OGH 2Ob219/13i

OGH2Ob219/13i28.3.2014

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Baumann als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Höllwerth, Dr. E. Solé, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Rudolf H*****, vertreten durch Schuppich, Sporn & Winischhofer Rechtsanwälte Partnerschaft in Wien, gegen die beklagte Partei Dr. Elena S*****, vertreten durch Lansky, Ganzger + partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Wiederaufnahme (hier wegen Akteneinsicht der beklagten Partei sowie der Einschreiterin S***** GmbH, *****, vertreten durch Kunz Schima Wallentin Rechtsanwälte OG in Wien), über die ordentlichen Revisionsrekurse der beklagten Partei sowie der Einschreiterin gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 5. September 2013, GZ 1 R 162/13w‑21, womit der Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 15. April 2013, GZ 20 Cg 70/12s‑13, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revisionsrekurse werden zurückgewiesen.

Die Rechtsmittelwerberinnen sind schuldig, der klagenden Partei die mit 3.048,98 EUR (darin enthalten 508,16 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung je zur Hälfte binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Der Wiederaufnahmskläger und die Einschreiterin sind Beklagte eines Verfahrens, in dem die Wiederaufnahmsbeklagte sie wegen fehlerhafter medizinischer Behandlung in Anspruch nimmt (vgl 2 Ob 199/06p). Im dortigen Verfahren wurde in einem Teil- und Zwischenurteil die Haftung der beiden Beklagten in Bezug auf das Leistungsbegehren dem Grunde nach sowie das Feststellungsbegehren für zukünftige Schäden ausgesprochen. Sodann versuchte der Wiederaufnahmskläger die Wiederaufnahme dieses Verfahrens zu erreichen. Die Wiederaufnahmsklage wurde gemäß § 538 ZPO bereits im Vorprüfungsverfahren vor Beiziehung der Wiederaufnahmsbeklagten rechtskräftig zurückgewiesen.

Während des Wiederaufnahmsverfahrens beantragten die Wiederaufnahmsbeklagte und die Einschreiterin Einsicht in den Wiederaufnahmeakt mit der Begründung, es sei zu erwarten, dass der Inhalt der Wierderaufnahmsklage direkten Einfluss auf das Prozessprogramm haben werde, zumal eine Beischaffung des Wiederaufnahmsakts zu erwarten sei bzw von den Parteien beantragt werden werde.

Der Wiederaufnahmskläger verweigerte seine Zustimmung zur Akteneinsicht.

Das Erstgericht gestattete die Einsichtnahme, das Rekursgericht wies die Anträge ab und ließ den Revisionsrekurs zur Frage zu, ob bereits vor Streitanhängigkeit ein Recht auf Akteneinsicht nach § 219 Abs 1 oder Abs 2 ZPO bestehe.

Auf diese Rechtsfrage stützt die Einschreiterin die Zulässigkeit ihres Rechtsmittels. Auch die Beklagte bezieht sich darauf und macht darüber hinaus als Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung geltend, ob dann, wenn das Rekursgericht ausspricht, die Beklagte sei mangels Zustellung der Wiederaufnahmsklage nicht Partei des Wiederaufnahmsverfahrens geworden, sie dennoch zum Kostenersatz verpflichtet werden könne.

Rechtliche Beurteilung

Damit werden keine erheblichen Rechtsfragen geltend gemacht:

1. Zur Frage der mangelnden Parteistellung des Beklagten im Vorprüfungsverfahren vor Zustellung der Klage an ihn besteht bereits Judikatur (RIS‑Justiz RS0039200 [T1, T25, T31]). Nach dieser steht dem Beklagten kein Rechtsmittel gegen den Beschluss zu, mit dem das Rekursgericht die Einleitung des gesetzmäßigen Verfahrens über eine vom Erstgericht a limine zurückgewiesene Klage aufträgt (RIS‑Justiz RS0039200).

2. Die Akteneinsicht beider Antragsteller in das Wiederaufnahmeverfahren käme daher nur nach § 219 Abs 2 ZPO in Frage. Nach dieser Bestimmung muss aber ‑ wenn die Zustimmung der Partei(en) zur Akteneinsicht wie hier nicht vorliegt ‑ ein rechtliches Interesse an der Akteneinsicht gegeben sein.

Dieses rechtliche Interesse an der Akteneinsicht muss nach der Judikatur konkret vorliegen. Die Einsichtnahme muss Bedeutung für die rechtlichen Verhältnisse des Dritten haben und sich auf die privatrechtlichen oder öffentlich‑rechtlichen Verhältnisse des antragstellenden Dritten günstig auswirken, sei es auch nur dadurch, dass er instandgesetzt wird, die Beweislage für sich günstiger zu gestalten. Das rechtliche Interesse kann nur dann anerkannt werden, wenn der Dritte aus dem Akt etwas erfahren will, was er nicht weiß, aber zur Wahrung seiner Interessen wissen muss (RIS‑Justiz RS0037263). Ein bloß wirtschaftliches Interesse oder Interesse an der Information reicht nicht aus (RIS‑Justiz RS0079198).

3. Aus welchen konkreten Gründen hier ein rechtliches Interesse an der Akteneinsicht vorliegen soll, haben die Antragsteller in erster Instanz nicht näher spezifiziert. Insbesondere haben sie nicht dargelegt, inwiefern das den Grund des Anspruchs betreffende Wiederaufnahmsverfahren im Hauptverfahren über (nur mehr) die Höhe des Anspruchs ihre Position verbessern könnte.

Das nunmehr in den Revisionsrekursen erstattete Vorbringen verstößt gegen das Neuerungsverbot und ist unbeachtlich (8 Ob 154/09v).

4. Eine Bekämpfung des Kostenausspruchs des Rekursgerichts ist im Hinblick auf § 528 Abs 2 Z 3 ZPO unzulässig.

5. Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 41 Abs 1, § 50 Abs 1 ZPO. Da der Kläger in seiner Revisionsrekursbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Rechtsmittel hingewiesen hat, diente sein Schriftsatz der zweckentsprechenden Rechtsverteidigung.

Stichworte