OGH 25Os3/14z

OGH25Os3/14z6.5.2014

Der Oberste Gerichtshof als Disziplinargericht für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter hat am 6. Mai 2014 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek als Vorsitzenden, die Anwaltsrichter Dr. Fink und Dr. Niederleitner sowie den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als weitere Richter in der Disziplinarsache gegen Mag. Christian L*****, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen der Disziplinarvergehen der Berufspflichtenverletzung und der Beeinträchtigung von Ehre und Ansehen des Standes über die Berufung des Disziplinarbeschuldigten wegen Schuld und Strafe gegen das Erkenntnis des Disziplinarrats der Rechtsanwaltskammer für Kärnten vom 20. November 2012, AZ D 3/12, nach mündlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Eisenmenger, des Vertreters der Kammeranwaltschaft Dr. Tautschnig, des Disziplinarbeschuldigten und seines Verteidigers Dr. Karner zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: AT:OGH:2014:E107598

 

Spruch:

In teilweiser Stattgebung der Berufung wird das angefochtene Erkenntnis ‑ das im Übrigen unberührt bleibt ‑ im Schuldspruch b./, demgemäß auch im Strafausspruch aufgehoben und in der Sache selbst erkannt:

Mag. Christian L***** wird von dem gegen ihn erhobenen Vorwurf, er habe ein Depot bei der BKS verwaltet und darüber disponiert, ohne hierüber der Berechtigten Maria R***** Rechenschaft abzulegen, freigesprochen.

Über ihn wird wegen der ihm unverändert zur Last liegenden Disziplinarvergehen der Berufspflichtenverletzung und der Beeinträchtigung von Ehre und Ansehen des Standes nach § 1 Abs 1 erster und zweiter Fall DSt (Schuldspruch a./) eine Geldbuße von 1.000 Euro verhängt.

Mit seiner Berufung wegen des Ausspruchs über die Strafe wird der Disziplinarbeschuldigte auf diese Entscheidung verwiesen.

Ihm fallen auch die Kosten des Berufungsverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen ‑ auch einen rechtskräftigen Freispruch von weiteren Vorwürfen enthaltenden ‑ Erkenntnis wurde Mag. Christian L***** der Disziplinarvergehen der Berufspflichtenverletzung und der Beeinträchtigung von Ehre und Ansehen des Standes (§ 1 Abs 1 erster und zweiter Fall DSt) schuldig erkannt.

Danach hat er (zu ergänzen: im Jahr 2011 in Klagenfurt)

a./ als Sachwalter des Josef R***** die gemeinschaftliche Wohnungseigentumseinheit des Ehepaars R***** ohne Zustimmung der Miteigentümerin vermietet und die in der Eigentumswohnung befindlichen gemeinschaftlichen Fahrnisse ohne Zustimmung der Miteigentümer entsorgt sowie über seine Handlungen betreffend gemeinschaftliche Sachen des Ehepaars R***** trotz Zusage gegenüber Dr. O***** nicht Rechnung gelegt, sowie

b./ ein Depot bei der BKS verwaltet und darüber disponiert, ohne hierüber der Berechtigten Maria R***** Rechenschaft abzulegen.

Er wurde hiefür gemäß § 16 Abs 1 Z 2 DSt zu einer Geldbuße von 1.500 Euro sowie zum Ersatz der Verfahrenskosten im Umfang des Schuldspruchs verurteilt.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die Berufung des Disziplinarbeschuldigten wegen Schuld und Strafe; sie ist teilweise im Recht.

Zu a./:

Die ‑ vor der Rechtsrüge zu behandelnde (Ratz, WK‑StPO § 476 Rz 9) ‑ Schuldberufung vermag mit den Verweisen auf die Aussage der Zeugin Sandra L***** und das von dieser über ihr Gespräch mit Maria R***** verfasste Protokoll sowie das hohe Alter der ‑ vom Disziplinarrat für glaubwürdig befundenen ‑ Zeugin R***** keine Bedenken gegen die Annahme zu wecken, dass Letztgenannte mit der Vermietung der in ihrem Miteigentum stehenden Wohnung ebenso wenig einverstanden war wie mit der Entsorgung ihrer in dieser Wohnung befindlichen Fahrnisse. Zutreffend durfte der Disziplinarrat auch davon ausgehen, dass der eingeschriebene Brief R*****s vom 23. Mai 2011 an den Disziplinarbeschuldigten, mit dem sie ihren Standpunkt klarstellte, Mag. L***** zugekommen ist.

Die Rechtsrüge (§ 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO) behauptet, die Bestimmungen der RAO, insbesondere deren § 9, seien auf die Tätigkeit des Disziplinarbeschuldigten als Sachwalter nicht anwendbar, da diese nicht Ausfluss rechtsanwaltlicher Tätigkeit sei. Dem zuwider beziehen sich die anwaltlichen Verpflichtungen nach § 9 Abs 1 RAO im Sinn dieser Bestimmung nicht ausschließlich auf eine Bevollmächtigung, sondern auch auf die Bestellung des Rechtsanwalts als Kurator, Sachwalter, Verfahrenshelfer und Masseverwalter (RIS‑Justiz RS0109721). Auch die Besorgung fremder Angelegenheiten als Sachwalter stellt sich als Verhalten „in Ausübung des Berufes“ als Rechtsanwalt dar, erfolgt sohin im Rahmen anwaltlicher Berufspflicht. Die anwaltliche Sorgfaltspflicht gilt inbesondere auch für den Sachwalter, hat er doch im Rahmen seiner Bestellung das Wohl des Pflegebefohlenen bestmöglich zu fördern (RIS‑Justiz RS0124103).

Im Umfang der Bekämpfung des Schuldspruchs a./ war der Berufung daher ein Erfolg zu versagen.

Zu b./:

Hingegen kommt der Schuldberufung (der Sache nach § 281 Abs 1 Z 9 lit b StPO) zu b./ schon deshalb Berechtigung zu, weil das dem Disziplinarbeschuldigten vorgeworfene Verhalten bereits vom weitergehenden Schuldspruch zu a./ umfasst ist. Denn in diesem ist auch der (globale) Vorwurf enthalten, dass der Disziplinarbeschuldigte über seine Handlungen betreffend gemeinschaftliche Sachen (gemeint: Vermögenswerte) des Ehepaars R***** (trotz Zusage gegenüber ‑ dem anwaltlichen Vertreter der Maria R***** ‑ Dr. O*****) nicht Rechnung legte, sodass für eine gesonderte Verurteilung auch wegen des (spezielleren) Vorwurfs, er habe Maria R***** über ein bestimmtes Bankdepot keine Rechenschaft abgelegt, kein Raum bleibt. In diesem Umfang war der Schuldspruch daher zu kassieren und der Disziplinarbeschuldigte freizusprechen.

Bei der infolge Kassation auch des Strafausspruchs erforderlichen Strafneubemessung war kein Umstand als erschwerend zu werten, als mildernd hingegen der zuvor ordentliche Lebenswandel. Im Hinblick auf Tatunrecht und Täterschuld erachtete der Oberste Gerichtshof eine Geldbuße in der Höhe von 1.300 Euro für angemessen und sämtlichen Präventionserfordernissen Rechnung tragend. In Hinblick auf die dem Disziplinarbeschuldigten zugute zu haltende insgesamt lange Dauer des Verfahrens (§ 34 Abs 2 StGB) war zum Ausgleich für die dadurch bewirkte Grundrechtsverletzung eine Reduktion der Geldbuße auf 1.000 Euro vorzunehmen (vgl RIS-Justiz RS0114926).

Ein Absehen von der Verhängung einer Disziplinarstrafe im Sinn des § 39 DSt kam ‑ der Strafberufung zuwider ‑ schon im Hinblick auf die fortgesetzte Tatbegehung nicht in Betracht.

Mit seiner Berufung wegen des Ausspruchs über die Strafe war der Disziplinarbeschuldigte auf diese Entscheidung zu verweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 54 Abs 5 DSt.

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