsprechen sollen.

Die Frage der Strafbarkeit der dem Beschwerdeführer angelasteten (mitgliedschaftlichen) Beteiligungshandlungen nach deutscher Rechtslage (vgl § 129a Abs 1 zweiter Fall dStGB) ist weder Richtschnur für die Auslegung inländischer Strafnormen (hier: § 278b Abs 2 iVm § 278 Abs 3 StGB) noch Maßstab verfassungsrechtlicher Bedenken.

Aus welchem Grund der „österreichischen Regelung“ jeglicher Inlandsbezug fehlen soll, bleibt angesichts der die Voraussetzungen inländischer Gerichtsbarkeit regelnden Bestimmung des § 64 Abs 1 Z 9 lit a bis f StGB unerfindlich.

Zur angeregten Antragstellung im Sinn des

Art 89 Abs 2 B‑VG sah sich der Oberste Gerichtshof daher nicht veranlasst.

Magomed Z***** wurde somit im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.

Die Grundrechtsbeschwerde war daher ohne Kostenzuspruch (§ 8 GRBG) abzuweisen.

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