OGH 10ObS119/14v

OGH10ObS119/14v21.10.2014

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden, die Hofräte Dr. Fellinger und Dr. Hoch sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Claudia Gründel (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Dr. Manfred Mögele (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Dr. R*****, gegen die beklagte Partei Wiener Gebietskrankenkasse, 1100 Wien, Wienerbergstraße 15‑19, vertreten durch Dr. Heinz Edelmann, Rechtsanwalt in Wien, wegen Kostenerstattung (Streitwert 380,90 EUR), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen vom 27. Mai 2014, GZ 10 Rs 5/14z‑29, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits‑ und Sozialgerichts Wien vom 8. April 2013, GZ 17 Cgs 80/12x‑19, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:010OBS00119.14V.1021.000

 

Spruch:

Die Revision wird, soweit sie Nichtigkeit geltend macht, zurückgewiesen.

Im Übrigen wird der Revision nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei hat die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.

Entscheidungsgründe:

Ein Arzt für Allgemeinmedizin verschrieb dem 1942 geborenen ‑ an insulinabhängigem Diabetes mellitus leidenden ‑ Kläger mit Verordnungen jeweils vom 11. 7. 2008 23 Packungen mit je 50 Stück One Touch Ultra Teststreifen, 12 Packungen mit je 100 Stück One Touch Ultra Soft Lanzetten, zwei Packungen mit je 1.000 Pur‑Zellin Zellstofftupfer und zwei Packungen mit je 50 Stück Keton Diabur Test 5000.

Aufgrund dieser Verordnungen bewilligte die beklagte Wiener Gebietskrankenkasse dem Kläger am 1. 10. 2008 15 Packungen mit je 50 Stück One Touch Ultra Teststreifen, 8 Packungen mit je 100 Stück One Touch Ultra Soft Lanzetten und eine Packung mit 1.000 Stück Pur‑Zellin Zellstofftupfer 4 x 5 cm.

Über Antrag des Klägers lehnte die beklagte Partei mit Bescheid vom 23. 4. 2012 eine Kostenerstattung für (die weiteren) acht Packungen mit je 50 Stück One Touch Ultra Teststreifen, vier Packungen mit je 100 Stück One Touch Ultra Soft Lanzetten, eine Packung mit 1.000 Stück Pur‑Zellin Zellstofftupfer 4 x 5 cm sowie zwei Packungen mit je 50 Stück Keton Diabur Test 5000 betreffend die erwähnten Verordnungen des Arztes für Allgemeinmedizin vom 1. 7. 2008 laut Rechnung der H***** Apotheke vom 27. 5. 2009 ab.

Das Erstgericht wies die vom Kläger dagegen erhobene und auf Kostenerstattung in Höhe von insgesamt 380,90 EUR für die im angefochtenen Bescheid bezeichneten Sachleistungen gerichtete Klage ab. Es stellte im Wesentlichen fest, dass dem Kläger von seinem behandelnden Arzt insbesondere im Jahr 2008 12 Blutzuckermessungen und sechs Harnzuckermessungen täglich sowie eine Blutdruckkontrolle täglich empfohlen wurden. Es kann nicht festgestellt werden, ob zum damaligen Zeitpunkt auch eine geringere Anzahl an Blutzucker‑ und Harnzuckermessungen ausreichend gewesen wäre. Dem Kläger wurden von der beklagten Partei im Zeitraum 2. Quartal 2007 bis einschließlich 4. Quartal 2008 (das sind 640 Tage) insgesamt 9.550 Stück One Touch Ulta Teststreifen, 7.200 Stück One Touch Ultra Soft Lanzetten, 10.000 Stück Pur‑Zellin und 2.850 Stück Keton Teststreifen bewilligt.

In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht die Auffassung, der Kläger sei aufgrund dieser ihm von der beklagten Partei gewährten Anzahl an Hilfsmitteln, Reagenzien und Verbandsmaterialien zum Zeitpunkt der gegenständlichen Verordnungen am 11. 7. 2008 keinesfalls unterversorgt gewesen. Die Verordnungen vom 11. 7. 2008 und die Anschaffung der verordneten Sachmittel am 27. 5. 2009 seien daher iSd § 133 Abs 2 ASVG nicht notwendig gewesen, weshalb die vom Kläger begehrte Kostenerstattung abzuweisen sei.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers keine Folge. Es begründete näher, dass das gegenständliche Kostenerstattungsbegehren im Parallelverfahren AZ 32 Cgs 285/08y des Erstgerichts nicht streitanhängig geworden sei und daher das Prozesshindernis der Streitanhängigkeit nicht bestehe. Es verneinte die vom Kläger geltend gemachte Aktenwidrigkeit und Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens und führte in der Sache selbst aus, dass der medizinisch indizierte ‑ und insofern von der gesetzlichen Krankenversicherung gedeckte ‑ Verbrauch der gegenständlichen Heilmittel, Heilbehelfe bzw Hilfsmittel rechnerisch einfach durch eine Multiplikation der entsprechenden Tageswerte ermittelt und der Zahl der bewilligten Heilmittel, Heilbehelfe, Hilfsmittel gegenübergestellt werden könne. So seien vom Kläger im Zeitraum vom 2. Quartal 2007 bis einschließlich des 2. Quartals 2008 (= 450 Kalendertage) insgesamt 5.400 Blutzuckermessungen (12 x 450 Tage) und 2.700 Harnzuckermessungen (6 x 450 Tage) vorzunehmen gewesen. Dem Kläger seien in diesem Zeitraum von der beklagten Partei für die Blutzuckermessungen 7.300 Stück Teststreifen und 5.600 Stück Lanzetten sowie 7.000 Stück Zellstofftupfer gewährt worden. Zum Ende des 2. Quartals 2008 habe daher noch eine Versorgung des Klägers mit 1.900 Teststreifen, 200 Stück Lanzetten und 1.600 Zellstofftupfer für die Blutzuckermessungen bestanden. Gemeinsam mit den von der beklagten Partei für das 3. Quartal 2008 erfolgten Bewilligungen (1.500 Teststreifen, 800 Lanzetten und 2.000 Zellstofftupfer) seien dem Kläger für das 3. Quartal 2008 für die Blutzuckermessungen insgesamt 3.400 Teststreifen, 1.000 Lanzetten und 3.600 Zellstofftupfer zur Verfügung gestanden. Der Kläger habe pro Quartal 1.095 Blutzuckermessung durchzuführen (365 : 4 x 12), sodass er mit Teststreifen und Zellstofftupfer für die Blutzuckermessungen jedenfalls ausreichend, mit Lanzetten jedenfalls weitgehend (1.000 Lanzetten bei maximal 1.095 Blutzuckermessungen) versorgt gewesen sei.

Für die Harnzuckermessungen habe der Kläger für den Zeitraum vom 2. Quartal 2007 bis einschließlich des 2. Quartals 2008 insgesamt 2.750 Teststreifen (bei insgesamt 2.700 notwendigen Harnzuckermessungen) erhalten. Gemeinsam mit der erfolgten Bewilligung von weiteren 100 Teststreifen für das 3. Quartal 2008 sei der Kläger mit insgesamt 150 Teststreifen für das 3. Quartal 2008 versorgt gewesen. Pro Quartal seien vom Kläger 547 Harnzuckermessungen (365 : 4 x 6) vorzunehmen gewesen, sodass diesbezüglich eine Unterversorgung im Ausmaß von 397 Stück (547‑150) bestanden habe.

Im Ergebnis erweise sich das Klagebegehren jedoch auch in Bezug auf die fehlenden 95 Lanzetten für Blutzuckermessungen (entspricht einer Packung One Touch Ultra Soft Lanzetten zu jeweils 100 Stück) und 397 Teststreifen für Harnzuckermessungen (entspricht vier Packungen Keton Teststreifen Meditest zu jeweils 50 Stück) als nicht berechtigt, weil der Kläger die begehrten Heilmittel/Heilbehelfe erst am 27. 5. 2009 bezogen habe.

Gemäß § 20 Abs 3 der Krankenordnung der beklagten Gebietskrankenkasse werde ein Rezept für ein Heilmittel ungültig, wenn es nicht innerhalb von einem Monat nach dem Ausstellungstag oder dem Tag der Bewilligung durch die Kasse eingelöst werde. Gemäß §§ 21 Abs 1 und 22 Abs 1 der Krankenordnung der beklagten Gebietskrankenkasse werden Verordnungsscheine für Heilbehelfe und Hilfsmittel ungültig, wenn sie nicht innerhalb von 14 Tagen nach dem Ausstellungstag oder nach dem Tag, an dem die Kasse die Bewilligung erteilt habe, eingelöst werden. Die Qualifikation der hier strittigen Präparate als „Heilmittel“, „Heilbehelfe“ oder „Hilfsmittel“ könne dahingestellt bleiben, weil die Verordnungen vom 11. 7. 2008 am 27. 5. 2009 jedenfalls ihre Gültigkeit verloren hätten.

Auch die Richtlinie über die ökonomische Verschreibweise von Heilmitteln und Heilbehelfen (RöV 2005) ermögliche bei chronischer Krankheit die Verschreibung einer größeren Menge bloß für eine Versorgung von bis zu drei Monaten (§ 2 Abs 2 Z 4) und verpflichte den Arzt zur Überprüfung, ob eine Wiederholung der Verschreibung aufgrund der Art und Menge der vom Patienten bereits verbrauchten Mittel erforderlich sei und ob die verbrauchte Menge mit der vorgesehenen Anwendungszeit übereinstimme (§ 2 Abs 2 Z 5).

Die hier rund 10 Monate später erfolgte Beschaffung auf eigene Kosten durch den Kläger könne keinen Kostenerstattungsanspruch auslösen, weil zu diesem Zeitpunkt eine gültige Verordnung nicht mehr vorgelegen sei. Nach der Rechtsprechung könne von einem Heilmitteleinsatz nur dann gesprochen werden, wenn das Heilmittel von einem Arzt verordnet werde, wenn es also Teil eines ärztlichen Behandlungsplans sei. Die Beschaffung von Heilmitteln ohne gültiger ärztlicher Verordnung sei Selbstmedikation, könne nicht als Krankenbehandlung angesehen werden und sei daher auch von der Leistungspflicht der Krankenversicherung nicht umfasst.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil ‑ soweit überblickbar ‑ eine Judikatur des Obersten Gerichtshofs zur Frage des Ablaufs der Gültigkeitsdauer von Rezepten bzw Verordnungsscheinen im Zusammenhang mit Kostenerstattungsansprüchen fehle.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision des Klägers wegen Nichtigkeit, Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens, Aktenwidrigkeit des Berufungsurteils und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil aufzuheben und das Verfahren zur ergänzenden Beweisaufnahme an das Erstgericht zurückzuverweisen bzw das Urteil im Sinne einer Stattgebung des Klagebegehrens abzuändern.

Die beklagte Partei beantragte in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig, aber nicht berechtigt.

1. Der geltend gemachte Nichtigkeitsgrund nach § 477 Abs 1 Z 9 ZPO liegt nur vor, wenn die Fassung des Urteils so mangelhaft ist, dass dessen Überprüfung nicht mit Sicherheit vorgenommen werden kann, wenn das Urteil mit sich selbst in Widerspruch ist oder für die Entscheidung keine Gründe angegeben sind. In den Revisionsausführungen wird keiner der drei genannten Tatbestände dieser Gesetzesstelle (vgl dazu E. Kodek in Rechberger, ZPO4 § 477 Rz 12 mwN), insbesondere kein Widerspruch im Urteilsspruch selbst, sondern nur ein angeblicher Widerspruch in den Gründen releviert. Schon deshalb kann von einer Nichtigkeit des angefochtenen Urteils keine Rede sein (E. Kodek in Rechberger, ZPO4 § 477 Rz 12 mwN; 10 ObS 233/02s, SSV‑NF 16/138 mwN ua).

2. Auch die vom Kläger geltend gemachte Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens (§ 503 Z 2 ZPO) und Aktenwidrigkeit des Berufungsurteils (§ 503 Z 3 ZPO) liegt, wie der erkennende Senat geprüft hat, nicht vor (§ 510 Abs 3 dritter Satz ZPO).

3. In der Rechtsrüge macht der Kläger geltend, das Berufungsgericht gehe offenbar von der irrigen Rechtsansicht aus, die beklagte Partei habe ihre gesetzliche Leistungspflicht zur Gewährung der notwendigen Heilmittel, Heilbehelfe und Hilfsmittel bereits durch deren bloße Bewilligung und nicht erst mit der tatsächlichen Zurverfügungstellung oder Ermöglichung der Inanspruchnahme durch den Versicherten erfüllt.

3.1 Diesen Ausführungen hat bereits das Berufungsgericht mit Recht entgegengehalten, dass die beklagte Partei bereits in ihrer Klagebeantwortung anhand ihrer Unterlagen die von ihr dem Kläger im Zeitraum vom 2. Quartal 2007 bis einschließlich des 4. Quartals 2008 gewährten Hilfsmittel, Reagenzien sowie Verbandsmaterialien quartalsmäßig aufgelistet und ausdrücklich vorgebracht hat, dass der Kläger entsprechend dieser Aufstellung von der beklagten Partei im angegebenen Zeitraum insgesamt 9.550 Stück One Touch Ultra Teststreifen, 7.200 One Touch Ultra Soft Lanzetten, 10.000 Stück Pur‑Zellin und 2.850 Stück Keton Teststreifen erhalten habe. Dieses Vorbringen wurde vom Kläger trotz mehrfacher Erörterungen inhaltlich nicht bestritten, sodass es vom Berufungsgericht iSd § 267 ZPO zu Recht als vom Kläger zugestanden angesehen werden konnte.

Soweit der Kläger die Zustellung einer Bewilligung der verordneten Heilmittel, Heilbehelfe bzw Hilfsmittel durch die beklagte Partei an ihn vermisst, verweist die beklagte Partei mit Recht darauf, dass die Versicherten die Rezepte bzw Verordnungen in der Regel vom behandelnden Arzt persönlich erhalten, damit sie diese in einer Apotheke beziehen können. Dies betrifft auch die bewilligungspflichtigen Heilmittel, Heilbehelfe und Hilfsmittel, die mittels ABS‑System elektronisch bewilligt werden. Ob der Versicherte in der Folge die bewilligten Heilmittel, Heilbehelfe und Hilfsmittel auch tatsächlich bezieht, liegt ausschließlich in seiner Sphäre und kann von der beklagten Partei nicht beeinflusst werden. Der Bezug der Heilmittel, Heilbehelfe und Hilfsmittel durch den Versicherten ist jedoch aus den Abrechnungen mit den Vertragspartnern der beklagten Partei ersichtlich und dem konkreten Versicherten zuordenbar.

3.2 Soweit der Kläger nunmehr geltend macht, es stehe gar nicht fest, dass er die im Rahmen der Kostenerstattung geltend gemachten Heilmittel/Heilbehelfe „erst am 27. 5. 2009 bezogen habe“, ist ihm entgegenzuhalten, dass er selbst zum Beweis für den Bezug der verfahrensgegenständlichen Sachleistungen die Rechnung der H***** Apotheke vom 27. 5. 2009 (Beil ./D) vorgelegt hat und er auch das entsprechende Vorbringen der beklagten Partei in ihrer Klagebeantwortung, die Gültigkeit der gegenständlichen Verordnungen des Arztes für Allgemeinmedizin vom 11. 7. 2008 sei im Hinblick darauf, dass der Kläger die verordneten Hilfsmittel, Reagenzien sowie Verbandsmaterialien erst am 27. 5. 2009 angekauft habe, nicht mehr gegeben, inhaltlich in keiner Weise bestritten hat.

3.3 Schließlich wendet sich der Kläger noch gegen die maßgebenden Bestimmungen der Krankenordnung der beklagten Partei, wonach Rezepte bzw Verordnungen nach einem Monat bzw nach 14 Tagen ab dem Ausstellungstag bzw Bewilligungstag ihre Gültigkeit verlieren. Dies führe in Anbetracht der verfahrensrechlichen Vorschriften über die Bescheiderlassung bzw Einbringung der Säumnisklage zur Vereitelung des Gesetzeszwecks des ASVG, den Versicherten grundsätzlich die notwendigen und zweckmäßigen Heilmittel, Heilbehelfe und Hilfsmittel zur Verfügung zu stellen und nicht bloß ein Kostenersatzrecht für gewisse derartige Leistungen zu gewähren, welche die Versicherten selbst angeschafft hätten.

3.4 Diesen Ausführungen ist grundsätzlich entgegenzuhalten, dass nach ständiger Rechtsprechung kein durchsetzbarer Rechtsanspruch auf Gewährung von Sachleistungen in der Krankenversicherung besteht (RIS‑Justiz RS0111541). Die Krankenversicherungsträger sind nur dazu verpflichtet, die organisatorischen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die Versicherten die benötigten Gesundheitsleistungen auf Rechnung des Krankenversicherungsträgers erhalten können (10 ObS 36/09f, SSV‑NF 23/23 mwN). Der Versicherte kann aber Kostenerstattung verlangen, wenn er eine einzelne Leistung nicht auf Rechnung des Krankenversicherungsträgers erhält. Eine Leistungsklage auf Kostenerstattung setzt allerdings voraus, dass die Kosten vorher vom Versicherten oder Anspruchsberechtigten getragen worden sind (10 ObS 36/09f, SSV‑NF 23/23 mwN). Darüber hinaus steht dem Versicherten die seinem Rechtsstandpunkt entsprechende Feststellungsklage offen, wenn vom Versicherungsträger mit einem Bescheid über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Anspruchs des Versicherten auf Kostenübernahme für ein Heilmittel entschieden wurde und eine Leistungsklage (noch) nicht in Betracht kommt (10 ObS 21/10a, SSV‑NF 24/19 mwN).

Daraus ergibt sich, dass ein Versicherter, nachdem die Gewährung von Heilmitteln, Heilbehelfen und Hilfsmitteln als Sachleistung durch den Krankenversicherungsträger abgelehnt wurde, diese selbst anschaffen und in der Folge den Kostenersatz begehren kann. Darüber hinaus steht ihm eine Feststellungsklage gegen eine bescheidmäßige Erledigung des Krankenversicherungsverträgers über das Bestehen oder Nichtbestehen seines Anspruchs zu, wenn eine Leistungsklage (noch) nicht in Betracht kommt. Diese neben der Möglichkeit der Einbringung einer Säumnisklage bestehenden Rechtsschutzmöglichkeiten des Versicherten lässt der Kläger bei seinen Ausführungen zu Unrecht außer Betracht.

3.5 Nach § 456 Abs 1 ASVG haben die Träger der Krankenversicherung eine Krankenordnung aufzustellen, die insbesondere die Pflichten der Versicherten und der Leistungsempfänger im Leistungsfall, das Verfahren bei Inanspruchnahme von Leistungen der Krankenversicherung und die Kontrolle der Kranken zu regeln hat. Die Krankenordnung, die im Rang einer Verordnung steht, gestaltet also das gesetzliche und satzungsmäßige Leistungsverhältnis detaillierter aus, indem sie nähere Bedingungen für die Leistungsgewährung festlegt (Brenneis in SV‑Komm § 456 ASVG Rz 7 und 16). Wenn ein Versicherter gegen Bestimmungen der für ihn geltenden Krankenordnung verstößt, kann dies zum Verlust seines Krankenbehandlungsanspruchs führen (Souhrada in Sonntag, ASVG5 § 456 Rz 5).

3.6 Nach den maßgebenden Bestimmungen der Krankenordnung der beklagten Partei verlieren Rezepte bzw Verordnungsscheine ihre Gültigkeit, wenn sie nicht innerhalb von einem Monat bzw 14 Tagen nach dem Ausstellungstag oder Tag der Bewilligung durch die Kasse eingelöst werden. Die Krankenversicherungsträger kommen daher nur dann für die Kosten von Heilmitteln, Heilbehelfen bzw Hilfsmitteln auf, wenn das Rezept bzw der Verordnungsschein rechtzeitig eingelöst wurde. Auch nach § 15 Abs 1 und 2 der Richtlinien über die ökonomische Verschreibweise von Heilmitteln und Heilbehelfen (RöV 2005) dürfen die Kosten für ärztliche Verschreibungen auf Krankenkassenrezepten vom Krankenversicherungsträger nur übernommen werden, wenn das Heilmittel spätestens einen Monat nach dem Ausstellungstag bzw dem Tag der Bewilligung durch die Kasse abgegeben wurde. Kosten für ärztliche Verschreibungen auf Verordnungsscheinen dürfen vom Krankenversicherungsträger nur übernommen werden, wenn der Heilbehelf innerhalb der auf dem Verordnungsschein angegebenen Gültigkeitsdauer, gerechnet ab dem Ausstellungstag, abgegeben wurde (vgl § 16 RöV). Es muss somit ein zeitlicher Konnex zwischen der Verschreibung von Heilmitteln, Heilbehelfen und Hilfsmitteln und deren Bezug sowie Einnahme bzw Anwendung bestehen. Gegen diese zeitliche Beschränkung der Gültigkeitsdauer von Kassenrezepten bzw Verordnungsscheinen bestehen beim erkennenden Senat keine Bedenken, sodass der vom Kläger in diesem Zusammenhang angeregten Antragstellung an den Verfassungsgerichtshof nicht beizutreten ist.

4. Da somit zum Zeitpunkt des Ankaufs der gegenständlichen Sachleistungen durch den Kläger am 27. 5. 2009 die Gültigkeit der dazugehörigen Verordnungen vom 11. 7. 2008 nicht mehr gegeben war, kommt die vom Kläger begehrte Kostenerstattung nach zutreffender Rechtsansicht des Berufungsgerichts nicht in Betracht.

Der Revision muss daher ein Erfolg versagt bleiben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 1 ASGG. Danach hat die beklagte Partei als Versicherungsträger die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung ohne Rücksicht auf den Ausgang des Verfahrens selbst zu tragen.

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