OGH 4Ob116/14h

OGH4Ob116/14h17.9.2014

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende sowie die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei F***** GmbH, *****, vertreten durch Mag. Peter Hauswirth, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei H*****gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Dr. Josef Olischar und Dr. Johannes Olischar, Rechtsanwälte in Wien und der Nebenintervenientin auf Seiten der beklagten Partei T***** GmbH, *****, vertreten durch Frieders Tassul & Partner Rechtsanwälte in Wien, wegen Verbesserung und Feststellung (Gesamtstreitwert 50.000 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 28. April 2014, GZ 3 R 15/14v‑28, womit das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 2. Dezember 2013, GZ 26 Cg 3/13h‑23, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens bilden weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Die Beklagte errichtete für die Klägerin aufgrund des 2006 geschlossenen Generalunternehmervertrags ein Bürogebäude.

Die Klägerin begehrte mit ihrer am 9. Jänner 2013 eingebrachten Klage, die Beklagte zur Verbesserung der Fassade des Gebäudes derart zu verpflichten, dass bei Niederschlag kein Wasser in die dahinter liegenden Räumlichkeiten dringe. Weiters begehrte sie die Feststellung der Haftung der Beklagten für alle ihr aus der mangelhaften Herstellung oder aus der Beseitigung der Undichtheit der Fassade entstehenden Schäden. Das Gebäude sei 2006 fertiggestellt und seither zum größten Teil benutzt worden. Seit einiger Zeit komme es bei Niederschlägen zu Wassereintritten. Mit der Problematik konfrontiert habe die Beklagte die Verantwortlichkeit für die Wassereintritte bestritten. Als Werkunternehmerin schulde die Beklagte eine funktionierende, also dichte Fassade. Selbst wenn die Beklagte die Fassade aufgrund ungeeigneter Pläne der Klägerin hergestellt hätte, hätte sie die sie treffende Warnpflicht verletzt. Die Beklagte habe nach Bekanntwerden des Schadens ihre Verantwortung bestritten und verschiedene Erklärungen für die Undichtheit der Fassade angeboten. Die Klägerin sei diesen Erklärungen nachgegangen und habe versucht, „dies umzusetzen“. Letztlich habe sie 2011 ein Beweissicherungsverfahren beantragt, das ergeben habe, dass die Fassade undicht sei.

Die Beklagte wendete ein, Planung und örtliche Bauaufsicht nicht geschuldet zu haben. Allfällige Gewährleistungs‑ und Schadenersatzansprüche der Klägerin seien verjährt, weil der Schaden bereits seit 2007 bekannt sei.

Die Nebenintervenientin die bei dem Bauvorhaben als Subunternehmerin der Beklagten tätig gewesen sei, brachte vor, die Art der Ausführung der Fassade sei das Ergebnis von Gesprächen aller Beteiligten, insbesondere auch mit den von der Klägerin beauftragten Architekten gewesen. Die Nebenintervenientin habe auf die Problematik der vorgeschlagenen Fassadenkonstruktion ausdrücklich hingewiesen und eine andere Konstruktion vorgeschlagen. Diese habe die Klägerin aber abgelehnt. Stattdessen sei die Nebenintervenientin mit einer bestimmten Konstruktion beauftragt worden, die sie auch mangelfrei ausgeführt habe. Nach Abschluss der Arbeiten und Übergabe des Gebäudes habe die Beklagte im März 2007 mitgeteilt, dass es im Bereich der Straßenfassade zu Wassereintritten gekommen sei. Als ursächlich sei damals die Verstopfung der Entwässerung betrachtet worden. Die Nebenintervenientin habe die Fassadenplatten zum Zweck der Reinigung entfernt, diesbezüglich jedoch klargestellt, dass sie aufgrund mangelfreier Montage nur gegen gesonderte Auftragserteilung und Bezahlung tätig werde, was auch akzeptiert worden sei. Erst 2013 sei sie neuerlich mit dem Problem des Wassereintritts konfrontiert worden. Dem von der Beklagten erhobenen Verjährungseinwand schließe sie sich an.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Die Klägerin habe zwar ihr Begehren auf jeden erdenklichen Rechtsgrund gestützt, inhaltlich aber nur Vorbringen zu Gewährleistungsansprüchen erstattet. Dass die Beklagte an der allenfalls schlechten Montage oder einer Warnpflichtverletzung ein Verschulden treffe, habe die Klägerin nicht behauptet. Gewährleistungsansprüche seien aber im Hinblick auf die dreijährige Frist gemäß § 933 Abs 1 ABGB verjährt. An einer Lösung zu arbeiten, sei noch kein hinreichend konkretisiertes Vorbringen im Hinblick auf einen ausdrücklichen oder konkludenten Verjährungsverzicht.

Das Berufungsgericht bestätigte die Klageabweisung und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision mangels erheblicher Rechtsfrage nach § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig sei.

Gewährleistungsansprüche der Klägerin seien angesichts der in § 933 Abs 1 ABGB normierten dreijährigen Frist verjährt. Im Verfahren erster Instanz habe die Klägerin einen Sachverhalt, aus dem sich in rechtlicher Hinsicht ein Anerkenntnis ableiten ließe, nicht behauptet. Die Klägerin habe ihr Begehren aber auch ‑ zumindest erkennbar ‑ auf Schadenersatzrecht gestützt, begehre sie doch ausdrücklich die Feststellung der Haftung der Beklagten für ihr aus der mangelhaften Herstellung der Fassade entstehende Schäden. Zwar setze der Anspruch des Übernehmers auf Ersatz des Mangelschadens ein Verschulden des Übergebers voraus, dieses werde aber gemäß § 1298 ABGB vermutet. Der Schadenersatzanspruch verjähre aber nach § 933a ABGB innerhalb der allgemeinen Verjährungsfrist für Schadenersatzansprüche, also in drei Jahren ab Kenntnis von Schaden und Schädiger. Der Schaden bestehe im Mangel selbst. Wegen des Primats der Naturalrestitution durch Mängelbehebung sei der Verjährungsbeginn regelmäßig mit dem Bekanntwerden der Mangelhaftigkeit anzusetzen. Dass dem Geschädigten zu diesem Zeitpunkt unter Umständen die konkrete Höhe des Schadens noch nicht bekannt sei, ändere daran nichts, weil der Eintritt der Verjährung auch mit Feststellungsklage verhindert werden könne. Die Beklagte habe ausdrücklich eingewendet, der Schaden sei seit 2007 bekannt und daher schon längst Verjährung eingetreten. Die Klägerin habe dieses Vorbringen nicht substantiiert bestritten und kein konkretes Vorbringen dazu erstattet, zu welchem späteren Zeitpunkt der Mangelschaden für sie erst erkennbar geworden sein sollte. Sie habe sich auf das Vorbringen beschränkt, die Beklagte habe ihre Schuld stets zurückgewiesen und diverse Erklärungen für die Undichtheit der Fassade angeboten. Letztlich habe sie dann eine Beweissicherung beantragt. Auch in ihrer Berufung bringe die Klägerin nicht vor, wann der Schaden für sie erkennbar geworden sein solle. Sie beharre vielmehr auf der vollkommen unpräzisen Behauptung, es komme „seit einiger Zeit“ zu Wassereintritten. Damit halte die Klägerin aber auch in der Berufung dem Verjährungseinwand nichts Substantielles entgegen. Der Erörterung eines Vorbringens, gegen das der Gegner bereits substantiierte Einwendungen erhoben habe, bedürfe es nicht. Die Klägerin führe im Übrigen auch nicht aus, welches konkrete Sach‑ und Rechtsvorbringen sie dem Verjährungseinwand der Beklagten entgegengehalten hätte, wäre eine weitere Erörterung erfolgt.

Die Revision der Klägerin, mit der sie die Aufhebung der klageabweisenden Urteile und die Rückverweisung der Rechtssache an das Erstgericht anstrebt, ist infolge unzutreffender Lösung der Verjährungsfrage zulässig und auch berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht beurteilte zwar ‑ im Gegensatz zum Erstgericht ‑ das Klagebegehren zutreffenderweise auch als auf Schadenersatz gestützt, ob der Schadenersatzanspruch der Klägerin aber bereits verjährt ist, kann aufgrund des beiderseitigen Parteivorbringens und der bislang getroffenen Feststellungen nicht abschließend beurteilt werden.

Das Klagevorbringen ist wohl dahin zu verstehen, dass ungeachtet der Fertigstellung des Gebäudes im Jahr 2006 ‑ damit ist auch die Übergabe des Werks zu unterstellen ‑ die Klägerin erst durch die im Jahr 2011 vorgenommene Beweissicherung die Zuordnung der wiederholt beobachteten Wassereintritte zu Mängeln in der Fassade und damit von der Mangelhaftigkeit des von der Beklagten zu verantwortenden Werks erfuhr. Mag auch ein Wassereintritt an sich bereits 2007 ebenso wie die vertragliche Verantwortung der Beklagten für die mangelfreie Herstellung der Fassade bekannt gewesen sein, so meint die Klägerin offensichtlich, dass ihr der für die Klageführung erforderliche Kenntnisstand über den Verursachungs-zusammenhang erst 2011 zukam. Sie verweist auf die mehrfachen Erklärungsversuche der Beklagten, denen sie auch gefolgt sei. Ihr Vorbringen ist insgesamt dahin zu verstehen, dass sie damit den Vorwurf abwehren will, sich nicht ausreichend um die Aufklärung des Ursachenzusammenhangs gekümmert zu haben oder gar die Augen vor mehr oder weniger leicht feststellbaren Umständen verschlossen hätte. Die berufungsgerichtliche Annahme, die Klägerin hätte das Beklagtenvorbringen zur Verjährung nicht substantiiert bestritten, weil sie kein konkretes Vorbringen dazu erstattet habe, trifft daher nicht zu.

Wenn man schon das Klagevorbringen, insbesondere die Erwiderung auf die Verjährungseinrede als unpräzise bemängelt, darf nicht übersehen werden, dass auch das Vorbringen der Beklagten und der Nebenintervenientin zur Verjährung äußerst rudimentär ausfiel. Beide behaupten lediglich, der Schaden sei 2007 bereits bekannt geworden, eine nähere Ausführung wodurch und eine Bezugnahme auf den allgemein als erforderlich angesehenen Kenntnisstand zur Verursachung fehlt aber.

Für den Beginn der Verjährungsfrist ist der Beklagte beweispflichtig (RIS‑Justiz RS0034456). Derjenige, der die Verjährung einwendet, hat jene Tatsachen, die seine Einrede zunächst einmal schlüssig begründen, vorzubringen und zu beweisen (RIS‑Justiz RS0034326). Die Behauptungs-und Beweislast dafür, dass die Kenntnis (vom Schadenseintritt) zu einem bestimmten Zeitpunkt schon bestanden hat, trifft den Schadenersatzpflichtigen (1 Ob 15/08z ua; RIS‑Justiz RS0034456 [T3]).

Zur Klärung der Verjährungsfrage bedarf es daher jedenfalls ergänzender Sachverhaltsfeststellungen, allenfalls nach weiterer Präzisierung des Vorbringens der Beklagten zur Verjährungseinrede einerseits und zum aufgeschobenen Beginn oder zur allfälligen Hemmung oder Unterbrechung der Verjährung seitens der Klägerin andererseits.

Die Aufhebung der Urteile der Vorinstanzen erweist sich daher als unvermeidlich. Das Erstgericht wird im fortzusetzenden Verfahren ‑ allenfalls nach Erörterung der tatsächlichen Voraussetzungen für die Beurteilung der Verjährungsfrage mit den Parteien ‑ Feststellungen über die zeitliche Abfolge der Erkenntnisse der Klägerin über die behaupteten Mängel des von der Beklagten errichteten Werks zu treffen haben, um dann die allfällige Verjährung des geltend gemachten Schadenersatzanspruchs neuerlich beurteilen zu können.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.

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