OGH 10ObS50/14x

OGH10ObS50/14x19.5.2014

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden, die Hofräte Dr. Fellinger und Dr. Hoch sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Reinhold Hohengartner (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Horst Nurschinger (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Ing. R*****, vertreten durch Mag. Franz Schruiff LL.M., Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Wiener Gebietskrankenkasse, 1100 Wien, Wienerbergstraße 15‑19, vertreten durch Dr. Heinz Edelmann, Rechtsanwalt in Wien, wegen Rückforderung von Kinderbetreuungsgeld (Streitwert 1.227,20 EUR), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen vom 28. Jänner 2014, GZ 8 Rs 143/13b‑16, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts Eisenstadt als Arbeits‑ und Sozialgericht vom 5. August 2013, GZ 17 Cgs 155/13z‑9, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Beide Parteien haben ihre Kosten des Revisionsverfahrens selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die Klägerin bezog für ihren am 20. 1. 2008 geborenen Sohn R***** Kinderbetreuungsgeld in der Zeit vom 14. 4. 2008 bis 26. 7. 2009 in der Höhe von 20,80 EUR täglich. Vor und nach der Geburt ihres Sohnes C***** am 27. 7. 2009 bezog sie in der Zeit vom 15. 6. 2009 bis 2. 11. 2009 Wochengeld; im Anschluss daran bezog sie Kinderbetreuungsgeld in der Zeit vom 3. 11. 2009 bis 31. 12. 2009 im Ausmaß von 1.227,20 EUR. Im Zeitraum vom 3. 11. 2009 bis 31. 12. 2009 konsumierte die Klägerin Urlaub und bezog von ihrer Dienstgeberin für diesen Zeitraum steuerpflichtige Einkünfte (Urlaubsentgelt) in Höhe von 5.365,27 EUR. Das Bundesrechenzentrum meldete sonstige Bezüge der Klägerin gemäß § 67 EStG 1988 im Jahr 2009 in Höhe von 3,73 EUR.

Mit Bescheid vom 22. 5. 2013 widerrief die beklagte Wiener Gebietskrankenkasse die Zuerkennung des der Klägerin für ihren Sohn C***** für die Zeit vom 3. 11. 2009 bis 31. 12. 2009 zuerkannten Kinderbetreuungsgeldes und verpflichtete die Klägerin zum Ersatz der unberechtigt empfangenen Leistung in der Höhe von 1.227,20 EUR.

Das Erstgericht wies die von der Klägerin dagegen erhobene Klage mit dem Begehren, es werde festgestellt, die Klägerin habe das Kinderbetreuungsgeld in der Zeit vom 3. 11. 2009 bis 31. 12. 2009 zu Recht bezogen, der Widerruf des Kinderbetreuungsgeldes von 1.227,20 EUR sei zu Unrecht erfolgt und die Klägerin sei zur Rückzahlung nicht verpflichtet, ab. Weiters sprach es aus, dass der Anspruch der beklagten Partei gegenüber der Klägerin auf Rückersatz des widerrufenen Kinderbetreuungsgeldes für die Zeit vom 3. 11. 2009 bis 31. 12. 2009 zu Recht bestehe und verpflichtete die Klägerin zur Zahlung des zu Unrecht bezogenen Kinderbetreuungsgeldes in Höhe von 1.227,20 EUR an die beklagte Partei binnen 14 Tagen.

Es führte in rechtlicher Hinsicht unter Hinweis auf § 8 Abs 1 Z 1 KBGG im Wesentlichen aus, dass der Klägerin während des Bezugs von Kinderbetreuungsgeld im Zeitraum vom 3. 11. 2009 bis 31. 12. 2009 der maßgebliche Betrag von 5.365,27 EUR zugeflossen sei. Nach Abzug der pauschalen Werbungskosten von 132 EUR und der sonstigen Bezüge gemäß § 67 EStG 1988 von 3,73 EUR ergebe sich ein Betrag von 5.229,54 EUR für zwei Monate bzw von 2.614,77 EUR für einen Monat. Nach Erhöhung dieses Betrags von 2.614,77 EUR um 30 % auf 3.399,20 EUR und Umrechnung auf einen Jahresbetrag (3.399,20 EUR x 12) ergebe sich ein maßgeblicher Gesamtbetrag der Einkünfte iSd § 8 Abs 1 Z 1 KBGG von 40.790,41 EUR. Da dieser Betrag den maßgebenden Grenzbetrag nach § 2 Abs 1 Z 3 KGBB von 16.200 EUR bei weitem überschreite, sei die Klägerin zur Rückzahlung des zu Unrecht bezogenen Kinderbetreuungsgeldes verpflichtet.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin keine Folge. Es führte in seiner rechtlichen Beurteilung im Wesentlichen aus, dass der Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld spätestens mit einem neuen Anspruch für ein weiteres Kind ende. Das Kinderbetreuungsgeld gebühre für das jeweils jüngste Kind, also für das Kind, das den höchsten Betreuungsaufwand verursache. Für ältere Kinder habe der Gesetzgeber keine Veranlassung gesehen, zusätzlich zu anderen Familienleistungen und Beihilfen auch noch Leistungen nach dem KBGG vorzusehen. Das Gesetz sehe demnach keinen gleichzeitigen Bezug von Kinderbetreuungsgeld für mehrere (nacheinander geborene) Kinder vor. Die Anspruchsvoraussetzung der Einhaltung der sogenannten Zuverdienstgrenze ‑ auch bei einem sukzessiven Bezug von Kinderbetreuungsgeld für mehrere Kinder ‑ sei bei jedem Antrag bzw Kinderbetreuungsgeldbezug gesondert zu prüfen. Die Zuverdienstgrenze sei in § 2 Abs 1 Z 3 KBGG geregelt. Diese Norm verweise zur Ermittlung des Gesamtbetrags der maßgeblichen Einkünfte ausdrücklich auf § 8 Abs 1 KBGG. Nach § 8 Abs 1 Z 1 KBGG in seiner Stammfassung (ebenso auch in der aktuellen Fassung) sei für die Ermittlung des Gesamtbetrags der maßgeblichen Einkünfte von jenen Einkünften auszugehen, die während der Kalendermonate mit Anspruch auf Auszahlung des Kinderbetreuungsgeldes (Anspruchszeitraum) erzielt werden. Eine grammatikalische, systematische und auch teleologische Interpretation zeige, dass es ausschließlich auf Einkünfte und deren Höhe in dem Zeitraum ankommen solle, in dem das beantragte ‑ hinsichtlich der Einhaltung der Zuverdienstgrenze zu prüfende ‑ Kinderbetreuungsgeld bezogen wurde. Es wäre systemwidrig, bei einer antragsbezogenen Leistung, die nur für ein Kind gewährt und bezogen werden könne, bei der nachträglich vorzunehmenden Prüfung der Einhaltung der Zuverdienstgrenze verschiedene Leistungsanträge und Leistungsbezüge zu vermengen. Bei der Berechnung der Zuverdienstgrenze sei daher auch bei (sukzessivem) Bezug von Kinderbetreuungsgeld während eines Kalenderjahres für verschiedene Kinder stets von dem Bezugszeitraum für ein Kind auszugehen, für das gerade Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld bestehe. Die Berücksichtigung der nur im betreffenden Bezugszeitraum erzielten Einkünfte führe naturgemäß zu einem anderen jährlichen Gesamtbetrag der maßgeblichen Einkünfte als die Zugrundelegung der verschieden hohen Einkünfte aus mehreren Bezugszeiträumen. Die Berücksichtigung mehrerer Bezugszeiträume könne sich jedoch abhängig von der Höhe und Dauer der Einkünfte nicht nur zugunsten, sondern auch zu Lasten der Leistungsbezieherin auswirken. Eine unsachliche und damit gleichheitswidrige Regelung sei in der vom Gesetzgeber vorgeschriebenen Bezugnahme auf den Anspruchszeitraum für das betreffende Kinderbetreuungsgeld nicht zu erkennen.

Im vorliegenden Fall habe der Anspruch der Klägerin auf Kinderbetreuungsgeld für ihren älteren Sohn R***** mit dem der Geburt des jüngeren Sohnes C***** vorangehenden Tag (26. 7. 2009) geendet. Bei der Beurteilung der Frage, ob der maßgebliche Gesamtbetrag der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 8 Abs 1 Z 1 KBGG) des Elternteils im Kalenderjahr den Grenzbetrag von ‑ im Jahr 2009 ‑ 16.200 EUR nicht übersteige, sei daher der Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld für das ältere Kind getrennt vom Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld für das jüngere Kind zu betrachten. Das Erstgericht habe daher zu Recht bei der Prüfung der Berechtigung des Anspruchs auf Kinderbetreuungsgeld für den jüngeren Sohn C***** im Jahr 2009 ausschließlich den Zeitraum des Bestehens dieses konkreten Anspruchs vom 3. 11. 2009 bis 31. 12. 2009 und die in diesem Zeitraum bezogenen Einkünfte der Klägerin berücksichtigt.

Bei der Ermittlung des maßgeblichen Gesamtbetrags der Einkünfte der Klägerin für diesen Zeitraum sei das von der Klägerin in diesem Zeitraum bezogene Urlaubsentgelt in Höhe von 5.365,27 EUR zu berücksichtigen. Die Klägerin habe daher nach zutreffender Berechnung des Erstgerichts im Bezugszeitraum des zurückgeforderten Kinderbetreuungsgeldes Einkünfte in einem Gesamtbetrag von 40.790,41 EUR erzielt und damit die für das Jahr 2009 geltende Zuverdienstgrenze von 16.200 EUR überschritten.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil zur Auslegung des für die Ermittlung der maßgeblichen Einkünfte nach § 8 Abs 1 KBGG maßgeblichen „Anspruchszeitraumes“ bei mehrfachem Kinderbetreuungsgeldbezug in einem Kalenderjahr noch keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs vorliege.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne einer Stattgebung des Klagebegehrens. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei beantragte in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist ‑ entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulässigkeitsausspruch des Berufungsgerichts (§ 508a Abs 1 ZPO) ‑ im Hinblick auf die mittlerweile zu der vom Berufungsgericht als rechtserheblich bezeichneten Rechtsfrage vorliegende Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs nicht zulässig.

Die Klägerin macht in ihrem Rechtsmittel ‑ zusammengefasst ‑ geltend, nach § 8 Abs 1 Z 1 KBGG sei bei der Berechnung des maßgeblichen Gesamtbetrags der Einkünfte von jenen Einkünften auszugehen, die während der Kalendermonate mit Anspruch auf Auszahlung des Kinderbetreuungsgeldes zugeflossen seien. Da gemäß § 2 Abs 1 Z 3 KBGG ausdrücklich auf den maßgeblichen Gesamtbetrag der Einkünfte (§ 8 KBGG) des Elternteils im Kalenderjahr abzustellen sei und ein Grenzbetrag von 16.200 EUR ebenfalls für das Kalenderjahr festgelegt worden sei, sei es gesetzlich geboten, sämtliche Kalendermonate mit Anspruch auf Auszahlung des Kinderbetreuungsgeldes im jeweiligen Kalenderjahr für die Berechnung gemäß § 8 KBGG heranzuziehen. Es sei daher für die Berechnung des maßgeblichen Gesamtbetrags der Einkünfte nicht nur der Bezugszeitraum vom 3. 11. 2009 bis 31. 12. 2009 anlässlich der Geburt des jüngeren Sohnes C*****, sondern auch der Bezugszeitraum vom 1. 1. 2009 bis 26. 7. 2009 anlässlich der Geburt des älteren Sohnes R*****, insgesamt somit neun Monate, heranzuziehen. Dem entsprechend ergebe sich ein maßgeblicher Gesamtbetrag der Einkünfte der Klägerin im Jahr 2009 in der Höhe von 9.034,54 EUR, sodass das Kinderbetreuungsgeld in der Zeit vom 3. 11. 2009 bis 31. 12. 2009 von der Klägerin zu Recht bezogen und daher nicht zurückzuzahlen sei.

Weiters macht die Klägerin geltend, sie habe sich im gesamten Jahr 2009 zur Gänze der Kinderbetreuung gewidmet und kein diesem Jahr zuzurechnendes Einkommen erzielt. Die Zahlung des Urlaubsentgelts für den Zeitraum vom 3. 11. 2009 bis 31. 12. 2009 sei ihrem ausschließlich im Jahr 2008 und davor entstandenen Urlaubsanspruch zuzuordnen, zumal im Jahr 2009 aufgrund der Karenzierung gar kein Urlaubsanspruch der Klägerin habe entstehen können. Das Berufungsgericht hätte daher auch aus diesem Grund der Klage stattgeben müssen.

Diesen Ausführungen ist Folgendes entgegenzuhalten:

1. Der Oberste Gerichtshof hat in der mittlerweile ergangenen Entscheidung 10 ObS 21/14g vom 25. 3. 2014 zu der auch im vorliegenden Verfahren entscheidungswesentlichen Rechtsfrage der Auslegung des für die Ermittlung des maßgeblichen „Anspruchszeitraumes“ bei mehrfachem Kinderbetreuungsgeldbezug in einem Kalenderjahr Folgendes ausgeführt:

„4.1 Nach § 4 Abs 1 KBGG gebührt das Kinderbetreuungsgeld nur auf Antrag und zwar frühestens ab der Geburt des Kindes. Der Anspruch endet spätestens mit einem neuen Anspruch für ein weiteres Kind (§ 5 Abs 5 KBGG idF BGBl I 21/2007). Dies bedeutet, dass bei nachfolgenden Geburten während des Kinderbetreuungsgeldbezugszeitraums der Anspruch für das zuerstgeborene Kind spätestens mit dem Tag endet, welcher der Geburt des nachfolgenden Kindes vorangeht. Ab dem Tag der Geburt des nachfolgenden Kindes beginnt ein neuer Anspruch für dieses weitere Kind. Der Gesetzgeber ging somit davon aus, dass das Kinderbetreuungsgeld für das jeweils jüngste Kind gebühren soll, also für das Kind, das den höchsten Betreuungsaufwand verursacht (10 ObS 118/07m mwN). ... Es bestehen somit für beide Kinder getrennt zu betrachtende Ansprüche.

4.2 Nach seinem Wortlaut könnte man den Satzteil in § 8 Abs 1 Z 1 KBGG '... ist von jenen Einkünften auszugehen, die während der Kalendermonate mit Anspruch auf Auszahlung des Kinderbetreuungsgeldes (Anspruchszeitraum) zugeflossen sind' auch dahin verstehen, dass für die Frage der Überschreitung der Zuverdienstgrenze nach § 2 Abs 1 Z 3 KBGG sämtliche im Kalenderjahr befindlichen Bezugszeiträume gemeinsam ‑ also auch die Bezugszeiten für das erstgeborene Kind ... zu berücksichtigen sind. Bei der Auslegung von Gesetzen ist aber nicht am Sinn der einzelnen Worte zu haften, sondern sind für das Verständnis einer Norm auch andere Gesetzesregeln heranzuziehen (systematische Auslegung). Aus dem Gesamtzusammenhang ergibt sich, dass die von der Revisionswerberin vertretene Auslegung nicht haltbar ist. Sie ist mit den §§ 4 und 5 KBGG, nach denen der Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld nicht als einheitlicher Anspruch für mehrere Kinder, sondern separat bezogen auf das jeweilige Kind zu sehen ist, nicht vereinbar. Es wäre systemwidrig, bei einer antragsbezogenen Leistung, die immer nur für ein ‑ das jüngere ‑ Kind gewährt und bezogen wird, bei der nachträglich vorzunehmenden Prüfung der Einhaltung der Zuverdienstgrenze den Leistungsantrag bzw ‑bezug auch für das ältere Kind zu berücksichtigen, für das kein Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld mehr besteht. Da bei der Auslegung von Gesetzen immer jener Bedeutung der Vorzug zu geben ist, die die Gesamtregelung konsequent erscheinen lässt, ist bei der Berechnung der Zuverdienstgrenze auch bei (sukzessivem) Bezug von Kinderbetreuungsgeld während eines Kalenderjahres für verschiedene Kinder stets von dem Bezugszeitraum für das Kind auszugehen, für das gerade Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld besteht.

4.3 Die von der Revisionswerberin verfochtene Ansicht läuft zudem der Funktion des Grenzbetrags zuwider. Zielsetzung des KBGG ist, das Kinderbetreuungsgeld nur jenen Eltern(teilen) zu gewähren, die bereit sind, die Berufstätigkeit im Hinblick auf die Kinderbetreuung einzuschränken. Die „Zuverdienstgrenze“ ist daher als Maßstab für die Bereitschaft der Einschränkung der Berufstätigkeit zugunsten der Betreuungsleistung oder ‑ anders betrachtet ‑ für die Bereitschaft (und Möglichkeit) zur Kinderbetreuung zu sehen (10 ObS 173/10d, SSV‑NF 25/2 mwN). Die von der Revisionswerberin vertretene Auffassung bedeutete demgegenüber, dass sie ihre nach der Geburt des zweiten Kindes erzielten (höheren) Einkünfte auf die vor dieser Geburt liegenden Anspruchszeiträume auf Kinderbetreuungsgeld für das erste Kind (in denen keine bzw nur geringe Einkünfte liegen) so verteilen könnte, dass ihr Anspruch für das zweite Kind doch bestünde. Ein derartiges Ergebnis entspricht nicht den Intentionen des Gesetzgebers.“

2. Diese Ausführungen treffen auch auf den vorliegenden Fall uneingeschränkt zu. Die Ansicht des Berufungsgerichts, bei der Ermittlung des maßgeblichen Gesamtbetrags der Einkünfte sei in Fällen des sukzessiven Bezugs von Kinderbetreuungsgeld während eines Kalenderjahres für verschiedene Kinder stets von dem die jeweilige Leistung und das jeweilige Kind betreffenden Bezugszeitraum auszugehen und es seien daher in diesen Fällen zwei maßgebliche Gesamtbeträge der Einkünfte in diesem Kalenderjahr zu ermitteln, steht mit dieser Rechtsprechung im Einklang.

3. Zutreffend verweist die beklagte Partei in ihrer Revisionsbeantwortung in diesem Zusammenhang auch auf die Erläuternden Bemerkungen zu § 8 Abs 1 Z 1 in der Regierungsvorlage 2336 BlgNR 24. GP 1: „Wird nicht das ganze Kalenderjahr Kinderbetreuungsgeld bezogen und deckt sich daher der Anspruchszeitraum nicht mit dem Steuerjahr, so steht kein Steuerbescheid zur Verfügung, aus dem die dort angeführten Einkünfte in die Zuverdienstformel eingesetzt werden können. In diesen Fällen ist daher zuerst der Anspruchszeitraum (pro Kind) festzustellen und danach sind die Einkünfte anhand eines fiktiven Steuerbescheides zu ermitteln und dem Anspruchszeitraum zuzuordnen ...“

Auch aus diesen zitierten Gesetzesmaterialien ergibt sich eindeutig, dass der Gesetzgeber von einer getrennten Betrachtungs‑ und Berechnungsweise in Fällen eines sukzessiven Bezugs von Kinderbetreuungsgeld während eines Kalenderjahres für verschiedene Kinder ausgegangen ist (arg „pro Kind“).

4. Auch der weitere Einwand der Klägerin, bei der Berechnung des maßgeblichen Gesamtbetrags der Einkünfte iSd § 8 Abs 1 Z 1 KBGG sei das von ihr im Zeitraum vom 3. 11. 2009 bis 31. 12. 2009 bezogene Urlaubsentgelt nicht zu berücksichtigen, weil dieses Urlaubsentgelt ausschließlich ihrem im Jahr 2008 und davor entstandenen Urlaubsanspruch zuzuordnen sei, ist nicht berechtigt.

4.1 Wie ebenfalls die beklagte Partei in ihrer Revisionsbeantwortung zutreffend ausführt, ist für die Berechnung des maßgeblichen Gesamtbetrags der Einkünfte iSd § 8 Abs 1 Z 1 KBGG von jenen steuerpflichtigen Einkünften auszugehen, die während der Kalendermonate mit Anspruch auf Auszahlung des Kinderbetreuungsgeldes (Anspruchszeitraum) zugeflossen sind. Sonstige Bezüge iSd § 67 EStG 1988 bleiben außer Ansatz. Gemäß § 67 Abs 8 lit d EStG 1988 sind Ersatzleistungen (Urlaubsentschädigungen, Urlaubsabfindungen sowie freiwillige Abfertigungen oder Abfindungen für diese Ansprüche) für nicht verbrauchten Urlaub, soweit sie laufenden Arbeitslohn betreffen, als laufender Arbeitslohn im Kalendermonat der Zahlung zu erfassen. Gemäß § 6 UrlG behält der Arbeitnehmer seinen Entgeltanspruch während des Urlaubs. Beim Urlaubsentgelt handelt es sich somit um keinen sonstigen Bezug im Sinn des § 67 EStG 1988, sondern um ein steuerpflichtiges Entgelt, das für die Berechnung der Höhe des maßgeblichen Gesamtbetrags der Einkünfte heranzuziehen ist (vgl 10 ObS 60/12i). Entgegen der Rechtsansicht der Revisionswerberin entspricht es dem bezüglich der zeitlichen Zuordnung des Einkommens auch gemäß § 8 Abs 1 Z 1 KBGG geltenden Zuflussprinzip, dass der Zeitpunkt der tatsächlichen Zahlung bzw der Gutschrift auf dem Arbeitnehmerkonto und nicht der Zeitpunkt des Entstehens des Urlaubsanspruchs maßgebend ist (vgl Ehmer ua, KBGG2 142 mwN, 10 ObS 60/12i).

Die Revision war daher mangels Vorliegens erheblicher Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht hinsichtlich der Klägerin auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Berücksichtigungswürdige Einkommens‑ und Vermögensverhältnisse der Klägerin, die einen ausnahmsweisen Kostenersatz nach Billigkeit rechtfertigen könnten, wurden nicht bescheinigt und sind aus der Aktenlage nicht ersichtlich. Die beklagte Partei hat gemäß § 77 Abs 1 Z 1 ASGG die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung ohne Rücksicht auf den Ausgang des Verfahrens selbst zu tragen.

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