European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0130OS00059.14X.0814.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Dr. Erwin F***** jeweils mehrerer Finanzvergehen der gewerbsmäßigen Abgabenhinterziehung nach §§ 33 Abs 1, 38 Abs 1 lit a FinStrG (A) und nach §§ 33 Abs 2 lit a, 38 Abs 1 lit a FinStrG (B), je idF vor BGBl I 2010/104, schuldig erkannt.
Danach hat er in den Jahren 2001 bis 2010 in H***** gewerbsmäßig vorsätzlich
(A) unter Verletzung abgabenrechtlicher Anzeige‑, Offenlegungs‑ und Wahrheitspflichten, nämlich durch das Verschweigen von Umsätzen und Erlösen in den jeweiligen Jahressteuererklärungen ‑ im Ersturteil nach Veranlagungsjahren und Steuerarten aufgegliederte ‑ Abgabenverkürzungen bewirkt, und zwar
I) für die Jahre 2000 bis 2005 und 2008 um insgesamt rund 159.000 Euro an Umsatzsteuer sowie
II) für die Jahre 2001, 2005, 2006 und 2009 um zusammen etwa 50.000 Euro an Einkommensteuer, sowie
(B) unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von § 21 UStG entsprechenden Voranmeldungen Verkürzungen an Umsatzsteuer um insgesamt cirka 99.000 Euro bewirkt, indem er in den Umsatzsteuervoranmeldungen für die Zeiträume Jänner 2006 bis Dezember 2007, Jänner 2009, März bis April 2009, Juni 2009, Oktober 2009, Dezember 2009, Jänner und Februar 2010 sowie April bis Juli 2010 Umsätze nicht erfasste und die darauf entfallenden Vorauszahlungen nicht fristgerecht leistete, wobei er das Bewirken der diesbezüglichen Verkürzungen für gewiss hielt.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen aus Z 5, 9 lit a und 10 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten geht fehl.
Indem die Mängelrüge (Z 5) fehlende Erörterung (Z 5 zweiter Fall) der Anlage ./36 zum Gutachten des Sachverständigen Dr. K***** (ON 38 und 39), wonach auf die Jahres‑Umsatzsteuerschuld 2009 Zahlungen von rund 27.000 Euro an die Abgabenbehörde geleistet worden seien, einwendet, übersieht sie, dass dem Beschwerdeführer insoweit (gewerbsmäßig begangene) Finanzvergehen nach § 33 Abs 2 lit a FinStrG zur Last liegen. Bei den hievon umfassten Umsatzsteuer‑Vorauszahlungen entsteht die Abgabenschuld nicht infolge eines individuellen Verwaltungsaktes, sondern unmittelbar aufgrund des Gesetzes, womit es sich insoweit um sogenannte Selbstberechnungsabgaben handelt ( Lässig in WK² FinStrG § 33 Rz 32). Demnach ist eine diesbezügliche Abgabenverkürzung gemäß § 33 Abs 3 lit b FinStrG bewirkt, das Finanzvergehen nach § 33 Abs 2 lit a FinStrG also vollendet, wenn die Vorauszahlung nicht bis zum Fälligkeitstag, konkret bis zum 15. Tag des dem betreffenden Kalendermonat zweitfolgenden Monats, geleistet wird (RIS‑Justiz RS0087066).
Den diesbezüglichen Feststellungen (US 5) stehen aber die angesprochenen Berechnungen des Sachverständigen zur Jahres‑Umsatzsteuer keineswegs erörterungsbedürftig entgegen.
Die Kritik an den Darlegungen des Sachverständigen zur Jahres‑Umsatzsteuer 2010 (Anlage ./36 zu ON 38 und 39) lässt ‑ ebenso wie das Vorbringen zur angeblichen Einreichung von Steuererklärungen für die Jahre 2009 und 2010 „über den Insolvenzverwalter“ ‑ keinen Bezug zu den Kriterien der Nichtigkeitsgründe erkennen.
Ergänzend sei darauf hingewiesen, dass dem Beschwerdeführer in Bezug auf die Umsatzsteuer 2010 ebenfalls (gewerbsmäßig begangene) Finanzvergehen nach § 33 Abs 2 lit a FinStrG zur Last liegen.
Indem die Beschwerde aus dem Umstand, dass für die Jahre 2009 und 2010 letztlich Jahres‑Umsatzsteuererklärungen abgegeben worden sind, anhand eigener Beweiswerterwägungen für den Beschwerdeführer günstige Schlüsse hinsichtlich der subjektiven Tatseite zu den Finanzvergehen nach § 33 Abs 2 lit a FinStrG (B) ableitet, wendet sie sich nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung in unzulässiger Weise gegen die tatrichterliche Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO).
Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) erschöpft sich darin, die Feststellungen zu den Verkürzungen an Umsatzsteuer für die Jahre 2009 und 2010 (B) zu bestreiten und verfehlt solcherart den Bezugspunkt materieller Nichtigkeit (RIS‑Justiz RS0099810).
Die Subsumtionsrüge (Z 10) leitet nicht aus dem Gesetz ab, aus welchem Grund die konstatierten Verkürzungshandlungen bezüglich der in den Jahren 2009 und 2010 geschuldeten Umsatzsteuer‑Vorauszahlungen (US 5) die Subsumtion nach § 33 Abs 2 lit a FinStrG nicht tragen sollen, sagt zudem nicht, welchem Tatbestand diese Handlungen aus ihrer Sicht zu unterstellen seien, und entzieht sich demnach ebenfalls einer inhaltlichen Erwiderung (RIS‑Justiz RS0116565 und RS0116569 bzw 11 Os 126/06y und RIS‑Justiz RS0118415 [T3]).
Hinzugefügt sei, dass im Bereich der Umsatzsteuer das Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 2 lit a FinStrG von jenem nach § 33 Abs 1 FinStrG konsumiert wird, wenn Letzteres nach Verwirklichung des Ersteren in der Folge mit Beziehung auf den gleichen Umsatzsteuer‑Verkürzungsbetrag und den selben Steuerzeitraum zumindest versucht (§ 13 FinStrG) wird (RIS‑Justiz RS0086706, RS0086719, RS0087036 und RS0087191). In diese Richtung weisende Feststellungen enthält die angefochtene Entscheidung aber nicht, ebensowenig wird von der Beschwerde insoweit ein Feststellungsmangel geltend gemacht.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Berufung kommt somit dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).
Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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