OGH 8ObS4/14t

OGH8ObS4/14t28.4.2014

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Spenling als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kuras und Dr. Brenn sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Dr. Rolf Gleißner und Robert Hauser als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Mag. E***** S*****, vertreten durch Stampfer & Orgler, Rechtsanwälte in Graz, gegen die beklagte Partei IEF‑Service GmbH, *****, vertreten durch die Finanzprokuratur, 1011 Wien, Singerstraße 17‑19, wegen Insolvenzentgelt (1.736,46 EUR sA), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen vom 20. Jänner 2014, GZ 6 Rs 72/13z‑10, mit dem das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht vom 10. Juli 2013, GZ 33 Cgs 59/13t‑6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten der Revision selbst zu tragen.

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin war vom 2. 1. 2008 bis 13. 7. 2012 bei der späteren Schuldnerin beschäftigt. Auf sie kam der Kollektivvertrag für Angestellte im Metallgewerbe zur Anwendung. Zwischen den Vertragsparteien war vereinbart, dass Überstunden bis zur 100. Überstunde als Zeitausgleich zu verbrauchen sind; bei Überschreitung dieses Limits wurde Überstundenentgelt bezahlt.

Vom 31. 5. 2011 bis 18. 10. 2011 befand sich die Klägerin im Mutterschutz und im Anschluss daran zwei Jahre lang (bis 20. 7. 2013) im Karenzurlaub.

Mit Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 2. 7. 2012 wurde zu AZ 40 S 66/12x über das Vermögen der Schuldnerin das Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung eröffnet. Das Unternehmen wurde mit Beschluss vom 12. 7. 2012 geschlossen. Am 13. 7. 2012 trat die Klägerin gemäß § 25 IO aus dem Dienstverhältnis vorzeitig aus.

Mit Bescheid vom 22. 4. 2013 lehnte die Beklagte (unter anderem) das von der Klägerin für Zeitausgleichsstunden beantragte Insolvenzentgelt ab. Im gerichtlichen Verfahren machte die Klägerin letztlich noch 1.736,46 EUR für 21,99 Zeitausgleichsstunden im Jänner und Februar 2011 geltend. Das Zeitausgleichskonto der Klägerin für Jänner und Februar 2011 wies diese Anzahl an Überstunden auf. Die von der Klägerin geltend gemachten Zeitausgleichsstunden sind außerhalb des Sicherungszeitraums (sechs Monate vor dem Stichtag) angefallen.

Soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung, begehrte die Klägerin Insolvenzentgelt für 21,99 Zeitausgleichsstunden. Bei dem von ihr geltend gemachten Anspruch handle es sich nicht um einen Geld‑, sondern um einen Naturalanspruch. Der Verbrauch von Zeitausgleich sei während der absoluten Schutzfrist und auch während des Karenzurlaubs ausgeschlossen gewesen. Aus diesem Grund sei für die Berechnung des Sicherungszeitraums nicht der Stichtag nach § 3 Abs 1 IESG (2. 7. 2012), sondern die Ruhendstellung des Arbeitsverhältnisses (31. 5. 2011) maßgebend.

Die Beklagte entgegnete, dass sich der Anspruch auf Insolvenzentgelt für nicht konsumierten Zeitausgleich nach § 3a Abs 1 IESG richte. Danach müssten die abzugeltenden Arbeitsstunden im Sicherungszeitraum geleistet worden sein. Das Mutterschutzgesetz enthalte keine Bestimmung, nach der sich während des Mutterschutzes oder bei Inanspruchnahme eines Karenzurlaubs der Sicherungszeitraum verlängere. Der von der Klägerin ins Treffen geführte Naturalanspruch unterliege auch nicht dem Begriff des Arbeitsentgelts im Sinn der Insolvenzrichtlinie.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Die Überstunden, die den von der Klägerin geltend gemachten Ansprüchen aus nicht ausgeglichenem Zeitguthaben zugrunde liegen, seien außerhalb der Schutzfrist des § 3a Abs 1 IESG geleistet worden. Daraus folge, dass die Ansprüche nicht gesichert seien. Außerdem hätte das Zeitguthaben im Sicherungszeitraum in eine fällige Geldforderung umgewandelt werden müssen. Auch dies sei nicht geschehen.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Ansprüche aus nicht ausgeglichenen Zeitguthaben für Arbeitsstunden, die der Arbeitnehmer in den letzten sechs Monaten vor Insolvenzeröffnung geleistet habe, seien nur dann im Sinn des § 3a Abs 1 IESG gesichert, wenn sich das Zeitguthaben im Sicherungszeitraum in eine Geldforderung umgewandelt habe. Im Anlassfall sei das Zeitguthaben außerhalb des Sicherungszeitraums entstanden. Auf die Fristenhemmung des § 6 APSG könne sich die Klägerin nicht berufen. Die ordentliche Revision sei zulässig, weil eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs zu den Aussagen des EuGH in der Rechtssache C‑160/2001, Mau, nach Neufassung des § 19f AZG nicht vorliege.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision der Klägerin, die auf eine Stattgebung des Klagebegehrens abzielt. Mit ihrer Revisionsbeantwortung beantragt die Beklagte, dem Rechtsmittel der Klägerin den Erfolg zu versagen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, weil eine Klarstellung der Rechtslage durch den Obersten Gerichtshof geboten erscheint. Die Revision ist aber nicht berechtigt.

1.1 Im Anlassfall ist zu klären, ob Ansprüche aus einem nicht ausgeglichenen Zeitguthaben (hier aus Überstunden), das außerhalb der sechsmonatigen Sicherungsfrist erworben wurde, nach § 3a Abs 1 IESG gesichert ist, wenn sich die Arbeitnehmerin vor der Insolvenzeröffnung zunächst im Mutterschutz und dann im Karenzurlaub befunden hat.

Die Klägerin beruft sich ausdrücklich nur auf § 3a Abs 1 IESG. Unstrittig ist, dass die Klägerin sämtliche ihrer Klage zugrunde liegenden Überstunden außerhalb des Sicherungszeitraums geleistet hat.

1.2 Gemäß § 3a Abs 1 IESG gebührt Insolvenz-Entgelt für das dem Arbeitnehmer gebührende Entgelt einschließlich der gebührenden Sonderzahlungen, das in den letzten sechs Monaten vor dem Stichtag (§ 3 Abs 1) oder, wenn das Arbeitsverhältnis vor dem Stichtag geendet hat, in den letzten sechs Monaten vor dessen arbeitsrechtlichem Ende fällig geworden ist. Die Frist von sechs Monaten gilt nicht, soweit Ansprüche auf Entgelt binnen sechs Monaten nach ihrem Entstehen gerichtlich oder im Rahmen eines in Normen der kollektiven Rechtsgestaltung vorgesehenen Schlichtungsverfahrens oder eines Verfahrens vor der Gleichbehandlungskommission zulässigerweise geltend gemacht wurden und das diesbezügliche Verfahren gehörig fortgesetzt wird und soweit eine Differenz zwischen unterkollektivvertraglicher und kollektivvertraglicher Entlohnung beantragt wird. Insolvenz-Entgelt für Ansprüche aus nicht ausgeglichenen Zeitguthaben gebührt nur dann, wenn die abzugeltenden Arbeitsstunden in den im ersten Satz genannten Zeiträumen geleistet wurden, es sei denn, dass im Rahmen von Altersteilzeitregelungen oder aufgrund einer gesetzlichen oder kollektivvertraglichen Regelung oder einer Betriebsvereinbarung längere Durchrechnungszeiträume vorgesehen sind.

1.3 Das Arbeitsverhältnis der Klägerin endete nach dem Stichtag. Ein Fall, in dem sich nach § 3a Abs 1 zweiter Satz IESG der Sicherungszeitraum verlängert (klagsweise Geltendmachung, Geltendmachung einer Differenz zwischen unterkollektivvertraglicher und kollektivvertraglicher Entlohnung), liegt hier nicht vor.

2.1 § 3a Abs 1 Satz 3 IESG (eingefügt durch BGBl I 2000/142) enthält eine spezielle Regelung für nicht ausgeglichene Zeitguthaben.

Diese Bestimmung setzt zunächst voraus, dass die nicht ausgeglichenen Arbeitsstunden bzw Überstunden im Sicherungszeitraum geleistet wurden.

Diese Anforderung ist im Anlassfall unstrittig nicht erfüllt. Auf eine Ausnahme nach Abs 1 Satz 3 zweiter Halbsatz leg cit hat sich die Klägerin nicht berufen.

2.2 Zudem sind nur Entgeltansprüche gesichert, die in den letzten sechs Monaten vor dem Stichtag fällig wurden.

§ 3a Abs 1 IESG betrifft sicherungsfähige Ansprüche aus der Zeit „vor der Insolvenz“. Einen solchen Anspruch hat der Arbeitnehmer nur dann, wenn er bereits vor der Insolvenz eine fällige Geldforderung (und nicht nur ein Zeitguthaben) hatte. Dementsprechend hat der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 8 ObS 7/07y ausgesprochen, dass auch die Abgeltung von Zeitguthaben für Arbeitsstunden bzw Überstunden, die innerhalb des Sicherungszeitraums des § 3a Abs 1 IESG geleistet wurden, nur dann im Sinn des § 3a Abs 1 IESG gesichert sein kann, wenn das Zeitguthaben im Sicherungszeitraum in eine fällige Geldforderung (rück-)umgewandelt wurde.

Auch diese Voraussetzung ist im Anlassfall nicht gegeben. Nach dem unabdingbaren § 19f Abs 2 AZG (idF BGBl I 2007/61) gilt für ein Zeitausgleichsguthaben für Überstundenarbeit grundsätzlich (mangels abweichender Regelungen im Kollektivvertrag, worauf sich die Klägerin nicht berufen hat) Folgendes: Wurde der Zeitpunkt des Zeitausgleichs nicht im Vorhinein vereinbart, und kommt es nicht innerhalb der Frist nach Abs 2 (grundsätzlich sechs Monate nach Ende des Anfallsmonats) zu einem Verbrauch, so kann der Arbeitnehmer nach weiteren vier Wochen den Verbrauch des Guthabens einseitig bestimmen oder die Abgeltung in Geld verlangen. Stellt der Arbeitnehmer dieses Verlangen, so kommt es zu einer Rückumwandlung des Zeitausgleichs in Geld. Verlangt er weder das eine noch das andere, macht der Arbeitnehmer von seinem Wahlrecht also nicht Gebrauch, so kommt es jedenfalls nicht zur automatischen Umwandlung des Zeitausgleichs in Geld (141 RV BlgNR 23. GP 7). Das Zeitguthaben bleibt demnach als solches grundsätzlich unverändert bestehen, und zwar bis zum Zeitpunkt, in dem feststeht, dass die von den Parteien in Aussicht genommene Konsumation nicht mehr möglich ist, im Regelfall bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses ( Felten in Grillberger , AZG³ § 19 f Rz 13; Heilegger/Schwarz in Heilegger/Klein/Schwarz , AZG³ 498).

2.3 Im Anlassfall kommt hinzu, dass sich die Klägerin auf eine Umwandlung des Zeitguthabens in eine fällige Geldforderung explizit nicht beruft. Vielmehr steht sie auf dem Standpunkt, dass ihr (außerhalb des Sicherungszeitraums erworbenes) Zeitguthaben deshalb gesichert sein müsse, weil es sich um einen Naturalanspruch handle. Dies ist auch der Grund dafür, dass sich die Klägerin ausschließlich auf § 3a Abs 1 IESG und nicht auch auf allenfalls andere denkbare Anspruchsgrundlagen (etwa § 3a Abs 2 Z 4, Abs 3 und 4 IESG; vgl dazu Felten in Grillberger , AZG³ § 19 f Rz 12 unter Hinweis auf 8 ObS 7/07y zur Rechtslage BGBl I 2000/142) beruft, obwohl sie die Frage der Umwandlung des Zeitausgleichs in einen Geldanspruch in ihre Überlegungen im Vorbringen miteinbezogen hat (ON 4, 2).

3.1 Die Klägerin stützt sich zunächst auf das Erfordernis der richtlinienkonformen Interpretation. Bei entsprechender Interpretation auf Basis der Insolvenzrichtlinie und der Entscheidung des EuGH in der Rechtssache Mau könne die Sicherungsfrist des § 3a Abs 1 IESG nicht ab dem Stichtag, sondern nur ab der Ruhendstellung des Arbeitsverhältnisses (aufgrund des Mutterschutzes) zurück berechnet werden.

3.2 Dieser Ansatz scheitert schon an der eindeutigen Bestimmung in § 3a Abs 1 Satz 3 IESG, aus der der Wille des Gesetzgebers klar hervorgeht.

Zum Erfordernis der richtlinienkonformen Interpretation verweist der EuGH auf den Methodenkatalog des nationalen Rechts (C‑397/01, Pfeiffer; C‑212/04, Adeneler ). Die Pflicht zur richtlinienkonformen Interpretation reicht somit grundsätzlich bis zur Grenze der äußersten Wortlautschranke, erstreckt sich aber zudem auf die nach dem innerstaatlichen interpretativen Methodenkatalog zulässige Rechtsfortbildung durch Analogie oder teleologische Reduktion im Fall einer planwidrigen Umsetzungslücke (8 ObS 19/11v mwN).

3.3 Auch sonst kann sich die Klägerin weder auf die Insolvenzrichtlinie (RL 80/987/EWG idF der RL 2002/74/EG ; spätere Neukodifikation durch RL 2008/94/EG) noch auf die Entscheidung des EuGH in der Rechtssache C‑160/01, Mau , stützen.

Nach Art 4 Abs 2 der Insolvenzrichtlinie ist als Mindestschutz das Arbeitsentgelt für die letzten drei Monate des Arbeitsverhältnisses (nach Wahl des Mitgliedstaats vor oder nach einem Stichtag) gesichert. Nach Art 3 der Insolvenzrichtlinie können die Mitgliedstaaten einen Stichtag sowie einen Sicherungszeitraum festlegen. In dieser Hinsicht darf sich nach der Entscheidung des EuGH in der Rechtssache C‑160/01, Mau , der Mindestzeitraum im Sinn der Richtlinie nicht auf Zeiten beziehen, in denen das Arbeitsverhältnis ruht und kein Arbeitsentgelt geschuldet wird (Rn 41 bis 44; s auch C‑309/12, Novo , Rn 22 und 27). Nach diesen unionsrechtlichen Grundsätzen muss der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin somit zumindest die Möglichkeit haben, das Arbeitsentgelt für drei Monate (nach Wahl des Mitgliedstaats vor oder nach dem Stichtag) geltend zu machen, in denen ein Entgeltanspruch tatsächlich bestanden hat.

Dazu hat der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 8 ObS 13/06d (auch 8 ObS 5/07d) ausgesprochen, dass die Regelungen des IESG mit der Entscheidung des EuGH in der Rechtssache Mau nicht in Widerspruch stehen, weil eine Fristverlängerung schon durch die bloße gerichtliche Geltendmachung der Ansprüche eintrete (§ 3a Abs 1 Satz 2 IESG).

3.4 Im Anlassfall ist aber entscheidend, dass die Insolvenzrichtlinie nach Art 2 Abs 2 die Begriffsbestimmung unter anderem des Arbeitsentgelts nach dem innerstaatlichen Recht unberührt lässt.

Nicht verbrauchtes Zeitguthaben aus Überstunden, das im Sicherungszeitraum nicht in einen fälligen Geldanspruch umgewandelt wurde, ist aber nicht „Arbeitsentgelt“ (RIS‑Justiz RS0051784). Nicht verbrauchtes Zeitguthaben aus Überstunden, die eineinhalb Jahre vor Insolvenzeröffnung und auch noch mehrere Monate vor Beginn des Mutterschutzes geleistet wurden, ist auch nicht Arbeitsentgelt für die letzten bzw gesicherten drei Monate des Arbeitsverhältnisses (vgl dazu auch C‑309/12, Novo , Rn 34).

4. Weiters stützt sich die Klägerin auf die Fristenhemmung des § 6 APSG. Es sei nicht einsichtig, warum Mutterschutz und Karenzurlaub einschränkend behandelt würden.

Die Klägerin bezieht sich offenbar auf die Entscheidung 8 ObS 7/10b, die das Verhältnis von § 6 Abs 1 Z 1 APSG (Fortlaufshemmung von Fristen für die Geltendmachung von Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis) zu § 3a Abs 1 Satz 2 IESG (gerichtliche Geltendmachung) betrifft. § 3a Abs 1 Satz 2 IESG ordnet ausdrücklich an, dass die in § 3a Abs 1 Satz 1 IESG normierte Frist von sechs Monaten nicht gilt, soweit Ansprüche auf Entgelt binnen sechs Monaten nach ihrem Entstehen gerichtlich geltend gemacht werden. Gerade eine gesetzliche Frist zur Geltendmachung von Ansprüchen aus dem Arbeitsvertrag ist aber durch § 6 Abs 1 Z 1 APSG in ihrem Fortlauf gehemmt.

Abgesehen davon, dass sich die Klägerin auf eine für sie geltende, gesetzlich normierte Fortlaufshemmung für die gerichtliche Geltendmachung von Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis nicht berufen kann, würde ihr eine solche Bestimmung, etwa im Mutterschutzgesetz, nichts nützen, weil sie die in Rede stehenden Ansprüche nicht gerichtlich geltend gemacht hat.

5. Die Klägerin stützt sich zudem auf die Rahmenvereinbarung über den Elternurlaub (im Anhang zur RL 2010/18/EU) . Nach § 5 Nr 2 der Rahmenvereinbarung sollten die Rechte, die der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin zu Beginn des Elternurlaubs erworben habe, bis zum Ende des Elternurlaubs bestehen und im Anschluss an den Elternurlaub ausübbar bleiben. Aus der Entscheidung des EuGH in der Rechtssache C‑486/08, ZBR der Landeskrankenhäuser Tirols , ergebe sich, dass von der Rahmenvereinbarung alle unmittelbar oder mittelbar aus dem Arbeitsverhältnis abgeleiteten Rechte und Vorteile in Form von Bar- oder Sachleistungen erfasst seien.

Die in Rede stehenden Regelungen der Rahmenvereinbarung betreffen die arbeitsrechtlichen Ansprüche der Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber. Für die spezielle Fragestellung, ob die aus arbeitsrechtlicher Sicht bestehenden Ansprüche der Arbeitnehmer im Insolvenzfall auch gesichert sind, lässt sich der Rahmenvereinbarung jedoch nichts entnehmen.

6.1 Schließlich verweist die Klägerin auf die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs vom 10. 12. 2013, G 74‑75/2013. In dieser Entscheidung habe der Verfassungsgerichtshof in der unterschiedlichen Berücksichtigung von Präsenzdienstzeiten einerseits und von Zeiten des Bezugs von Kinderbetreuungsgeld andererseits bei der Ermittlung der Anspruchsdauer für Arbeitslosengeld eine mittelbare Diskriminierung von Frauen erblickt. Gleichermaßen wäre es diskriminierend, Zeiten der absoluten Schutzfrist und des Karenzgeldbezugs bei der Berechnung des Stichtags im Sinn des § 3a Abs 1 IESG zu berücksichtigen.

6.2 Damit kann eine Diskriminierung schon im Ansatz nicht nachgewiesen werden. Auch die Ansprüche männlicher Arbeitnehmer aus Überstundenleistungen, die diese außerhalb des Sicherungszeitraums erbracht haben, sind nicht gesichert. Die Klägerin erblickt eine mittelbare Ungleichbehandlung offenbar darin, dass sie aufgrund des Beginns des Mutterschutzes und des Karenzurlaubs den Zeitausgleich nicht mehr vor Insolvenzeröffnung konsumieren konnte. Diesen Überlegungen kommt schon deshalb keine Berechtigung zu, weil die Klägerin die Möglichkeit gehabt hätte, von der Vereinbarung über den Verbrauch der zugrunde liegenden Zeitausgleichsstunden erst nach dem Karenzurlaub abzusehen. Jedenfalls ab September 2011 wäre es der Klägerin offengestanden, das Zeitausgleichsguthaben in einen Geldanspruch umzuwandeln (§ 19 f Abs 3 AZG) und den Geldanspruch noch vor der Insolvenz geltend zu machen.

6.3 Schließlich hat sich die Klägerin, wie schon dargelegt wurde, auf die allenfalls mögliche Sicherung ihrer Ansprüche als umgewandelte Geldansprüche nach anderen denkbaren Anspruchsgrundlagen (vor allem § 3a Abs 2 Z 4, Abs 3 und 4 IESG) bewusst nicht gestützt.

7.1 Zusammenfassend ergibt sich:

Nicht ausgeglichene Zeitguthaben sind nach § 3a Abs 1 Satz 3 IESG nur dann gesichert, wenn die zugrunde liegenden Arbeitsstunden im Sicherungszeitraum geleistet wurden und wenn das Zeitguthaben im Sicherungszeitraum in eine fällige Geldforderung (rück‑)umgewandelt wurde. Nach der Insolvenzrichtlinie (RL 2008/94/EG) ist als Mindestschutz nur das Arbeitsentgelt für drei Monate (nach Wahl des Mitgliedstaats vor oder nach einem Stichtag) gesichert. Der Begriff des Arbeitsentgelts bestimmt sich nach dem Recht des Mitgliedstaats.

7.2 Die Entscheidungen der Vorinstanzen stehen mit diesen Grundsätzen im Einklang. Der Revision der Klägerin war daher der Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 77 Abs 1 Z 2 ASGG. Gründe für einen Kostenzuspruch nach Billigkeit wurden weder behauptet noch haben sich dafür Anhaltspunkte ergeben.

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