OGH 13Os55/14h

OGH13Os55/14h6.11.2014

Der Oberste Gerichtshof hat am 6. November 2014 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig und Dr. Nordmeyer, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Michel und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl in Gegenwart der Richteramtsanwärterin MMag. Spunda als Schriftführerin in der Finanzstrafsache gegen Johannes R***** und einen anderen Angeklagten wegen Finanzvergehen der gewerbsmäßigen Abgabenhinterziehung nach §§ 33 Abs 2 lit a, 38 Abs 1 FinStrG sowie weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 20. Februar 2014, GZ 16 Hv 89/13t‑29, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0130OS00055.14H.1106.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Mag. Dr. Alexander G***** von der Anklage, er habe als faktischer Geschäftsführer der Re***** GmbH für die Monate Jänner 2012 bis September 2012 im Zuständigkeitsbereich des Finanzamts Wien ***** gewerbsmäßig vorsätzlich unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von § 21 UStG entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung an Umsatzsteuer um insgesamt rund 160.000 Euro bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss gehalten, freigesprochen.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus Z 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft geht fehl.

Der Mängelrüge (Z 5, nominell verfehlt auch Z 9 lit a) zuwider hat das Erstgericht die Angaben des (für die gegenständlichen Finanzvergehen unter einem rechtskräftig verurteilten) Mitangeklagten Johannes R***** zum Aufgabenbereich des Mag. Dr. G***** innerhalb der Re***** GmbH (im Folgenden: Re***** GmbH) keineswegs mit Stillschweigen übergangen (Z 5 zweiter Fall), sondern ausdrücklich in seine beweiswürdigenden Überlegungen (§ 258 Abs 2 StPO) einbezogen (US 14).

Den Umstand, dass sich Brigitta Re***** ‑ die nach den Feststellungen des Erstgerichts mit der Buchhaltung der Re***** GmbH betraut war (US 4) ‑ im Jahr 2012 (mehrmals) mit der Bitte um Abhilfe an Mag. Dr. G***** wandte, weil Johannes R***** die erforderlichen Belege wiederholt verspätet und unvollständig übermittelte, stellte das Erstgericht ausdrücklich fest (US 8), aus welchem Grund es unter dem Aspekt der Urteilsvollständigkeit nicht der Erörterung einer diesen Umstand dokumentierenden E‑Mail (vom 6. Juli 2012) bedurfte.

Mit den bislang behandelten Einwänden bekämpft die Beschwerde die Urteilsannahme, Mag. Dr. G***** sei (zwar faktischer Geschäftsführer, aber) nicht für die abgabenrechtlichen Agenden der Re***** GmbH verantwortlich gewesen. Würde sie mit ihrer diesbezüglichen Argumentationslinie im Sinn einer abgabenrechtlichen Verantwortlichkeit des (faktischen Geschäftsführers) Mag. Dr. G***** durchdringen, wäre dieser nach ständiger Judikatur und herrschender Lehre unmittelbarer Täter im Sinn des § 11 erster Fall FinStrG (RIS‑Justiz RS0086711, zuletzt 13 Os 57/12z; Lässig in WK² FinStrG § 11 Rz 2; Winkler in Tannert/Kotschnigg, FinStrG § 11 Rz 41), womit die zusätzlichen, auf einer anderen Rechtsansicht beruhenden Beschwerdeausführungen zu einer allfälligen Beitragstäterschaft (§ 11 dritter Fall FinStrG) auf sich beruhen können.

Soweit die Rüge die schon angesprochene E‑Mail der Brigitta Re***** vom 6. Juli 2012 unter dem Aspekt der Urteilsvollständigkeit auch hinsichtlich der Feststellungen zur subjektiven Tatseite releviert, sei vorweg zwecks Vermeidung von Wiederholungen auf die vorstehenden Darlegungen hiezu verwiesen.

Das Erstgericht setzte sich in eingehender Beweiswürdigung (US 10 bis 15) mit den Verfahrensergebnissen, insbesonders auch mit den Aussagen der beiden Angeklagten auseinander. Hievon ausgehend war eine Erörterung sämtlicher Details dieser Aussagen aus dem Blickwinkel des § 281 Abs 1 Z 5 zweiter Fall StPO nicht erforderlich, sie hätte vielmehr dem Gebot zu gedrängter Darstellung der Entscheidungsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) widersprochen (RIS‑Justiz RS0098377).

Indem die Beschwerde aus einem solchen Detail, nämlich der Deposition der Angeklagten, dass sie im Tatzeitraum dasselbe Büro benutzt hätten (ON 28 S 9 und 27), und aus der angeführten E‑Mail vom 6. Juli 2012 anhand eigener Beweiswerterwägungen für ihren Prozessstandpunkt sprechende Schlüsse zieht, wendet sie sich nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung in unzulässiger Weise gegen die tatrichterliche Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO).

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) begehrt Feststellungen in Richtung einer Beitragstäterschaft (§ 11 dritter Fall FinStrG) des Mag. Dr. G*****, ohne Verfahrensergebnisse aufzuzeigen, welche derartige Konstatierungen indizieren würden, und verfehlt solcherart die prozessordnungskonforme Darstellung des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes (13 Os 91/02, SSt 64/46; RIS‑Justiz RS0116735).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.

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