Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung wegen Schuld werden zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung wegen Strafe und wegen des Ausspruchs über die privatrechtlichen Ansprüche sowie die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.
Dem Angeklagten Gündogan A***** fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil, das einen rechtskräftigen Schuldspruch eines weiteren Angeklagten enthält, wurde Gündogan A***** der Vergehen der pornografischen Darstellung Minderjähriger nach § 207a Abs 3 zweiter Satz StGB (I./1./), der Vergehen der pornografischen Darstellung Minderjähriger nach § 207a Abs 1 Z 2 StGB (I./2./), der Verbrechen der geschlechtlichen Nötigung nach § 202 Abs 1 StGB (I./3./a./ und b./), der Verbrechen des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 2 StGB (I./4./) sowie der Vergehen der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB (I./5./a./ und b./) schuldig erkannt.
Danach hat
„I./ Gündokan A***** im Zeitraum Ende Dezember 2012 bis 31. Jänner 2013 bzw hinsichtlich des Punktes I./1./ im Zeitraum Ende November 2012 bis 31. Jänner 2013
1./ sich in einer unbestimmten Anzahl von mehreren Zugriffen pornografische Darstellungen der am 28. Oktober 1999 geborenen, somit unmündigen Jasmin D*****, nämlich zumindest 20 Lichtbilder, auf welchen sich Jasmin D***** Gegenstände in ihre Vagina einführte bzw sexualbezogene Posen einnahm unter Hervorhebung der Genitalien bzw Schamgegend, sowie zumindest fünf Videos, in welchen sie wiederum Gegenstände oder ihre Finger in ihre Vagina einführte, verschafft und besessen, indem er sich die genannten pornografischen Darstellungen durch die unter den Punkten I./3./ genannte Handlungsweise verschaffte und in Folge auf seinem Mobiltelefon speicherte;
2./ die unter Punkt I./1./ genannten pornografischen Darstellungen anderen zugänglich gemacht, indem er sie anderen Personen mittels 'WhatsApp' übermittelte;
3./ die am 28. Oktober 1999 geborene, somit unmündige Jasmin D*****, außer den Fällen des § 201 StGB durch die Drohung, er werde ihre ihm zuvor auf freiwilliger Basis geschickten Nacktfotos im Internet veröffentlichen, also mit einer gefährlichen Drohung mit einer Verletzung an der Ehre, zu nachangeführten geschlechtlichen Handlungen genötigt, und zwar
a./ in einer unbestimmten Anzahl von mehreren Zugriffen außer dem Fall des § 201 StGB zur Vornahme einer geschlechtlichen Handlung an sich selbst, nämlich zum Einführen von Gegenständen und Fingern in ihre Vagina;
b./ in einem Fall zur Selbstbefriedigung bzw intensiven Betastung ihrer Brüste;
4./ durch die in Punkt I./3./ angeführte Drohung die am 28. Oktober 1999 geborene, somit unmündige Jasmin D***** in einer unbestimmten Anzahl von mehreren Zugriffen zur Vornahme von dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlungen an sich selbst, nämlich zum Einführen von Gegenständen in ihre Vagina verleitet, um sich oder Dritte geschlechtlich zu erregen oder zu befriedigen;
5./ durch die in Punkt I./3./ angeführte Drohung die am 28. Oktober 1999 geborene, also unmündige Jasmin D*****,
a./ in zahlreichen Angriffen zur Anfertigung (nicht pornografischer) sexualbezogener Lichtbilder, Nacktbilder und pornografischer Darstellungen von den unter Punkt I./3./a./ genannten geschlechtlichen Handlungen und Übermittlung derselben an ihn und andere mittels 'WhatsApp' genötigt“.
Rechtliche Beurteilung
Der dagegen aus Z 5, 9 lit a, 9 lit b und 11 des § 281 Abs 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Gündogan A***** kommt keine Berechtigung zu.
Die Mängelrüge (zu den Punkten I./3./ bis 5./ des Schuldspruchs) bezieht sich auf die Ausführungen des Erstgerichts, aus einem Nachrichtenprotokoll (ON 3) ergebe sich, dass der Angeklagte A***** Jasmin D***** „von Anfang an unter Druck gesetzt“ habe (US 9), und behauptet diesbezüglich eine offenbar unzureichende Begründung (Z 5 vierter Fall). Dieses Vorbringen geht jedoch ins Leere, weil es sich nicht auf einen Ausspruch des Schöffengerichts über entscheidende Tatsachen (vgl Ratz , WK‑StPO § 281 Rz 399) bezieht.
Betreffend I./4./ des Schuldspruchs behauptet die Mängelrüge eine offenbar unzureichende Begründung (Z 5 vierter Fall) der erstgerichtlichen Konstatierung, wonach es dem Rechtsmittelwerber darauf ankam, sich selbst bzw Dritte geschlechtlich zu erregen oder zu befriedigen (US 8). Indem die Nichtigkeitsbeschwerde ausführt, es wären durchaus andere Motive denkbar, die vom Erstgericht angenommene Absicht wäre lebensfremd, bei pubertierenden Jugendlichen wäre insbesondere an Eifersucht, Prahlerei und schlicht fehlende Einschätzung der eigenen und fremden Sexualität zu denken, bekämpft der Rechtsmittelwerber nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht zulässigen Schuldberufung die den Tatrichtern vorbehaltene Beweiswürdigung.
Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) bezieht sich auf I./3./ und 5./ des Schuldspruchs und führt aus, die Drohung des Erstangeklagten wäre „von vornherein nicht geeignet“ gewesen, „bei Jasmin D***** begründete Besorgnis einer Ehrverletzung auszulösen, zumal sie jederzeit mit einer Weiterverbreitung dieser Fotos, von denen bereits die gesamte dritte und vierte Schulklasse wusste, rechnen musste, und die Fotos durch ihre freiwillige Weitergabe bereits veröffentlicht waren“. Mit diesem Vorbringen legt die Rechtsrüge nicht dar, weshalb die Drohung die Fotos, auf welchen sowohl die Brüste als auch die Vagina der Genannten zu sehen sind (US 6), im Internet zu veröffentlichen, diese also einer unbegrenzten Zahl von Personen zugänglich zu machen, objektiv ungeeignet sein sollte, beim Opfer begründete Besorgnis betreffend die Verletzung seiner Ehre hervorzurufen (vgl RIS‑Justiz RS0092888). Mag im Übrigen auch die Aufnahme von Nacktfotos (oder die Zulassung der Anfertigung derartiger Lichtbilder) per se nicht ehrenrührig sein (vgl 12 Os 90/13x), so bedeutet das nicht, dass mit der Ankündigung einer vom Opfer nicht gewollten Veröffentlichung von durchaus freiwillig hergestellten, aber nicht für einen weiten Personenkreis bestimmten Nacktfotos, nicht mit einer Verletzung an der Ehre gedroht wird, liegt darin doch die Androhung, dem Opfer die gebotene achtungsvolle Behandlung zu verweigern und so sein Ansehen in der Öffentlichkeit herabzusetzen (vgl Schwaighofer in WK 2 StGB § 105 Rz 59 und § 106 Rz 8; Kienapfel/Schroll StudB BT I 3 § 111 S 306). Durch die angedrohte Veröffentlichung wird dem Opfer nämlich in Aussicht gestellt, in der Öffentlichkeit den Eindruck eines anstoßerregenden Verhaltens bis hin zu Schamlosigkeit zu erwecken.
Zum Schuldspruch I./4./ reklamiert der Beschwerdeführer für sich den Strafausschließungsgrund des § 206 Abs 4 StGB (Z 9 lit b), erklärt jedoch nicht, weshalb die genannte Bestimmung in der nunmehr geltenden Fassung (Sexualstrafrechtsänderungsgesetz 2013, BGBl I 2013/116, Inkrafttreten 1. August 2013) zur Anwendung kommen sollte. Nach der Rechtslage im Entscheidungszeitpunkt erster Instanz (vgl Ratz , WK‑StPO § 288 Rz 35) greift die Alterstoleranzklausel nicht, wenn die geschlechtliche Handlung in einer Penetration mit einem Gegenstand besteht.
Mit der Forderung nach Anwendung des § 13 JGG bzw des § 37 Abs 1 StGB iVm § 5 Z 4 JGG macht die Sanktionsrüge (Z 11) bloß ein Berufungsvorbringen geltend.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), desgleichen die zur Anfechtung schöffengerichtlicher Urteile nicht vorgesehene Berufung wegen Schuld (vgl § 283 Abs 1 StPO).
Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung wegen Strafe und wegen des Ausspruchs über die privatrechtlichen Ansprüche sowie über die implizite Beschwerde (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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