OGH 8Ob21/14t

OGH8Ob21/14t29.9.2014

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Prof. Dr. Spenling als Vorsitzenden, den Hofrat Hon.‑Prof. Dr. Kuras, die Hofrätin Dr. Tarmann‑Prentner und die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Dr. Brenn als weitere Richter in den verbundenen Rechtssachen der klagenden Partei Ing. G***** N*****, vertreten durch Mag. Franz Karl Juraczka, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei W***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Ralph Mayer, Rechtsanwalt in Wien, wegen (Rekursinteresse) 5.151,70 EUR sA, über den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Handelsgerichts Wien als Berufungs‑ und Rekursgericht vom 29. Jänner 2014, GZ 1 R 261/13y-31, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0080OB00021.14T.0929.000

 

Spruch:

Der Rekurs wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit 311,40 EUR bestimmten Kosten der Rekursbeantwortung zu ersetzen.

Begründung

Im führenden Verfahren begehrt der Kläger die Montage eines Stromzählers zur Herstellung eines Zugangs zum Stromnetz sowie Zahlung von 1.627,22 EUR samt Zinsen an Schadenersatz für mangels Stromversorgung frustrierte Mietkosten von April 2007 bis Mai 2008.

Im verbundenen Verfahren erhebt der Kläger weitere aus dem Vorenthalten eines Netzzugangs abgeleitete Schadenersatzforderungen in Höhe von insgesamt 5.127,22 EUR samt Zinsen.

Beiden Verfahren waren Bescheide der E‑Control-Kommission vorausgegangen, in denen die Ansprüche des Klägers abgewiesen wurden.

Das Erstgericht wies das Zahlungsbegehren im Umfang von 1.602,74 EUR samt Anhang wegen entschiedener Rechtssache zurück, im Übrigen wies es das Klagebegehren ab.

Das Berufungs‑ und Rekursgericht gab dem Rekurs des Klägers gegen den Zurückweisungsbeschluss keine Folge. Aus Anlass der Berufung hob es das klagsabweisende Urteil des Erstgerichts als nichtig auf, wies die Klagen in den verbundenen Verfahren zur Gänze zurück, weiters erlegte es dem Kläger den Ersatz der Verfahrenskosten auf.

Die Entscheidung über einen Anspruch auf Verschaffung des Zugangs zum Stromnetz sei nach § 22 Abs 1 ElWOG allein der Regulierungsbehörde zugewiesen und der ordentliche Rechtsweg ausgeschlossen. Hinsichtlich der Schadenersatzforderungen bestehe das Prozesshindernis der Rechtskraft, weil der Kläger die sukzessive Kompetenz des Gerichts gegen den abweisenden Bescheid der E-Control-Kommission nicht fristgerecht in Anspruch genommen habe. Sein Verfahrenshilfeantrag sei als unzulässig zurückgewiesen worden und habe keine Unterbrechung der gesetzlichen Klagefrist bewirkt.

Mit seinem Rekurs bekämpft der Kläger den Beschluss des Berufungsgerichts über die Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils, allerdings nur im Umfang der Zurückweisung des Zahlungsbegehrens, weiters wendet er sich gegen die Kostenentscheidung. Die Zurückweisung des auf „Montage eines Stromzählers“ gerichteten Klagebegehrens lässt der Rekurs unangefochten.

Der Rechtsmittelantrag lautet wörtlich folgendermaßen:

„Das (…) Rekursgericht möge dem Rekurs Folge geben und

1.) den angefochtenen Beschluss abändern, in der Sache selbst entscheiden und lediglich bezüglich des Streitgegenstandes Montage eines Stromzählers (…) das bisherige Verfahren zu 17 C 794/11f als nichtig beheben, im übrigen Umfang aber mit Sachentscheidung das Urteil der ersten Instanz – abgesehen vom Kostenzuspruch - bestätigen, in eventu

2.) dem Berufungsgericht eine neuerliche Entscheidung nach allfälliger Verfahrensergänzung - wie aufgezeigt - auftragen; in eventu

3.) in der Sache selbst entscheiden und die angefochtene Kostenentscheidung aufheben, indem die Verfahrenskosten gegenseitig aufgehoben werden; in eventu

4.) den angefochtenen Beschluss in seinem Kostenzuspruch aufgrund des Kostenrekurses ersatzlos aufheben.“

In seiner Rekursbegründung führt der Kläger aus, er habe entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts die vierwöchige Klagefrist nach Zustellung des Bescheids der Regulierungsbehörde gewahrt, insbesondere weil sein zurückgewiesener Verfahrenshilfeantrag bereits alle wesentlichen Elemente einer Klage aufgewiesen habe. Es liege daher kein Grund für eine Zurückweisung des Begehrens vor. Dem Kläger seien die vom Berufungsgericht herangezogenen Nichtigkeitsgründe jedenfalls nicht vorwerfbar, weshalb die Kostenentscheidung verfehlt sei.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist unzulässig.

1. Die Kostenentscheidung der zweiten Instanz ist gemäß § 528 Abs 2 Z 3 ZPO unanfechtbar. Auch Rekurse gegen Kostenentscheidungen, die das Berufungsgericht funktionell als erste Instanz fällt, sind ausnahmslos unzulässig.

2. Kostenentscheidungen, die der Kognition des Obersten Gerichtshofs entzogen sind, können aber auch nicht auf dem Umweg der Bekämpfung einer den Rechtsmittelwerber nicht beschwerenden Sachentscheidung angefochten werden.

Der Kläger strebt mit seinem Rechtsmittel an Stelle der Zurückweisung seines Begehrens nur dessen Abweisung im Sinne des erstinstanzlichen Urteils an.

Anhaltspunkte dafür, dass dem Kläger bloß ein Versehen bei der Verfassung seines Rechtsmittelantrags unterlaufen wäre, sind nicht erkennbar. Insbesondere spricht ‑ neben der durchaus differenzierenden Formulierung ‑ gegen ein solches Versehen, dass der Rekurs die Zurückweisung des Begehrens auf Montage eines Stromzählers ausdrücklich unbekämpft lässt. Da aber mit dem Zugeständnis, dass die zuständige Behörde eine Verpflichtung der Beklagten zur Herstellung eines Stromanschlusses rechtskräftig verneint hat, auch der Anspruchsgrundlage für das Schadenersatzbegehren der Boden entzogen wurde, erweist sich der Rechtsmittelantrag insoweit durchaus als schlüssig.

Die Sacherledigung jedes Rechtsmittels setzt ein Rechtsschutzinteresse des Rechtsmittelwerbers voraus. Ein solches ist zu bejahen, wenn eine Entscheidung dessen Rechtsstellung beeinträchtigt und deshalb ein Bedürfnis nach Rechtsschutz begründet. Der Rechtsmittelwerber ist formell beschwert, wenn die angefochtene Entscheidung von seinem Sachantrag nachteilig abweicht, materielle Beschwer ist bei jeder Beeinträchtigung der materiellen oder prozessualen Rechtsstellung des Rechtsmittelwerbers gegeben.

Die Zurückweisung einer Klage durch das Berufungsgericht aus formalen Gründen anstatt einer in erster Instanz erwirkten Klagsabweisung beschwert grundsätzlich die beklagte Partei, wenn sie mangels Sachentscheidung der Möglichkeit einer neuerlichen Geltendmachung des Anspruchs ausgesetzt wäre (RIS‑Justiz RS0041758 [T11]). Ein Rechtsschutzbedürfnis auf Seiten der klagenden Partei, anstelle der Zurückweisung der Klage eine Klagsabweisung zu erwirken, ist hier aber nicht erkennbar.

Der Rekurs war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO; die beklagte Partei hat auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen. Die Kostenbemessungs-grundlage beträgt entsprechend dem Ausmaß der Anfechtung lediglich 5.151,70 EUR.

Stichworte