OGH 6Ob108/14x

OGH6Ob108/14x28.8.2014

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.‑Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei T***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Christian Prader und Mag. Ulrich Ortner, Rechtsanwälte in Innsbruck, gegen die beklagte Partei S***** K*****, vertreten durch Mag. Dr. Ivo Rungg, Rechtsanwalt in Innsbruck als Verfahrenshelfer, dieser vertreten durch Mag. Laszlo Szabo, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Räumung und 1.945,23 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 11. April 2014, GZ 3 R 45/14k‑22, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0060OB00108.14X.0828.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision zeigt keine im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO erhebliche Rechtsfrage auf:

1. Die Beklagte hat im Verfahren erster Instanz nicht vorgebracht, dass der begehrte Mietzins überhöht sei, weil er nicht nach den Normen des WGG erhöht worden sei. Zutreffend ist daher das Berufungsgericht auf die Rechtsrüge, wonach die Feststellung des geschuldeten Mietzinses nicht nachvollziehbar sei, weil sie sich nicht auf die konkreten Normen des WGG beziehe, sondern nur pauschal darauf verweise, im Hinblick auf das Neuerungsverbot nicht weiter eingegangen.

2. Nach den Feststellungen des Erstgerichts sind die hausfremden Personen „über die Beklagte“ ins Haus gelangt. Dass das Berufungsgericht Personen, denen die Beklagte Zutritt zum Objekt verschafft, als ihre Gäste qualifiziert, ist weder eine ergänzende oder von den Feststellungen des Erstgerichts abweichende Feststellung, sondern eine rechtliche Qualifikation.

3. Es liegt Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage der Sozialadäquanz vor. Der Oberste Gerichtshof sprach bereits aus, dass bei der Beurteilung der Frage, ob das Verhalten eines Mieters rücksichtslos, anstößig oder sonst grob ungehörig ist und den Mitbewohnern das Zusammenwohnen verleidet, entscheidende Bedeutung den örtlichen und persönlichen Verhältnissen der Beteiligten und den im Haus gewohnten Umgangsformen zukommt. Es kommt also darauf an, was nach den im betreffenden Haus üblichen Verhältnissen noch als zulässig angesehen werden kann (RIS‑Justiz RS0067693).

4. Ob es sich bei dem konkreten Verhalten um ein unleidliches Verhalten im Sinn des § 1118 ABGB handelt, ist eine von den Umständen des Einzelfalls abhängige Frage, sodass ihr keine grundsätzliche Bedeutung im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO zukommt, sofern keine auffallende und im Interesse der Rechtssicherheit zu korrigierende Fehlbeurteilung vorliegt (RIS‑Justiz RS0042984 [T6]).

5. Die Vorinstanzen haben sehr wohl eine Interessenabwägung vorgenommen und sind dabei auch auf die psychische Erkrankung der Beklagten eingegangen. Diese Interessenabwägung aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls ist als typische Einzelfallentscheidung in der Regel nicht revisibel (RIS‑Justiz RS0020957 [T4]). Eine Vertragsauflösung wegen unleidlichen Verhaltens setzt eine Störung des friedlichen Zusammenlebens voraus, die durch längere Zeit fortgesetzt wird oder sich in häufigen Wiederholungen äußert und überdies nach ihrer Art das bei den besonderen Verhältnissen des einzelnen Falls erfahrungsgemäß geduldete Ausmaß übersteigt (RIS‑Justiz RS0070303).

6. Auf der Grundlage der unbekämpft gebliebenen Feststellungen des Erstgerichts haben die Vorinstanzen vertretbar beurteilt, dass die Grenze des Zumutbaren von der Beklagten und den ihr zuzurechnenden Personen überschritten wurde.

Stichworte