OGH 24Os5/14m

OGH24Os5/14m8.10.2014

Der Oberste Gerichtshof als Disziplinargericht für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter hat am 8. Oktober 2014 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek als Vorsitzenden, die Anwaltsrichter Dr. Benda und Dr. Sturm‑Wedenig sowie den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als weitere Richter in der Disziplinarsache gegen Mag. Peter W*****, Rechtsanwalt in G*****, wegen des Disziplinarvergehens der Beeinträchtigung von Ehre und Ansehen des Standes über die Berufung des Beschuldigten wegen Schuld und Strafe gegen das Erkenntnis des Disziplinarrats der Steiermärkischen Rechtsanwaltskammer vom 16. Oktober 2013, AZ D 25/13, nach mündlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Janda, des Kammeranwalts Dr. Lindner, des Beschuldigten und seiner Verteidigerin Mag. Ultes zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Dem Beschuldigten fallen auch die Kosten des Berufungsverfahrens zur Last.

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde Rechtsanwalt Mag. Peter W***** des Disziplinarvergehens der Beeinträchtigung von Ehre und Ansehen des Standes (§ 1 Abs 1 zweiter Fall DSt) schuldig erkannt.

Danach hat er das von ihm für seine eigene Vertretung in dem gegen ihn bei der Bezirkshauptmannschaft B***** zu AZ ***** geführten Verwaltungsstrafverfahren verzeichnete Honorar in Höhe von 1.158 Euro im eigenen Namen als Amtshaftungsanspruch gegen das Land Steiermark mit Klage vom 20. April 2012 zu AZ ***** des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz geltend gemacht, obwohl ihm dieses bereits am 22. September 2011 von seiner Rechtsschutzversicherung bezahlt worden war.

Über den Beschuldigten wurde hiefür eine Geldbuße von 1.400 Euro verhängt.

Gegen dieses Erkenntnis richtet sich seine Berufung wegen Schuld und Strafe.

Die Verfahrensrüge (§ 281 Abs 1 Z 4 StPO) verfehlt schon deshalb ihr Ziel, weil sie sich nicht auf einen vom Beschuldigten in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag bezieht. Dem Antrag des Kammeranwalts auf Vernehmung der Referentin der Österreichischen Allgemeinen Rechtsschutzversicherung AG (in Folge: ARAG) Gabriele H***** (ON 9 S 4) wiederum hat sich der Berufungswerber nicht angeschlossen (RIS-Justiz RS0119854).

Die Mängelrüge (§ 281 Abs 1 Z 5 zweiter Fall StPO) behauptet, der Disziplinarrat habe die Korrespondenz des Beschuldigten mit der ARAG mit Stillschweigen übergangen, vernachlässigt aber die Ausführungen S 3, S 5 ff des Erkenntnisses und beschränkt sich darauf, aus der von der Versicherung erteilten Deckungszusage eine ‑ vom Disziplinarrat in seiner Beweiswürdigung gerade nicht angenommene (ES 7) ‑ konkludente Abtretung der Forderung abzuleiten. Die Frage des Unterbleibens der Geltendmachung des Erfolgszuschlags (in Höhe von 17,24 Euro) gegenüber der ARAG bezieht sich nicht auf entscheidende Tatsachen, weil sie an der dem Beschuldigten zur Last gelegten mutwilligen Klagsführung hinsichtlich einer Forderung von 1.158 Euro nichts ändert.

Keine offenbar unzureichende Begründung (§ 281 Abs 1 Z 5 vierter Fall StPO) der ‑ ohne Verstoß gegen die Kriterien logischen Denkens und grundlegende Erfahrungen begründeten (ES 7) ‑ Feststellungen zur subjektiven Tatseite wird mit der Behauptung dargetan, die Schlussfolgerung des Disziplinarrats stelle eine „unstatthafte Vermutung zu Lasten“ des Beschuldigten dar.

Die Rechtsrüge (§ 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO) orientiert sich nicht an der Gesamtheit der Feststellungen des Disziplinarrats (ES 6 f) und beschränkt sich prozessordnungswidrig darauf, der von der ARAG erteilten Deckungszusage den ‑ vom Disziplinarrat ausdrücklich nicht angenommenen (ES 6 f) und auch vom Beschuldigten selbst im Amtshaftungsverfahren nicht vorgebrachten ‑ Bedeutungsgehalt einer Abtretungserklärung zu unterstellen. Im Übrigen zieht ‑ hier nicht auf guten Glauben gegründete (ES 7 f) ‑ mutwillige Prozessführung ebenso wie ungerechtfertigtes, gegen Ehre und Ansehen des Anwaltsstandes verstoßendes, mutwilliges oder auf unvertretbarer Rechtsansicht beruhendes Vorbringen in eigener Sache die disziplinäre Verantwortung des Rechtsanwalts nach sich (§ 10 Abs 2 RAO und § 1 Abs 1 DSt; RIS-Justiz RS0056313, RS0120583).

Ein Vorgehen nach § 3 DSt (§ 281 Abs 1 Z 9 lit b StPO) setzt ein ‑ mit Blick auf die vom Disziplinarrat festgestellten Sorgfaltsverstöße (ES 6 ff) hier nicht vorliegendes ‑ im Vergleich zu den Durchschnittsfällen der Deliktsverwirklichung deutlich abfallendes Gewicht der Pflichtverletzungen voraus (RIS‑Justiz RS0056585) und scheidet daher aus.

Dem weiteren Vorbringen der Schuldberufung zuwider hat der Disziplinarrat unter Würdigung der wesentlichen Beweisergebnisse nachvollziehbar und lebensnah dargestellt, wie er zu seinen Feststellungen gelangt ist und aus welchen Gründen er die Verantwortung des Beschuldigten verworfen hat (ES 6 f), sodass gegen die Richtigkeit der Annahmen zur objektiven und subjektiven Tatseite keine Bedenken bestehen. Die vom Berufungswerber aus seiner Korrespondenz mit der ARAG abgeleitete ‑ im Amtshaftungsverfahren jedoch nicht vorgebrachte ‑ Forderungsabtretung kann sich im Übrigen weder auf den Wortlaut des am 20. September 2011 bei ihm eingelangten Schreibens der ARAG („[…] geben wir […] Kostendeckung [Lokaltarif] für die Amtshaftungsklage“) noch auf das mit Äußerung vom 14. März 2014 vorgelegte Schreiben („[…] dass wir mit Kostendeckung für die Amtshaftungsklage die Erwartung verbunden haben, die von uns erlegten Kosten refundiert zu erhalten“) stützen.

Der im Rahmen der Schuldberufung gestellte Antrag auf Vernehmung der Zeugin Gabriele H***** scheitert bereits daran, dass nicht dargetan wurde, warum dem Beschuldigten eine entsprechende Antragstellung im Verfahren vor dem Disziplinarrat nicht möglich gewesen sei (§ 49 DSt).

Schließlich versagt auch die Strafberufung. Ihr zuwider hat der Disziplinarrat das Fehlen von Schuldeinsicht nicht als erschwerend gewertet. Eine Pflicht zur sorgfältigen Prüfung des eigenen Prozessvorbringens wird nicht erst durch Einwendungen der Gegenseite ausgelöst. Mit Blick auf die vom Disziplinarrat zutreffend angeführten einschlägigen disziplinären Vorbelastungen des Beschuldigten ist die in erster Instanz ausgemessene Sanktion sachgerecht und nicht korrekturbedürftig.

Der Berufung war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 54 Abs 5 DSt.

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