European Case Law Identifier: AT:OGH:2014:E107596
Spruch:
Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl und Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Fürnkranz sind von der Entscheidung über den Antrag des Verurteilten auf Erneuerung des Strafverfahrens hinsichtlich des Beschlusses der Präsidentin des Landesgerichts Linz vom 14. April 2014, AZ 35 Ns 22/14p, nicht ausgeschlossen.
Gründe:
Rechtliche Beurteilung
Der Oberste Gerichtshof hat zu AZ 15 Os 52/13f über die gegen das Urteil des Landesgerichts Linz als Schöffengericht vom 26. November 2012, GZ 22 Hv 93/11h‑59, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten entschieden. Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl und Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Fürnkranz wirkten an dieser Entscheidung mit. Im Senat 11 des Obersten Gerichtshofs steht nunmehr zu AZ 11 Os 41/14k die Beschlussfassung über einen Antrag des Verurteilten auf Erneuerung des Verfahrens hinsichtlich eines Beschlusses der Präsidentin des Landesgerichts Linz an, in welchem diese aussprach, dass die von einem Richter im Zusammenhang mit einem Wiederaufnahmeverfahren aufgezeigten Umstände keine Ausgeschlossenheit begründen. Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl und Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Fürnkranz sind Mitglieder des zuständigen Senats 11.
Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Fürnkranz zeigte unter Hinweis auf den Willen des Gesetzgebers, wonach Richter von einer Entscheidung über einen Antrag auf Erneuerung des Verfahrens ausgeschlossen sind, wenn sie im Verfahren bereits als Richter tätig waren, ihre und die Ausgeschlossenheit des Hofrats des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl an.
Die Beurteilung der Frage, ob Richter ausgeschlossen sind, erfordert nicht nur mit Blick auf das Spannungsverhältnis zum verfassungsrechtlich gewähr-leisteten Recht auf den gesetzlichen Richter (Art 83 Abs 2 B‑VG) und zum Prinzip der festen Geschäftsverteilung (Art 87 Abs 3 B‑VG), sondern auch und vor allem unter dem Aspekt des Zugangs zum Recht eine ausgewogene Auslegung dieser Norm unter Berücksichtigung von Organisation und Funktion des Gerichts. Die Bestimmungen über die Ausgeschlossenheit und die Befangenheit stellen auf äußere Umstände ab, die zum einen durch ausdrückliche Aufzählung (§ 43 Abs 1 Z 1 und Z 2, Abs 2 bis 4, § 47 Abs 1 Z 1 und Z 2 StPO), zum anderen mittels Generalklausel (§ 43 Abs 1 Z 3, § 47 Abs 1 Z 3 StPO) determiniert werden. Daraus folgt, dass der Gesetzgeber die Ausgeschlossenheit abschließend regeln wollte, weil dieser Wille des Gesetzgebers eine Gesetzeslücke jedoch nicht ausschließt, sind die Bestimmungen der §§ 43 ff StPO grundsätzlich analogiefähig. Im Hinblick auf den Ausnahmecharakter der genannten Bestimmungen und der verfassungsrechtlichen Vorgaben ist aber hiebei ein äußerst strenger Maßstab anzulegen (vgl Lässig, WK-StPO Vorbem zu §§ 43-47 Rz 5).
„Die Präsidentin des Landesgerichts Linz hat anlässlich der Beschlussfassung am 14. April 2014 zwar in Bezug auf das Strafverfahren gegen Rasim R*****, aber in einem anderen Verfahrensgegenstand entschieden (vgl auch Lässig, WK‑StPO § 45 Rz 9). Ausschließlich Letzteres hat der vorliegende Erneuerungsantrag zum Gegenstand, sodass ein Fall des § 43 Abs 4 StPO nicht vorliegt.“
Eine durch Analogie zu schließende Lücke ist bei der vorliegenden Sachverhaltskonstellation nicht auszumachen. Weil bei der nunmehr heranstehenden Entscheidung auch unter dem Aspekt des § 43 Abs 1 Z 3 StPO keine Fragen zu beantworten sind, die jenen ähneln, mit der die Richter in der selben Sache bereits befasst waren (Lässig, WK-StPO § 43 Rz 31a), sind Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl und Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Fürnkranz nicht ausgeschlossen.
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