European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0130OS00091.14B.1009.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.
Sahin A***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Sahin A***** im zweiten Rechtsgang (zum ersten Rechtsgang vgl 13 Os 98/13f) des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter „und sechster“ Fall, Abs 4 Z 3 SMG schuldig erkannt.
Danach hat er von Ende 2011 bis 5. Jänner 2013 in Graz und an anderen Orten vorschriftswidrig Suchtgift in einer das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge anderen „verschafft und“ überlassen, indem er 3.219 Stück 200 mg Substitol-Kapseln an im Urteil einzeln bezeichnete Abnehmer (a bis k) verkaufte.
Rechtliche Beurteilung
Die allein gegen die Annahme der Qualifikation des § 28a Abs 4 Z 3 SMG aus Z 5 und 5a des § 281 Abs 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten schlägt fehl.
Die Mängelrüge (Z 5) spricht angesichts dessen, dass das Erstgericht von einer Tatsachengrundlage ausging, die rechtlich gesehen mehr als dem 48‑fachen der Grenzmenge entspricht (vgl US 61 f), mit Einwänden gegen „das ca. 4‑fache der Grenzmenge“ hinsichtlich Franz S***** und in Richtung eines „Minderbezugs“ von 600 (somit 1.350 statt 1.950) Stück Substitol 200 mg Kapseln hinsichtlich Stefan W***** keine für die Subsumtion entscheidenden Tatsachen an.
Soweit die Beschwerde (der Sache nach Z 5 vierter Fall) „Aktenwidrigkeit“ in Bezug auf die vom Erstgericht berücksichtigten Ergebnisse der Telefonüberwachung reklamiert, geht sie daran vorbei, dass das Erstgericht seine Feststellungen betreffend die vom Angeklagten weitergegebenen Suchtgiftquantitäten nicht auf die Überwachungsprotokolle, sondern auf die Mengenangaben der Abnehmer (vgl US 8 ff) stützte.
Bleibt zu den wiederkehrenden Vorwürfen von „Aktenwidrigkeit“ anzumerken, dass dieser Nichtigkeitsgrund (Z 5 fünfter Fall) nur bei erheblich unrichtiger Wiedergabe des Inhalts eines Beweismittels in den Entscheidungsgründen vorliegt. Aus Beweisergebnissen gezogene Schlussfolgerungen der Tatrichter scheiden insoweit als Anfechtungsbasis aus. Daher wird mit dem Einwand, eine bestimmte Feststellung stehe im „Widerspruch zum Akteninhalt“, Aktenwidrigkeit der Sache nach nicht geltend gemacht (zum Ganzen vgl RIS‑Justiz RS0099431 [insbesondere T15, T16]).
Die weitere Rüge (Z 5 zweiter Fall) kritisiert mit der Behauptung eines (sich auf die überlassene Suchgiftmenge auswirkenden) kürzeren Tatzeitraums (Beginn 7. Dezember 2012 und nicht ‑ wie vom Erstgericht angenommen [US 2, 11] ‑ Oktober 2012) die unterbliebene Auseinandersetzung mit den Ergebnissen der Telefonüberwachung betreffend den Zeugen Stefan W***** (Z 5 zweiter Fall). Der Einwand beruht aber auf der aktenwidrigen Prämisse, dass das Telefon dieses Zeugen bereits seit 20. September 2012 überwacht worden sei (vgl aber die erst ab 7. Dezember 2012 angeordnete Überwachung von Nachrichten ON 10) und geht daher schon deshalb ins Leere. Im Übrigen erklärt die Beschwerde nicht, inwieweit bei „genauerer Würdigung“ der „bezeichneten Gesprächsaufzeichnungsergebnisse“ die Annahme der Qualifikation § 28a Abs 4 Z 3 SMG in Frage gestellt sein soll.
Ein Suchtgiftankauf von zwei Stück Substitol-Kapseln durch den Angeklagten am 30. November 2012 stellt die diesem angelasteten Suchtgiftverkäufe nicht in Frage und bedurfte schon deshalb keiner Erörterung in den ‑ gedrängt abzufassenden (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) ‑ Entscheidungsgründen.
Gleiches gilt für die Einschätzungen des Anton B***** dazu, in welchem Ausmaß sich anhand der Überwachungsprotokolle ein (Weiter‑)Verkauf des (vom Angeklagten erhaltenen) Suchtgifts durch Stefan W***** nachvollziehen lasse (ON 82 S 17). Schlussfolgerungen sind nämlich kein Gegenstand einer Zeugenaussage (RIS‑Justiz RS0097540). Zudem verschweigt die Beschwerde die weiteren Angaben dieses Zeugen, wonach es sich dabei nur um die „Spitze des Eisberges“ gehandelt habe (ON 82 S 18).
Die Tatsachenrüge (Z 5a) weckt mit dem Hinweis auf die von Zeugen behauptete Druckausübung anlässlich polizeilicher Vernehmungen und mit neuerlich angemeldeten Zweifeln an den festgestellten Verkaufsmengen keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit des Ausspruchs über entscheidende Tatsachen.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).
Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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