Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Roland E***** der Verbrechen (1./) des sexuellen Missbrauchs einer wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Person nach § 205 Abs 1 StGB in der Fassung BGBl I 2009/40 und (2./) der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB (gemeint [vgl US 13]: idF BGBl I 2004/15) schuldig erkannt.
Danach hat er im März oder April 2011 in W***** Natalie K*****
1./ unter Ausnützung ihres tiefen Schlafes, was sie wehrlos machte, dadurch missbraucht, dass er mit ihr den Beischlaf vornahm, indem er sich auf die Genannte legte und an ihr den vaginalen Geschlechtsverkehr durchführte;
2./ mit Gewalt zur Duldung des Beischlafs genötigt, indem er nach ihrem Erwachen auf ihr liegen blieb, sie hinabdrückte und gegen ihren körperlichen Widerstand und verbalen Protest weiter mit seinem Penis in ihre Scheide eindrang.
Rechtliche Beurteilung
Gegen dieses Urteil wendet sich die (nominell) auf § 281 Abs 1 Z 5a, 9 lit b und 10 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des - dabei durch einen Verfahrenshilfeverteidiger (§ 61 Abs 2 StPO) vertretenen - Angeklagten.
Darin wird geltend gemacht, es läge der „Nichtigkeitsgrund des § 281 StPO“ vor, weil „aktenerhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Schuldspruch zugrundegelegten Entscheidungen und Tatsachen“, nämlich die Annahme des Erstgerichts: „Alle drei sagten sich, wir wollen zwar, können aber den bewaffneten Raub derzeit nicht geplant durchführen“ bestünden. Als Nichtigkeit nach „§ 82 Abs 1 Zif 10 StGB“ wird gerügt, das „Tatgeschehen in Bezug auf Franziska W***** und Hermine R*****“ sei zu Unrecht als „bewaffneter Raubüberfall“ anstatt als „räuberischer Diebstahl“ „qualifiziert“ worden.
Indem das Beschwerdevorbringen solcherart nicht auf den Inhalt des - wenngleich ausdrücklich anzufechten erklärten (BS 2) - Urteils abstellt, sondern sich (ausnahmslos) auf urteilsfremde Tatumstände bezieht, versäumt es, die angesprochenen Nichtigkeitsgründe deutlich und bestimmt zu bezeichnen (§ 285 Abs 1 zweiter Satz, § 285a Z 2 StPO).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).
Aufgrund des - unter den konkreten Fallgegebenheiten ganz offenkundigen - völligen Versagens des Verfahrenshelfers bei der Rechtsmittelausführung war insoweit eine wirksame Verteidigung, wie sie nach Art 6 Abs 3 lit c MRK geboten gewesen wäre, nicht gewährleistet, was durch staatliche Vorkehrungen zugunsten des Angeklagten auszugleichen ist (vgl das Erkenntnis des EGMR vom 10. Oktober 2002, Czekalla gegen Portugal, Nr 38830/97, NL 2002, 209; RIS‑Justiz RS0116665, RS0096569 [T1]; Ratz , ÖJZ 2006, 318 [323]; Pühringer , RZ 2009, 230 [233]; Ratz , WK‑StPO § 281 Rz 315). Amtswegiges Vorgehen bei anderen als materiellrechtlichen Nichtigkeitsgründen kennt das Gesetz zwar nur nach Maßgabe - hier nicht in Rede stehender ‑ erfolgreicher Geltendmachung durch einen Mitangeklagten (§ 290 Abs 1 zweiter Satz zweiter Fall StPO; vgl aber § 23 StPO, RIS‑Justiz RS0123213). Allerdings kann der Oberste Gerichtshof bei erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Urteil zugrunde liegenden Tatsachenfeststellungen ‑ zu denen nicht nur vorgeführtes oder zu Unrecht nicht vorgeführtes Beweismaterial, sondern auch Verfahrens‑ und Begründungsmängel Anlass geben können (SSt 32/80; SSt 35/36; Ratz , WK‑StPO § 362 Rz 4) ‑ von Amts wegen auf außerordentlichem Weg die Wiederaufnahme des Strafverfahrens verfügen und dadurch Abhilfe gegen allfällige grobe Versäumnisse des vom Gericht beigegebenen Verteidigers bei Ausführung einer Nichtigkeitsbeschwerde schaffen (vgl 13 Os 107/08x; 14 Os 8/11z).
Dafür besteht jedoch vorliegend keine Veranlassung, weil Umstände, die solche erheblichen Bedenken wecken könnten, ‑ nach Prüfung des Ersturteils und der Akten ‑ nicht auszumachen sind.
Der Vollständigkeit halber sei (mit Blick auf § 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO) bemerkt, dass das Erstgericht ‑ angesichts der Konstatierung eines (nach dem Erwachen des zuvor infolge Tiefschlafs wehrlosen und unter Ausnützung dieses Zustands zum Beischlaf missbrauchten Opfers) gesondert gefassten Entschlusses des Angeklagten, den (weiteren) Beischlaf mit Gewalt zu erzwingen (US 4 f und 13) ‑ zu Recht von echter Realkonkurrenz zwischen § 205 Abs 1 StGB (Schuldspruch 1./) und § 201 Abs 1 StGB (Schuldspruch 2./) ausging (Philipp in WK2 StGB § 205 Rz 27; 15 Os 134/05b; vgl RIS‑Justiz RS0114523), welche (mit dem am 1. August 2013 in Kraft getretenen Sexualstrafrechtsänderungsgesetz 2013, BGBl I 2013/116, geänderten) Bestimmungen es ‑ ebenso zutreffend ‑ jeweils in der zur Tatzeit geltenden Fassung anwendete, weil die zum Urteilszeitpunkt aktuelle Rechtslage (zufolge Erhöhung des Strafrahmens auf ein bis zu zehn Jahre in § 205 Abs 1 StGB und nunmehriger Strafuntergrenze von einem Jahr in § 201 Abs 1 StGB) gegenüber den Tatzeitgesetzen jeweils ungünstiger ist (§ 61 StGB).
Die Entscheidung über die Berufung kommt dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).
Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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