OGH 6Nc29/14p

OGH6Nc29/14p1.9.2014

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm und Dr. Gitschthaler als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A***** P*****, vertreten durch Dr. Herwig Aichholzer, Rechtsanwalt in Klagenfurt, gegen die beklagte Partei Ö***** G*****, vertreten durch Dr. Johann Etienne Korab, Rechtsanwalt in Wien, wegen Aufhebung eines Vereinsbeschlusses, AZ 209 C 328/14z des Bezirksgerichts Graz‑Ost, über den Delegierungsantrag der beklagten Partei den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0060NC00029.14P.0901.000

 

Spruch:

Der Delegierungsantrag wird abgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 299,57 EUR (davon 49,93 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Äußerung zum Delegierungsantrag binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Der Kläger bekämpft mit der beim Bezirksgericht Graz-Ost, in dessen Sprengel der beklagte Verein seinen Sitz hat, eingebrachten Klage seinen Ausschluss aus diesem Verein und die Verhängung einer Disziplinarstrafe von 2.500 EUR.

Die beklagte Partei beantragte, die Rechtssache an das Bezirksgericht Innere Stadt Wien zu delegieren. Kein einziges ihrer fünf Vorstandsmitglieder habe seinen Wohnsitz in Graz. Drei Vorstandsmitglieder hielten sich ständig in Wien/Wien-Umgebung auf, ein Vorstandsmitglied in Oberösterreich und eines in Vorarlberg. Letztere hielten sich aus beruflichen Gründen wiederholt auch in Wien auf. In Wien hätten auch die Marketinggesellschaft der beklagten Partei und der Ö*****, mit dem die beklagte Partei ständig kooperiere, ihren Sitz. Der Kläger und sein Rechtsanwalt seien in Kärnten ansässig. Kern des Streitgegenstands sei ein Vorstandsbeschluss. Möglicherweise werde die Vernehmung aller Vereinsmitglieder notwendig sein. Es sei kostengünstiger, den Rechtsstreit in Wien zu führen, weil Zureisekosten dreier Vorstandsmitglieder hintangehalten würden. Die Anreise der beiden nicht in Wien ansässigen Vorstandsmitglieder nach Wien anstelle von Graz sei administrativ einfacher und weniger kostenintensiv.

Der Kläger spricht sich gegen eine Delegierung aus. Er beabsichtige, den zuständigen Sachbearbeiter der Vereinsbehörde in Graz, bei der die im Ausschluss des Klägers führende anonyme Anzeige eingebracht worden sei, als Zeugen namhaft zu machen. Nach dem aktuellen Vereinsregisterauszug seien nur drei Personen organschaftliche Vertreter der beklagten Partei. Nur einer von ihnen wohne in Wien. Die beiden anderen hätten ihren Wohnsitz in Oberösterreich und Vorarlberg.

Das Bezirksgericht Graz-Ost befürwortet eine Delegierung.

Rechtliche Beurteilung

Hierzu hat der Oberste Gerichtshof erwogen:

Der Delegierungsantrag ist nicht berechtigt.

Nach § 31 JN kann aus Gründen der Zweckmäßigkeit an ein anderes Gericht gleicher Gattung delegiert werden. Eine Delegierung soll einen Ausnahmefall bilden und keinesfalls durch eine großzügige Handhabung der Delegierungsmöglichkeiten eine faktische Durchbrechung der gesetzlichen Zuständigkeitsordnung hervorgerufen werden (RIS‑Justiz RS0046441). Wenn sich daher die Frage der Zweckmäßigkeit nicht eindeutig zugunsten beider Parteien lösen lässt und eine Partei der Delegierung widersprochen hat, so ist die Delegation abzulehnen (RIS‑Justiz RS0046589).

Für die Beurteilung der Zweckmäßigkeit ist der Kanzleisitz der Parteienvertreter unerheblich (RIS‑Justiz RS0065225). Unerheblich ist auch, wo die Marketinggesellschaft der beklagten Partei oder ein Verband, mit dem sie kooperiert, ihren Sitz haben.

Die Zweckmäßigkeit hat sich an den Gesichtspunkten der Verfahrensbeschleunigung, (wesentlichen) Kostenverringerung und Erleichterung des Gerichtszugangs für die Beteiligten sowie der Amtstätigkeit zu orientieren (RIS‑Justiz RS0046333). Zweckmäßigkeitsgründe in diesem Sinn bilden der Wohnort der Parteien und der zu vernehmenden Zeugen oder die Lage des Augenscheinsgegenstands (RIS‑Justiz RS0046540; RS0053169 [T 12]).

Im vorliegenden Fall lässt sich die Frage der Zweckmäßigkeit nicht eindeutig zugunsten beider Parteien bejahen. Geringeren Kosten der Zureise von Vorstandsmitgliedern nach Wien anstatt nach Graz stünden erhöhte Kosten der Zureise des Klägers und des Zeugen, der von ihm beantragt werden wird, gegenüber, sodass eine wesentliche Verbilligung des Rechtsstreits nicht eindeutig ist.

Damit war der Delegierungsantrag abzuweisen.

Der erfolglose Delegierungswerber hat dem Prozessgegner dessen notwendige Kosten seiner ablehnenden Äußerung zum Delegierungsantrag unabhängig vom Ausgang des Rechtsstreits zu ersetzen (RIS‑Justiz RS0036025).

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