OGH 4Ob131/14i

OGH4Ob131/14i17.9.2014

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Vizepräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj. Kinder O***** G*****, und C***** G*****, infolge Revisionsrekurses der Mutter Dr. E***** G*****, vertreten durch Mag. Emil Golob, Rechtsanwalt in Klagenfurt, gegen den Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt als Rekursgericht vom 31. Jänner 2014, GZ 4 R 25/14i, 26/14m‑129, womit infolge Rekurses der Mutter die Beschlüsse des Bezirksgerichts Klagenfurt vom 16. Mai 2013, GZ 1 Ps 262/11f‑72, und vom 6. Dezember 2013, GZ 1 P 262/11f‑99, bestätigt wurden, folgenden

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0040OB00131.14I.0917.000

 

Spruch:

1. Der Revisionsrekurs wird, soweit er sich gegen die Bestellung der Familiengerichtshilfe als Besuchsmittler richtet, mangels Beschwer zurückgewiesen.

2. Im Übrigen, also so weit sich das Rechtsmittel gegen die Verhängung einer Zwangsstrafe über die Mutter richtet, wird der außerordentliche Revisionsrekurs mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1.1. Auch im Außerstreitverfahren ist nur derjenige rechtsmittellegitimiert, der durch die bekämpfte Entscheidung (formell oder materiell) beschwert ist. Formelle Beschwer liegt vor, wenn die Entscheidung von dem ihr zugrunde liegenden Antrag des Rechtsmittelwerbers zu seinem Nachteil abweicht. Die formelle Beschwer reicht aber nicht immer aus. Der Rechtsmittelwerber muss auch materiell beschwert sein. Materielle Beschwer liegt vor, wenn die rechtlich geschützten Interessen des Rechtsmittelwerbers in der Entscheidung beeinträchtigt werden (RIS‑Justiz RS0041868; RS0006641). Die Beschwer muss zur Zeit der Erhebung des Rechtsmittels gegeben sein und zur Zeit der Entscheidung über das Rechtsmittel noch fortbestehen; andernfalls ist das Rechtsmittel von Amts wegen als unzulässig zurückzuweisen ( Kodek in Gitschthaler/Höllwerth , AußStrG § 45 Rn 52 mwN; RIS-Justiz RS0041770). Dies gilt auch für den Revisionsrekurs (1 Ob 69/11w mwN).

1.2. Das Erstgericht hat am 7. 10. 2013 die Familiengerichtshilfe als Besuchsmittler eingesetzt und den nachfolgenden Antrag der Mutter, den Besuchsmittler zu entheben, am 6. 12. 2013 abgewiesen (ON 99). Mit Beschluss vom 17. 6. 2014 (ON 188) hat das Erstgericht die Besuchsmittlung eingestellt. Die Rechtsmittelwerberin ist damit durch die bekämpfte Entscheidung nicht mehr beschwert. Der außerordentliche Revisionsrekurs der Mutter ist deshalb insoweit als unzulässig zurückzuweisen.

2.1. Die Vorinstanzen sind zwar unzutreffend davon ausgegangen, dass die Mutter keine Stellungnahme zum Bericht der Besuchsbegleitung abgegeben habe, obwohl sie am 6. 5. 2013 eine solche Stellungnahme eingebracht hat (ON 67). Diese Unrichtigkeit blieb aber deshalb ohne Konsequenz und begründet damit keine Aktenwidrigkeit (vgl zum Erfordernis der Relevanz RIS‑Justiz RS0007258 [T3], RS0043367 [T1]), da beide Vorinstanzen bei ihrer rechtlichen Beurteilung nicht von einem fehlerhaften Sachverhaltsbild, sondern ohnehin von jenem Sachverhalt ausgegangen sind, den die Mutter in ihrer Stellungnahme bekanntgegeben hat.

2.2. In der Regel kann die Frage, ob eine Zwangsmaßnahme zu verhängen ist, nur nach den Umständen des Einzelfalls entschieden werden. Ihr kommt, wenn nicht zur Wahrung der Rechtssicherheit wegen einer krassen Fehlbeurteilung ein Aufgreifen durch den Obersten Gerichtshof erforderlich ist, regelmäßig keine erhebliche Bedeutung zu (RIS‑Justiz RS0007203 [T3,T4], RS0008614 [T4]).

2.3. Eine krasse Fehlbeurteilung ist dem Rekursgericht nicht unterlaufen. Die Rechtsmittelwerberin verkennt, dass schon das Erstgericht nicht allein die Vorgänge um den von der Mutter nicht wahrgenommen Termin für das Erstgespräch bei der Familiengerichtshilfe am 16. 4. 2013, sondern auch deren Verhalten vor Gericht (Ablehnung des Abschlusses einer Vereinbarung zwischen den Eltern über die Anbahnung von Besuchskontakten am 27. 2. 2013) zur Grundlage seiner Beurteilung gemacht hat. Das Rekursgericht verweist ergänzend auf die Äußerungen der Mutter während eines Hausbesuches der Familienhilfe am 23. 10. 2013 (ON 87). Im Lichte dieses Akteninhalts sind die Schlussfolgerungen des Rekursgerichts vertretbar, die Mutter sei von sich aus nicht bereit, die Kinder auf Kontakte mit dem Vater vorzubereiten und allfälligen Ängsten der Kinder entgegenzuwirken.

2.4. Die Ausführungen im Rechtsmittel stützen den von den Vorinstanzen gewonnenen Eindruck: Weiterhin (und entgegen dem in erster Instanz eingeholten Gutachten) sieht die Mutter das Kindeswohl durch einen Kontakt der Kinder zum Vater gefährdet und möchte diesen daher unterbinden. Auch die von der Mutter mit ON 67 vorgelegten ärztlichen Atteste und Stellungnahmen von Tagesstättenbetreuern zeigen, dass die Mutter jegliche Auffälligkeiten der Kinder unmittelbar dem möglichen Besuchskontakt zum Vater zuschreibt (so nahm sie sowohl die „übermäßige“ Fröhlichkeit von C*****s als auch die Distanziertheit von O*****s bei einem Besuchskontakt im November 2013 zum Anlass, die Kinder erneut psychologisch begutachten zu lassen), obwohl nach dem gerichtlichen Gutachten gerade dieser Kontakt für das Wohl der Kinder wichtig wäre, um auf diese Weise deren diffuse Ängste gegenüber dem Vater durch ein realitätsgemäßes Bild von ihm zu ersetzen (ON 35 S 42f).

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