OGH 8Ob51/14d

OGH8Ob51/14d30.10.2014

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Prof. Dr. Spenling als Vorsitzenden, den Hofrat Hon.-Prof. Dr. Kuras, die Hofrätin Dr. Tarmann-Prentner und die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Dr. Brenn als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Wohnungseigentümergemeinschaft *****, vertreten durch Dr. Karl Schelling, Rechtsanwalt in Dornbirn, gegen die beklagte Partei Wohnungseigentümergemeinschaft T*****, vertreten durch Blum, Hagen und Partner Rechtsanwälte GmbH in Feldkirch, wegen 7.200 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Berufungsgericht vom 4. März 2014, GZ 2 R 55/14z‑16, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Montafon vom 20. Dezember 2013, GZ 1 C 88/13v‑12, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 559,15 EUR (darin 93,19 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Entscheidungsgründe:

Klägerin und Beklagte sind Wohnungseigentümergemeinschaften, die beide den Hausverwalter C***** H***** mit der Verwaltung ihrer Liegenschaft bevollmächtigt und beauftragt hatten.

Dieser Verwalter führte im Jahr 2007 zweimal zu Lasten eines Kontos der Beklagten Überweisungen für verwaltungsfremde Zwecke durch. Nachdem diese Vorgänge von der Beklagten entdeckt worden waren, versprach er die unverzügliche Rückerstattung des Geldes und zahlte die Fehlbeträge in der Folge in mehreren Raten auf das Konto der Beklagten zurück.

Eine Rückzahlungsrate, und zwar in der Höhe des Klagsbetrags, zahlte H***** durch Überweisung aus einem von ihm verwalteten Baukostenkonto der Klägerin, allerdings im Namen seiner Hausverwaltung. Die Beklagte hegte bezüglich der Herkunft des Überweisungsbetrags keine Bedenken, weil auf dem ihr übermittelten Kontoauszug eben die Hausverwaltung als Auftraggeberin genannt war. Die Klägerin selbst bemerkte diese missbräuchliche Überweisung von ihrem Konto erst im Jahre 2012, nachdem über das Vermögen des Verwalters bereits das Insolvenzverfahren eröffnet worden war.

Die Klägerin begehrt die Rückzahlung des der Beklagten heimlich überwiesenen Betrags wegen ungerechtfertigter Bereicherung. Die Beklagte sei schlechtgläubig gewesen, weil ihr bereits die zweimalige Fehlüberweisung des Verwalters in Verbindung mit seinen unzureichenden Rechtfertigungsversuchen als verdächtig auffallen hätte müssen.

Das Erstgericht gab der Klage statt.

Das Berufungsgericht gab dem Rechtsmittel der Beklagten Folge und änderte die Entscheidung im klagsabweisenden Sinn ab. Es erklärte die ordentliche Revision für zulässig, weil ‑ soweit ersichtlich ‑ keine höchstgerichtliche Rechtsprechung dazu bestehe, ob bei einem Vollmachtsmissbrauch eines Verwalters nach dem WEG 2002 ein Dritter auch dann schützenswert ist, wenn der Bevollmächtigte gleichzeitig auch Verwalter des Dritten ist.

Rechtliche Beurteilung

Die von der Beklagten beantwortete Revision des Klägers ist im Sinne der Begründung des Berufungsgerichts zur Klarstellung der Rechtslage zulässig, sie ist aber nicht berechtigt.

1. Unbeachtlich sind die Rechtsmittel-ausführungen, soweit sie sich auf die Annahme gründen, die Beklagte habe vom Vollmachtsmissbrauch des Verwalters gewusst. Diese Prämisse steht im Widerspruch zu den im Revisionsverfahren nicht mehr überprüfbaren gegenteiligen Feststellungen der Tatsacheninstanzen.

2. Das Berufungsgericht hat nach dem für den Obersten Gerichtshof jedenfalls bindenden Sachverhalt zutreffend erkannt, dass den strittigen Geldflüssen keine Verwaltungshandlungen im Rahmen der gesetzlichen Aufgaben eines bevollmächtigten Immobilienverwalters zugrunde lagen, sondern individuelle Vermögensdelikte des C***** H*****, der dabei nicht in seiner Eigenschaft als Verwalter in Vertretung der Klägerin gehandelt hat.

Er hat die von der Klägerin erteilte Vollmacht missbraucht, um von ihrem Konto eine eigene Schuld zu bezahlen und in diesem Ausmaß seine tatsächlich bestehenden Verbindlichkeiten gegenüber der Beklagten verringert. Er hat sich den Überweisungsbetrag daher zunächst selbst zugewendet. Der Vorgang ist seinem wirtschaftlichen Gehalt nach nicht anders zu sehen, als wenn ein Verwalter Geld aus einer von ihm verwahrten Handkasse der Klägerin gestohlen und damit eine private Rechnung beglichen hätte.

3. Die Beurteilung, dass der Beklagten nach den maßgeblichen Feststellungen weder Kenntnis noch fahrlässige Unkenntnis eines Vollmachtsmissbrauchs vorzuwerfen war, ist zutreffend. Im Nachhinein als verdächtig erscheinende Umstände waren im Zeitpunkt des Eingangs der Rückzahlung noch nicht bekannt, insbesondere war für die Beklagte in keiner Weise erkennbar, dass der auf dem Beleg genannte Auftraggeber der Überweisung nicht der Kontoinhaber war.

Nach der höchstgerichtlichen Rechtsprechung ist zwar auch ein redlicher Bereicherter zur Herausgabe eines ihm ohne Rechtsgrund zugekommenen Geldbetrags verpflichtet (RIS‑Justiz RS0010195), dieser Rechtssatz und die dazu zitierten Entscheidungen sind für den vorliegenden Fall aber nicht einschlägig. Entscheidend dafür ist ‑ entgegen den Ausführungen des Berufungsgerichts ‑ nicht, dass C***** H***** als Zeichnungsberechtigter außenwirksam einen Überweisungsauftrag vom Konto der Klägerin erteilen konnte, sondern dass die Beklagte als Empfängerin der Zahlung im Verhältnis zum Auftraggeber H***** eben nicht bereichert war.

4. Ein Vollmachtgeber muss sich im gesetzlichen bzw vertraglichen Rahmen der von ihm erteilten Vollmacht die Rechtshandlungen und das Wissen seines Bevollmächtigten zurechnen lassen.

Ein außerhalb des übertragenen Aufgabenbereichs erlangtes Wissen des Bevollmächtigten ist aber dem Auftraggeber grundsätzlich nicht zurechenbar (RIS‑Justiz RS0019518; vgl auch RS0009172 [T12] ‑ Gehilfe).

Untreue bzw Veruntreuung zu Lasten des Mandanten sind ebensowenig von einer Hausverwaltervollmacht nach dem WEG 2002 umfasst, wie danach gesetzte Handlungen zur Schadensgutmachung. Die nur für rechtmäßige Verwaltungsagenden erteilte Vollmacht rechtfertigt es daher nicht, der Beklagten die Kenntnis ihres Verwalters von dessen eigenen Straftaten zuzurechnen, um damit ihre Unredlichkeit zu begründen. Umgekehrt hat sich schließlich auch die Revisionswerberin selbst zutreffend dagegen verwahrt, dass ihr die Kenntnis und der Wille des von ihr bevollmächtigten Verwalters im Sinne einer bewussten Zahlung einer Nichtschuld zugerechnet werden.

Der Revision ist daher nicht Folge zu geben.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

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