OGH 5Ob44/14b

OGH5Ob44/14b23.4.2014

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden und die Hofrätinnen Dr. Tarmann‑Prentner und Dr. Lovrek sowie die Hofräte Dr. Höllwerth und Mag. Wurzer als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj V***** S*****, geboren am *****, wegen Obsorge, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Vaters Dr. R***** S*****, vertreten durch Dr. Josef Wegrostek, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts Krems an der Donau als Rekursgericht vom 13. Jänner 2014, GZ 2 R 2/14b‑459, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0050OB00044.14B.0423.000

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).

 

Begründung:

Der Vater hat nach einem Einschreiten des Kinder‑ und Jugendhilfeträgers (KJHT) gemäß § 211 Abs 1 ABGB und einem Beschluss des Erstgerichts, welches gemäß § 107a Abs 1 AußStrG ausgesprochen hat, dass dessen Maßnahme zulässig sei, einen ‑ von den Vorinstanzen abschlägig entschiedenen ‑ Antrag nach § 107a Abs 2 AußStrG gestellt. Seiner Ansicht nach seien die Vorinstanzen unzutreffend davon ausgegangen, dass die Maßnahme des KJHT noch aufrecht sei, obwohl das Kind zunächst (mit der Mutter) in einem Frauenhaus, nach der Beschlussfassung des Erstgerichts gemäß § 107a Abs 1 AußStrG aber im Haushalt der Mutter untergebracht worden sei. Damit sei eine neue Maßnahme gesetzt worden, die wieder einer Überprüfung zugänglich sei. Mit dieser Rechtsansicht zeigt der Vater allerdings keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG auf:

Rechtliche Beurteilung

1. Das Erstgericht hat über Antrag des Vaters nach § 107a Abs 1 AußStrG ausgesprochen, dass die Maßnahme des KJHT vorläufig zulässig ist. Die Maßnahme des KJHT wurde also nicht durch eine Entscheidung des Gerichts beendet.

2. Der Oberste Gerichtshof hat bereits zur vergleichbaren Rechtslage nach § 215 Abs 1 ABGB idF vor dem KindNamRÄG 2013 (BGBl I 2013/15) ausgesprochen, dass eine vorläufige Maßnahme auch vom (nunmehr) KJHT selbst außer Kraft gesetzt werden könne. Lege der (nunmehr) KJHT nach einer von ihm im Rahmen seiner Interimskompetenz getroffenen vorläufigen Maßnahme der vollen Erziehung vor der gerichtlichen Entscheidung (gemeint: über den von ihm gemäß § 215 Abs 1 ABGB aF bzw § 211 Abs 1 ABGB nF gestellten Antrag) Pflege und Erziehung des Minderjährigen wieder in die Hände des eigentlich Obsorgeberechtigten, gebe er zu erkennen, dass er die getroffene Maßnahme nicht aufrecht halte (2 Ob 177/10h iFamZ 2011/59, 76 [Thoma-Twaroch] = EF‑Z 2011/37 = JBl 2011, 232). Nach 7 Ob 10/13s gilt diese Rechtsansicht auch auf der Grundlage des § 211 Abs 1 ABGB idF KindNamRÄG 2013.

3. Der KJHT hat hier ‑ unstrittig ‑ das Kind nicht wieder dem zuvor obsorgeberechtigten Vater überlassen und somit auch die vorläufige Maßnahme nicht von sich aus beendet, sodass derzeit ein Antrag nach § 107a Abs 2 AußStrG nicht in Frage kommt.

4. Ob die vom KJHT zwischenzeitig vorgenommene Unterbringung des Kindes bei der Mutter sonstige Anträge des Vaters rechtfertigen könnte, ist nicht zu beurteilen, weil solche nicht Gegenstand der bekämpften und hier zu überprüfenden Entscheidungen der Vorinstanzen waren.

Die Voraussetzungen des § 62 Abs 1 ZPO liegen somit nicht vor; der Revisionsrekurs ist daher unzulässig und zurückzuweisen.

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