OGH 14Os72/14s

OGH14Os72/14s12.8.2014

Der Oberste Gerichtshof hat am 12. August 2014 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Zillinger als Schriftführerin in der Strafsache gegen Christian Ä***** und eine Angeklagte wegen mehrerer Verbrechen des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Christian Ä***** und Elisabeth Ä***** gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Schöffengericht vom 20. Dezember 2013, GZ 36 Hv 90/13z‑152, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Den Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden Christian Ä***** jeweils mehrerer Verbrechen des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB (I/B), des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB (I/C) und der geschlechtlichen Nötigung nach § 202 Abs 1 StGB (I/N), eines Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB idF BGBl 2004/15 (I/H), jeweils mehrerer Vergehen der pornographischen Darstellungen Minderjähriger nach § 207a Abs 3 erster und zweiter Fall StGB (I/A), nach §§ 12 zweiter Fall, 207a Abs 1 Z 1 und Z 3 StGB (I/G und I/M) sowie nach § 207a Abs 1 Z 1 StGB (I/L), mehrerer Vergehen des Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 1 Z 2 StGB (I/D) sowie jeweils eines Vergehens der gefährlichen Drohung nach §§ 12 zweiter Fall, 107 Abs 1 StGB (I/I) und der falschen Beweisaussage nach § 288 Abs 4 StGB (I/K), Elisabeth Ä***** des Vergehens der gefährlichen Drohung nach §§ 12 dritter Fall, 107 Abs 1 StGB (II/A) schuldig erkannt.

Danach hat ‑ soweit für das Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde relevant ‑

II/A Elisabeth Ä***** am 10. Dezember 2012 in M***** dazu beigetragen, dass Sanny S***** die Silvia Ä***** durch die telefonische Äußerung, ihm seien alle Mittel recht, um deren Lebensgefährten René Sc***** aus dem Weg zu räumen und ihn aus dem Verkehr zu ziehen, zumindest mit einer Verletzung am Körper (zum Nachteil einer Sympathieperson) gefährlich bedrohte, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen, indem sie den unmittelbaren Täter zur Telefonzelle begleitete und für ihn die Telefonnummer der Bedrohten wählte.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richten sich die nicht ausgeführte Nichtigkeitsbeschwerde des Christian Ä*****, die bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen war, weil auch bei deren Anmeldung (ON 151 S 28) keine Nichtigkeitsgründe deutlich und bestimmt bezeichnet wurden (§§ 285d Abs 1 Z 1, 285a Z 2 StPO), sowie die aus Z 10a des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde der Elisabeth Ä*****, die ihr Ziel verfehlt.

Ein Urteil ist nur dann aus § 281 Abs 1 Z 10a StPO nichtig, wenn die darin enthaltenen Feststellungen bei richtiger Rechtsansicht die Nichtanwendung der Diversion nicht zu tragen vermögen oder wenn Ergebnisse der Hauptverhandlung auf einen Umstand hindeuten, der für die positive Beurteilung der diversionellen Voraussetzungen den Ausschlag gäbe, das Gericht aber keine Feststellungen getroffen hat. Nicht anders als im Fall von Rechts- und Subsumtionsrügen (§ 281 Abs 1 Z 9 und 10 StPO) ist somit Gegenstand der Diversionsrüge der Vergleich der im Urteil getroffenen Konstatierungen mit den Diversionskriterien. Hat das Gericht aus Sicht des Beschwerdeführers zu deren Beurteilung erforderliche Feststellungen nicht getroffen, ist ein Feststellungsmangel geltend zu machen (RIS‑Justiz RS0119091 [T1], RS0124801, RS0116823).

Indem die Beschwerde den Sachverhaltsannahmen der Tatrichter (US 20 f) bloß die Behauptung gegenüberstellt, dass die Voraussetzungen des § 198 Abs 2 StPO erfüllt seien, weder spezial- noch generalpräventive Gründe gegen die Anwendung der Diversion sprächen und die Schuld der Angeklagten „im Hinblick auf ihre Besorgnis um David Ä*****“ als nicht schwer anzusehen sei (vgl aber US 120), unterlässt sie es, die Darstellung des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes auf Basis der Urteilsfeststellungen methodisch korrekt zu entwickeln.

Zudem wird nicht erklärt, weshalb - mag auch ein Geständnis nicht als generelle Voraussetzung für diversionelle Erledigung angesehen werden dürfen ‑ fallbezogen eine das Unrecht des Verhaltens akzeptierende Einsicht der ‑ sich gänzlich leugnend verantwortenden (ON 112 S 83 ff) ‑ Angeklagten als Voraussetzung entbehrlich wäre, um diversionshindernde spezialpräventive Bedenken im Sinn des § 198 Abs 1 StPO auszuräumen. Eine solche Verantwortungsübernahme würde im Übrigen auch die ‑ bei allen Diversionsvarianten vorgesehene ‑ (innere) Bereitschaft zur Schadensgutmachung und zum Tatfolgenausgleich erfordern, welche nur bei entsprechendem Unrechtsbewusstsein möglich ist (Schroll, WK-StPO § 198 Rz 36; RIS-Justiz RS0116299).

Die Nichtigkeitsbeschwerde auch der Elisabeth Ä***** war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenersatzpflicht beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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