OGH 15Os114/14z

OGH15Os114/14z10.11.2014

Der Oberste Gerichtshof hat am 10. November 2014 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel‑Kwapinski, Mag. Fürnkranz und Dr. Mann als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Tagwerker als Schriftführerin in der Strafsache gegen Walter S***** wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 zweiter und fünfter Fall, Abs 2 Z 3 SMG und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts St. Pölten als Schöffengericht vom 17. Juni 2014, GZ 15 Hv 18/14w‑43, sowie über dessen Beschwerde gegen den Beschluss gemäß § 494a Abs 1 Z 2 und Abs 6 StPO nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0150OS00114.14Z.1110.000

 

Spruch:

In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten werden das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in der Nichtannahme der Privilegierung des § 28a Abs 3 zweiter Fall SMG zum Schuldspruch A./, demzufolge auch im Strafausspruch (einschließlich der Vorhaftanrechnung), und der Beschluss auf Absehen vom Widerruf der bedingten Strafnachsicht und Verlängerung der Probezeit aufgehoben und es wird die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht St. Pölten verwiesen.

Im Übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen.

Mit seiner Berufung und seiner Beschwerde wird der Angeklagte auf die kassatorische Entscheidung verwiesen.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Walter S***** „des Verbrechens des Suchtgifthandels nach [US 8:] § 28a Abs 1 zweiter und fünfter Fall, Abs 2 Z 3 SMG“ (A./) sowie des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 achter Fall SMG (B./) schuldig erkannt.

Danach hat er vorschriftswidrig Suchtgift

A./ in einer das Fünfzehnfache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge am 18. Jänner 2014 von Tschechien nach Österreich eingeführt und am nächsten Tag in A***** Boris K***** überlassen, und zwar metamphetaminhältiges Crystal-Meth mit einer Reinsubstanz von 185,90 Gramm;

B./ vor dem 24. Dezember 2013 Boris K***** überlassen, und zwar metamphetaminhältiges Crystal-Meth mit einer Reinsubstanz von 7,61 Gramm.

Inhaltlich nur gegen die Nichtannahme der Privilegierung des § 28a Abs 3 SMG zum Schuldspruch A./ richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 und 10 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der insoweit Berechtigung zukommt:

Die Privilegierung nach § 28a Abs 3 SMG kommt dem Täter unter den in § 27 Abs 5 SMG genannten Voraussetzungen nämlich dann zu, wenn er an ein Suchtmittel gewöhnt ist und die Straftat vorwiegend deshalb begeht, um sich für seinen persönlichen Gebrauch Suchtmittel oder Mittel zu deren Erwerb zu verschaffen. „Vorwiegend“ bedeutet, dass nach der Absicht des Täters mehr als die Hälfte des Gewinns in die neuerliche Suchtmittelbeschaffung fließen soll (Schwaighofer in WK2 SMG § 27 Rz 92 mwN; RIS-Justiz RS0125836).

Vorliegend zeigt die Beschwerde (auch unter dem Aspekt der Z 5 erster und dritter Fall, inhaltlich Z 10) zutreffend auf, dass zufolge der widersprüchlich getroffenen Urteilsfeststellungen (US 6 ff) nicht ausgemacht werden kann (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 570), ob das Erstgericht in tatsächlicher Hinsicht von den Voraussetzungen der Beschaffungskriminalität des § 28a Abs 3 SMG ausgegangen ist:

Die Tatrichter stellten nämlich zunächst fest, dass der an Suchtmittel gewöhnte (US 6) Angeklagte 8.000 Euro für das von ihm in Tschechien erworbene metamphetaminhältige Crystal-Meth bezahlt hatte und es Boris K***** „unter Vereinbarung der Rückgabe von 10.000 Euro“ überließ, von denen 1.500 Euro als Rückzahlung eines Darlehens und 500 Euro als geschuldetes Entgelt für früher (zu B./) überlassenes Suchtgift gedacht waren (US 5 f). Sie konstatierten weiters, dass der Angeklagte „nur 2.000 Euro bis 3.000 Euro des Erlöses für die Finanzierung von Suchtgiftankauf verwenden wollte“ (US 6 f), und hielten überdies fest, dass der Angeklagte nicht in der Absicht agierte, sich dadurch „entweder direkt Suchtmittel für den persönlichen Gebrauch zu verschaffen oder sich Mittel für den künftigen Erwerb von Suchtmitteln für den persönlichen Gebrauch zu verschaffen“, er auch „nicht beabsichtigte, mehr als die Hälfte des Erlöses aus den Suchtgiftgeschäften für die neuerliche Beschaffung von Suchtmittel zu verwenden“ bzw, dass „sein hauptsächliches Tatmotiv nicht in der direkten oder indirekten Beschaffung von Suchtmittel bestand“, weil er „nur 2.000 Euro bis 3.000 Euro zur Finanzierung von Suchtmittelankauf“ (US 6), den Rest für sein Konkursverfahren und die Begleichung von Fixkosten wie Essen und Wohnen (US 6 und 7), nicht aber den Großteil des Erlöses aus der Weitergabe „zur Finanzierung seines Lebensunterhaltes“ (US 9) verwendet hätte.

Diese einander widersprechenden Feststellungen zur intendierten Verwendung des (allein maßgeblichen) Gewinns aus der Suchtmittelweitergabe bieten kein zur rechtlichen Beurteilung der Voraussetzungen des § 28a Abs 3 SMG geeignetes Sachverhaltssubstrat (vgl

Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 570).

Rechtliche Beurteilung

Soweit der Nichtigkeitswerber schließlich ohne weiteres Vorbringen die Aufhebung des gesamten angefochtenen Urteils beantragt, war auf seine Beschwerde keine Rücksicht zu nehmen (§§ 285 Abs 1, 285a Z 2 StPO).

Es waren daher ‑ in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur ‑ in (teilweiser) Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt zu bleiben hatte, in der Nichtannahme der Privilegierung des § 28a Abs 3 zweiter Fall SMG zum Schuldspruch A./, demzufolge auch im Strafausspruch (einschließlich der Vorhaftanrechnung) und der Beschluss auf Absehen vom Widerruf der bedingten Strafnachsicht und Verlängerung der Probezeit aufzuheben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht St. Pölten zu verweisen.

Im Übrigen war die Nichtigkeitsbeschwerde zurückzuweisen.

Mit seiner Berufung und (impliziten) Beschwerde war der Angeklagte auf die kassatorische Entscheidung zu verweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Bleibt zu A./ anzumerken, dass zu einer Subsumtionseinheit sui generis (§ 28a Abs 2 Z 3 SMG) nur gleichartige Verbrechen, also (jeweils) dieselben Tatbilder nach § 28a Abs 1 SMG ‑ vorliegend Aus‑ und Einfuhr einerseits und Überlassen andererseits ‑ zusammenzufassen sind (RIS‑Justiz RS0117464 [T19], RS0118871). Die Annahme nur eines Verbrechens, anstatt von (richtig) zwei Verbrechen hat dem Angeklagten freilich nicht zum Nachteil gereicht.

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