European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0010NC00044.14G.1021.000
Spruch:
Zur Verhandlung und Entscheidung der Rechtssache wird analog § 28 JN das Landesgericht Steyr als örtlich zuständig bestimmt.
Text
Begründung
Der Kläger, ein österreichischer Staatsangehöriger mit Wohnsitz in Enns, begehrt von der Beklagten den Ersatz des Schadens, der ihm als Soldat (Präsenzdiener) des Österreichischen Bundesheers im Auslandseinsatz im Libanon im Zusammenhang mit einem der Beklagten zurechenbaren Behandlungsfehler im „UNIFIL Hospital“ entstanden sei. Dort sei seine Hodenkrebserkrankung nicht erkannt worden. Er begehrt an Schmerzengeld 10.000 EUR sA und stellt hinsichtlich der zukünftigen Schäden aus der Fehlbehandlung im Zeitraum seines Auslandseinsatzes ein Feststellungsbegehren.
Über die von der Beklagten erhobene Einrede der örtlichen Unzuständigkeit sprach das angerufene Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien mit Beschluss vom 28. 7. 2014 in der berichtigten Fassung vom 16. 9. 2014 rechtskräftig aus, dass es für diese Klage örtlich unzuständig sei.
Der Kläger beantragt nunmehr mangels eines nach innerstaatlichen Rechtsvorschriften örtlich zuständigen Gerichts die Vorlage der Rechtssache an den Obersten Gerichtshof und die Bestimmung eines zuständigen Gerichts gemäß § 28 JN.
Rechtliche Beurteilung
Der Ordinationsantrag ist berechtigt.
Die Erfüllung der dem Bundesheer übertragenen Aufgaben geschieht grundsätzlich in Vollziehung der Gesetze, sodass nur Amtshaftung in Betracht kommt (RIS‑Justiz RS0050006 ua; Schragel, AHG³ [2003] Rz 300 mwN). Hoheitliches Verhalten von Organen österreichischer Rechtsträger im Ausland ist nach österreichischem Amtshaftungsrecht zu prüfen (1 Nc 73/03f mwN = RIS‑Justiz RS0035358 [T4]; RS0057216).
Nach § 4 Abs 1 Z 4 Auslandseinsatzgesetz 2011, BGBl I 2001/55 idF BGBl I 2009/85, ist auf Soldaten, die Auslandseinsatzpräsenzdienst leisten, das 4. Hauptstück des Heeresgebührengesetzes 2001 (HGG 2001, BGBl I 2001/31 idgF) betreffend Leistungen bei Erkrankung oder Verletzung sowie im Falle des Todes anzuwenden. Das 4. Hauptstück des HGG 2001 regelt in § 18 die ärztliche Behandlung und in § 19 Sonderfälle einer ärztlichen Behandlung. Der Oberste Gerichtshof (1 Ob 42/91 = RIS‑Justiz RS0050096; zustimmend Schragel aaO und Zeilinger, Das Weisungsrecht des Militärarztes in Krankenanstalten des Österreichischen Bundesheeres [2010], 44) sprach bereits aus, dass auch die ärztliche Behandlung und Betreuung eines Zeitsoldaten durch einen Heeresvertragsarzt im Rahmen der Hoheitsverwaltung geschieht. Nach Zeilinger (aaO 45) erfolgt die Erbringung von Leistungen nicht nur in den militärischen Krankenanstalten, sondern in allen Sanitätseinrichtungen des Österreichischen Bundesheeres ausschließlich im Rahmen der Hoheitsverwaltung. Ohne dies aufgrund der fehlenden Tatsachenbehauptungen abschließend beurteilen zu können, spricht die dargestellte Rechtslage dafür, dass die behauptete Fehlbehandlung des Klägers im „UNIFIL Hospital“ während seines Auslandseinsatzes im Libanon in hinreichend engem Zusammenhang mit den Aufgaben des Österreichischen Bundesheeres steht und damit der Hoheitsverwaltung zuzuordnen ist.
Da gemäß § 9 Abs 1 AHG für Amtshaftungsansprüche das Landesgericht, in dessen Sprengel die Rechtsverletzung begangen wurde, ausschließlich zuständig ist, fehlt es an der Zuständigkeit eines inländischen Gerichts, das über einen Anspruch aus behauptetem rechtswidrigen und schuldhaften Organverhalten im Ausland (hier im Libanon) entscheiden könnte. Besteht ‑ wie hier ‑ eine ausreichende inländische Nahebeziehung, fehlt es aber an einem inländischen Gerichtsstand, so kommt die Bestimmung eines österreichischen Landesgerichts in analoger Anwendung des § 28 Abs 1 Z 2 JN in Betracht (Schragel aaO Rz 247, 256; 1 Nc 63/10w; 1 Nc 44/11b, jeweils mwN). Für die Rechtsverfolgung im Inland muss darüber hinaus ein besonderes Rechtsschutzbedürfnis gegeben sein. Das ist bei Amtshaftungssachen wegen der fehlenden Anerkennung und Vollstreckbarkeit einer ausländischen Entscheidung gegen österreichische Rechtsträger zu bejahen (1 Nc 73/03f mwN; Schragel aaO Rz 256; vgl Garber in Fasching/Konecny , ZPG³ § 28 JN Rz 96, wonach in Amtshaftungssachen „ein unbestreitbares Bedürfnis nach Ermöglichung einer Rechtsverfolgung im Inland“ besteht). Daher ist über Antrag des Klägers (§ 28 Abs 4 JN) ein inländisches Landesgericht analog § 28 Abs 1 JN als örtlich zuständig zu bestimmen.
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