OGH 13Os29/14k

OGH13Os29/14k5.6.2014

Der Oberste Gerichtshof hat am 5. Juni 2014 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Kotanko als Schriftführerin in der Strafsache gegen Edmund E***** wegen Verbrechen nach § 3d VG und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Geschworenengericht vom 4. Dezember 2013, GZ 603 Hv 3/13m‑35, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Edmund E***** mehrerer Verbrechen nach § 3g VG schuldig erkannt.

Danach hat er sich vom 25. Mai 2000 bis zum 9. Mai 2007 in Wien auf andere als die in §§ 3a bis 3f VG bezeichnete Weise im nationalsozialistischen Sinn betätigt, indem er

(A) wiederholt im Rahmen eines rechtsextremen Netzwerks (im Urteil beispielsweise angeführte) Schriften verbreitete, die dem Knüpfen und dem Aufrechterhalten von Kontakten zwischen nationalsozialistischen Gruppierungen sowie der Verbreitung rechtsextremen Gedankenguts, Letzteres vorrangig zum Zweck der Schulung junger „Kameraden“, dienten,

(B) in seiner Wohnung wiederholt vor mehreren Personen Seminare und Arbeitszirkel durchführte, in denen nationalsozialistisches Gedankengut propagiert wurde,

(C) anlässlich der unter B angeführten Tathandlungen (im Urteil beispielsweise genannte) NS‑Devotionalien und Propagandamaterial gegenüber den Veranstaltungsteilnehmern propagandistisch zur Schau stellte sowie

(D) mehrere Lieder mit den Nationalsozialismus verherrlichenden (im Urteil einzeln angeführten) Texten an andere weiterleitete.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus Z 5 und 10a des § 345 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten geht fehl.

Entgegen der Verfahrensrüge (Z 5) wies das Erstgericht den Antrag, Wolfgang Ö***** als Zeugen zu vernehmen (ON 34 S 55), zu Recht ab (ON 34 S 56):

Die Antragsbegründung, wonach Wolfgang Ö***** namhaft gemacht werde, „weil er die Schriften des Angeklagten gesichtet hat und entschieden hat, welche ausgedruckt werden und welche nicht und E***** eben sagt, die sind aus dem Zusammenhang herausgerissen ausgedruckt worden und er hat den Computer seit 2007 nicht mehr und er konnte sich auch nicht vorbereiten auf die Verhandlung, weil das eben schon so lange her und über den ganzen Schriftverkehr nicht mehr Bescheid weiß. Es ist eben nicht alles zur Gänze ausgedruckt worden und aus dem Zusammenhang gerissen“ (ON 34 S 55), lässt nämlich schon das Beweisthema (§ 55 Abs 1 zweiter Satz StPO) nicht klar erkennen.

Sollte die Behauptung, wonach Elaborate des Beschwerdeführers „aus dem Zusammenhang gerissen“ seien, im Zusammenhalt mit dem Umstand, dass Wolfgang Ö***** nach dem ungerügten Protokoll über die Hauptverhandlung (ON 34) der Kriminalbeamte war, der in der gegenständlichen Strafsache den Abschlussbericht erstellte (ON 34 S 54), dahin zu verstehen sein, dass die vollständige Kenntnis aller vom Beschwerdeführer verfasster Schriften die Annahme indizieren würde, die gegenständlichen seien nicht nationalsozialistischen Inhalts, fehlt es an einem Vorbringen dazu, aus welchem Grund die begehrte Beweisaufnahme das behauptete Ergebnis erwarten lasse (§ 55 Abs 1 dritter Satz StPO, RIS‑Justiz RS0118444).

Das den Beweisantrag ergänzende Beschwerdevorbringen hat mit Blick auf das aus dem Wesen des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes resultierende Neuerungsverbot auf sich zu beruhen.

Mit dem Hinweis auf die Pflicht zu amtswegiger Wahrheitsforschung (§ 3 Abs 1 StPO [der Sache nach Z 10a]) übersieht die Beschwerde die unter dem Aspekt der Sachverhaltsermittlung bestehende Subsidiarität des Nichtigkeitsgrundes des § 345 Abs 1 Z 10a StPO gegenüber jenem des § 345 Abs 1 Z 5 StPO (RIS‑Justiz RS0114036, RS0115823).

Soweit der Einwand der Tatsachenrüge (Z 10a), „auch die unter Punkt D angeführten Lieder“ seien „aus dem Zusammenhang gerissen worden“, im Sinn der Behauptung fehlender Aufklärung zu verstehen ist, wird zwecks Vermeidung von Wiederholungen auf Vorstehendes verwiesen.

Im darüber hinausgehenden Umfang entwickelt die Tatsachenrüge ihre Argumentation nicht „aus den Akten“, also ‑ soweit hier von Interesse (unterlassene Beweisaufnahme wird dabei nicht behauptet) ‑ aus in der Hauptverhandlung vorgekommenem Beweismaterial (§ 258 Abs 1 StPO) und orientiert sich solcherart nicht an den Kriterien des angesprochenen Nichtigkeitsgrundes (13 Os 60/03, SSt 2003/47; RIS‑Justiz RS0117516, RS0117749 und RS0119310).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß §§ 285d Abs 1, 344 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Berufungen kommt somit dem Oberlandesgericht zu (§§ 285i, 344 StPO).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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